Toro ist spanische Weinkultur durch und durch, das beweist die Region vor allem mit ihrer langen Tradition und dem fast unendlichen Reichtum an alten Buschreben.
Toro ist die östlichste Spitzenweinregion im spanischen Duero-Tal. Rund 50 Kilometer flussabwärts passiert der Fluss bereits die portugiesische Grenze – ab hier spricht man vom »Douro«. Im Osten grenzt Toro an die Weißwein-Appellation Rueda, weiter im Inland folgt dann mit der Region Ribera del Duero einer der großen Leuchttürme des spanischen Weinbaus.
Trotz der Nähe zu Ribera hat sich Toro einen ganz eigenen Ruf erarbeitet: den der besonders dunklen und wuchtigen Rotweine aus der Tempranillo-Rebe, die hier »Tinta de Toro« genannt wird. Genetisch baugleich sind Tempranillo und Tinta de Toro aber nicht: Die Tinta ist eine spezielle Spielart des Tempranillo, mit dickerer Schale und einem längeren Vegetationszyklus. Entsprechend unterscheiden sich die Weine aus Toro und der Ribera voneinander: Dunker, ja fast schwarzfarbig sind die Toros, mit noch mehr Tannin, noch mehr Körper und noch mehr Schmelz.
Dass die Rotweine aus Toro so schmecken wie sie schmecken, liegt am Ende neben der Tinta de Toro auch am besonderen Terroir der Region.
Dass die Rotweine aus Toro so schmecken wie sie schmecken, liegt am Ende neben der Tinta de Toro auch am besonderen Terroir der Region. Knapp 6.000 Hektar stehen in der Appellation unter Reben, rund 1.200 davon sind mit Buschweinen bestockt, die älter als 50 Jahre sind. Dazu kommt ein enormer Reichtum an wurzelechten Reben. Möglich machen das die sandigen Böden, in denen sich die Reblaus noch nie wohlgefühlt hat. Weine aus Toro wurden daher Ende des 19. Jahrhundert exzessiv nach Frankreich exportiert, als die Reblaus dort nahezu alle Weinberge verwüstete.
Neben Sand findet man vor allem im Nordosten der Region viel Kies – in Verbindung mit dem flachen Landschaftsbild erinnert das Ganze fast ein wenig an Châteauneuf-du-Pape. Auch Abschnitte mit viel Kalk und Lehm finden sich in Toro. Je nachdem, auf welchem Untergrund die Reben stehen, fallen die Weine eher feiner oder wuchtiger aus. An der generellen maskulinen Grundausrichtung ändert das aber wenig – wer spanische Rotweinpower möchte, ist in Toro perfekt aufgehoben.
Spanischer Weinbau = 365 Tage Sonne pur und brüllende Hitze? Keinesfalls! Nicht nur in Toro, sondern auf dem gesamten spanischen Zentralplateau, der Meseta, sorgt ein kontinentales Klima zwar für heiße Sommer, die Winter fallen jedoch mitunter klirrend kalt aus. Dazu kommen die Trockenheit und der Einfluss der Höhe: In Toro stehen die Weinberge auf 600 bis 750 Metern. Dimensionen, die im deutschen Weinbau undenkbar wären, in Spanien jedoch gerade in Kastilien völlig normal sind.
Die uralten wurzelechten Reben und die spezielle Tempranillo-Spielart haben Toro ab den 1980er-Jahren einen immensen Aufschwung beschert. Bis dato war die Region etwas in der Versenkung des spanischen Weinbaus verschwunden, viel wurde verschnitten oder als Fasswein vermarktet. Erst nach und nach wurde man sich in der spanischen Winzerelite – vor allem in Rioja und Ribera del Duero – dessen bewusst, welcher Weinbauschatz am östlichen Rand von Kastilien lauert. Mächtige Investitionen führten über die Jahre zur Gründung von großen Weingütern und Kellereien, die Toro in 40 Jahren aus der Versenkung in die Liga der spanischen Topregionen führten. Die berühmte Familie Eguren, bekannt durch ihre Rioja-Projekte, baute früh das Weingut Numanthia auf, das schnell zur besten Bodega in Toro avancierte. 2007 verkaufte man das Gut an LVMH, seitdem ist die Familie mit der Bodega Teso La Monja nicht minder erfolgreich. Fast nur wurzelechte Reben stehen auf den Rebflächen des Weinguts, im Durchschnitt sind sie 100 Jahre alt. Auch Telmo Rodriguez, der Tausendsassa des spanischen Spitzenweinbaus, mischt in der Appellation mit. Sein Topwein »Pago la Jara« stammt von 70 bis 110 Jahre alten Reben und ist ein archetypischer Toro.
40 Jahre nach der Wiederentdeckung ist Toro zu einer riesigen Erfolgsstory geworden. Die massiven Investitionen, das große Know-how, die uralten Reben – all das spiegelt sich in den Rotweinen der Region wider. Es sind dunkelfruchtige und würzige Typen, nicht selten etwas rau und undurchdringlich, aber gleichzeitig auch immer charmant und einnehmend. »Galante Kraftmeier« – vielleicht der beste Ausdruck für die Rotweine aus dieser spannenden Region.