Beaux Freres ist die atemberaubende Geschichte eines American Dream – er scheint beinahe »too good to be true«! 1986 kaufte der Weinliebhaber Mike Etzel zusammen mit seinem Schwager (Schwager heißt auf französisch »Beaux Frères«) eine etwas über 35 Hektar große Schweinefarm in der Nähe von Newberg, in den Oregon AVAs Ribbon Ridge und Willamette Valley. Beide Gebiete gelten heute als zwei der renommiertesten Pinot-Noir-Anbaugebiete außerhalb des Burgunds.
Heute ist Oregon zwar – unter anderem auch, weil der Staat inzwischen zur zweiten Heimat vieler Winzer aus dem Burgund wurde – als »DAS Burgund der USA« anerkannt, aber man sollte nicht vergessen, dass die moderne Wein-Geschichte der Weinregion Willamette Valley mit dem fantastischen Potenzial eigentlich noch blutjung ist. Obwohl Oregon bereits im 19. Jahrhundert ein vielfältiger landwirtschaftlicher Flickenteppich aus allerlei Arten von Beeren, Hopfen, Obstbäumen und natürlich auch Reben war, begann die moderne Geschichte des erfolgreichen Qualitätsweinbaus hier weitaus später als in Kalifornien und startete erst Mitte der 1960er-Jahre so richtig durch. Damals zog es die beiden visionären Kalifornier David Lett und Charles Coury auf ihrer Suche nach einem kühleren Mikroklima für Pinot Noir in den Norden. 1965 pflanzte David Lett den ersten Pinot Noir im Willamette Valley an einem Südhang in den Dundee Hills.
Mittlerweile hat sich das Who’s who der traditionellen französischen Region Burgund einige unbestreitbar vielversprechende Lagen in der Region an der nördlichen Westküste der USA gesichert. Den Anfang machte mit Sicherheit Domaine Drouhin 1988, als das Weingut zum Outpost der Domaine Joseph Drouhin in den Dundee Hills wurde.
Dieser kleine geschichtliche Exkurs macht klar, dass auch der Pinot-Noir-besessene Mike Etzel bei der Gründung von Beaux Frères definitiv zu den Visionären Oregons und des Willamette Valleys zählt. Pinot Noir hat in Oregon mindestens so viel Individualität wie im Burgund – eine Tatsache, über die sich Mike schon damals sicher war und die seine Leidenschaft nur noch weiter befeuerte. Dass sein Schwager und Partner bei Beaux Frères nun ausgerechnet der berühmteste Weinkritiker der Welt, Robert M. Parker Jr. ist, ist nur ein kleines, aber feines Detail der fesselnden Weingutsgeschichte. Es verdeutlicht aber definitiv, dass es an Weinexpertise und damit der Möglichkeit, das Weingut zu einer geschmacklichen Benchmark der Region zu machen, niemals fehlte.
Zwei Jahre nach dem Kauf der Schweinefarm pflanzten Mike und Robert 1988 fünf Hektar Pinot Noir an, die heute die ältesten Reben des Weinguts sind. Es handelt sich hier aber nicht um irgendwelche gängigen Reben, denn der Weinberg ist mit einer Mischung aus hocherwertigen Pommard- und Dijon-Klonen aus dem Burgund sowie dem qualitativ besonders herausragenden, schweizer Wädenswil-Klon aus bestockt. Die Pommard- und Wädenswil-Rebstöcke sind sogar wurzelecht, denn durch die zum Teil schieferhaltigen Böden konnte die Reblaus hier bis heute nicht Fuß fassen. Eine eigene Rebschule gehört ebenfalls zu dem visionären Weingut. Hier werden die eigenen, qualitativ außergewöhnlichsten und gesündesten Reben auf widerstandsfähigen Unterlagsreben veredelt, und aus dieser Schule kommen auch alle Reben der 2021 neu angepflanzten Parzelle, die das Weingut »Bridge Vineyard« nennt, weil sie genau zwischen den beiden ursprünglichen Parzellen liegt.
1990 wurde das erste Barrique Beaux Frères Pinot abgefüllt und 1991 dann eine renovierte Scheune zum Beaux-Frères-Weingutsgebäude umfunktioniert – Beaux Frères hat also einen Hauch einer »Garagiste Winery« in der DNA, für die Bob Parker in seiner Rolle als einflussreichster Weinkritiker der damaligen Zeit so brannte. Der passionierte Mike arbeitete zu Beginn bei einem benachbarten Weingut, um den Lebensunterhalt für seine junge Familie sichern zu können.
Mike wollte übrigens niemals Blockbuster-Weine machen, wie sie in den 1980er- und 1990er-Jahren in Mode gekommen waren. Seine Vorbilder sind Vosne-Romanée und Chambolle-Musigny und somit verfolgte er das Ziel, elegante Weine voller Feinheit, Finesse und Individualität zu machen, die aber auch den durchaus dichten, mineralischen Charakter Oregons darstellen. Die logische Konsequenz seiner besessenen Weinbergsarbeit und die Krönung war vielleicht dann die 2007 erfolgte Umstellung auf biologisch-dynamischen Anbau.
Heute umfasst der Besitz 128 Hektar Land, von denen knapp 10 Hektar im Herzstück des Anwesens mit Reben bepflanzt sind. Die imposant hohen und stattlichen Douglas-Fir-Bäume bedecken mehr als 20 weitere Hektar der Farm. Die Reben selbst stehen auf relativ steilen Südost-, Süd- und Südwest-Hängen mit Willakenzie-Böden auf ungefähr 120 Höhenmetern.
Mike Etzel war beinahe 30 Jahre lang allein für das Winemaking von Beaux Frères verantwortlich, bis sein Sohn Mike Etzel Jr. 2016 offiziell zum Winemaker ernannt wurde, nachdem er wertvolle Erfahrung bei WillaKenzie Estate, Brick House Vineyards und Chapter 24 gesammelt hatte.
Die persönlichen Umstände des Todes seiner Frau und die Begehrlichkeiten seiner Geschäftspartner bewogen Mike dazu, sein Weingut zu verkaufen. Die Bedingung war aber, dass sowohl er selbst als auch Sohn Mike Jr. die Verantwortung über das Weingut weiterhin behalten durften. Seit 2022 teilt sich die französische Gruppe Artemis Domaines den Besitz des Weinguts mit Mike Etzel. Damit reiht sich dieses Vorreiter-Weingut Oregons in eine Familie aus Weingütern von Weltklasse ein und kann in einem Atemzug neben den Geschwister-Weingütern Château Latour, Domaine d'Eugenie, Clos de Tart, Château-Grillet, Champagne Jacquesson und Bouchard Père et Fils genannt werden. Mike Etzel bleibt, wie gesagt, als CEO des Unternehmens im Amt.
Diese neue Expertise hauchte dem Weingut noch mehr Drive, Fokus und eine sogar noch größere Vision ein. Beaux Frères erwarb eine weitere, knapp neun Hektar große Parzelle, die genau zwischen den beiden bestehenden Parzellen mit den alten Reben des Weinguts gelegen ist. 2021 wurden dort wie gesagt 6,5 Hektar mit Stecklingen aus den ältesten Reben des Beaux-Frères-Weinguts bepflanzt.