Poliziano

Klar kommt der Hedonismus – wie überall in Italien – nie zu kurz. Die beste Eiscreme der Welt wird in der Toskana gemacht, genauer gesagt in San Gimignano. Und wo das Piemont mit weißen Trüffeln von Alba, Pasta und Nussnougat Genießerherzen höher schlagen lässt, kann die Toskana mit Wildschwein-Delikatessen, Pecorino und Cantuccini verführen. Auch Liebhaber der Musik zieht es hierher. Unzählige Opern werden sowohl indoor als auch outdoor angeboten. Die Stadt Montepulciano – mitten im Herzen der Toskana – ist mittlerweile weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für ihr Sommerfestival »Cantiere Internazionale d’Arte«, ein Wallfahrtsort für junge Künstler. Das ortsansässige Spitzenweingut Poliziano wird nicht selten im gleichen Atemzug mit dem Renaissance-Städtchen genannt.

1961 wurde das Weingut Poliziano von Dino Carletti mit 20 Hektar Rebfläche gegründet. Der passionierte Winzer war aber nicht nur der Liebe und der Begeisterung für die unglaubliche Schönheit seiner Heimat verfallen, sondern auch den Gedichten von Angelo Ambrogini, alias Angelo Poliziano, aus dem 15. Jahrhundert, nach dem er sein Weingut benannte. Seit Ende der 1970er-Jahre wird das Gut von seinem Sohn Federico Carletti geleitet, der bereits von der dritten Generation durch seine Kinder Maria Stella (im Keller) und Francesco (im Verkauf), tatkräftig unterstützt wird.

Federico ist seit Jahren Präsident des Consorzio di Vino Nobile de Montepulciano. Seinem unglaublichen Unternehmergeist, Optimismus und Antrieb ist nicht nur Polizianos weltweiter Ruhm zu verdanken, sondern auch, dass Vino Nobile di Montepulciano inzwischen die Anerkennung bekommt, die es verdient. Das war leider nicht immer so. Zwar wurde Vino Nobile – zusammen mit Brunello und Barolo –  in den 1980er Jahren zu einer der ersten drei DOCGs Italiens erhoben, also der höchstmöglichen Stufe der italienischen Qualitätspyramide, aber dennoch war der Weg zu Ruhm und Ehre damals noch weit. Die Preise und auch Reputation des Vino Nobile lagen – trotz der langen, traditionellen Weinbaugeschichte der pittoresken Stadt – um Längen hinter den berühmten, toskanischen Nachbarn aus Chianti und Montalcino.

Seit er das Weingut seines Vaters in den 1980er Jahren übernahm, investierte Federico unermüdlich in den inzwischen top-modernen Keller und seine Rebanlagen. Dadurch zählt das dynamische Weingut Poliziano heute zur Spitze der besten Erzeuger der Region. Das Weingut wird ganzheitlich und naturnah geführt. Mit dem 60-jährigen Jubiläum, also ab dem Jahrgang 2021, sind alle Weine bio-zertifiziert. Aber schon lange davor wurden die inzwischen über 170 Hektar Rebfläche nur mit biologischen Methoden bearbeitet und die Carlettis sind überzeugt, dass die natürliche Vielfalt im Weinberg zur Spitzenqualität in der Flasche beiträgt. Jahr um Jahr werden die Rebparzellen weiter erforscht und besondere Eigenschaften beobachtet. So wurden auch die herausragenden Vino Nobile di Montepulciano Einzellagen Asinone und Caggiole wegen ihres besonderen Potenzials identifiziert und daher separat abgefüllt. Dabei ist der Asinone im Moment mit Sicherheit noch der berühmtere Wein, da er bereits seit den 1980er Jahren separat abgefüllt wird. Caggiole sollte aber nicht unterschätzt werden, denn er ist der eigentliche Star des Weinguts. Er wurde für über 20 Jahre nicht mehr gemacht und feierte mit dem Jahrgang 2015 sein beeindruckendes Comeback. Mit dem Jahrgang 2022 setzt das Vordenker-Weingut erneut höhere Qualitätsmaßstäbe und bringt den Rosso di Montepulciano Fiori Rossi erstmals heraus. Der Wein ist eine Selektion der besten Prugnolo Gentile Trauben des Weinguts. Prugnolo Gentile ist der lokale Klon des Sangiovese aus Montepulciano. Im großen Holzfass ausgebaut, stellt er einen der elegantesten und finessenreichsten Weine der Region dar.