Unendlich frische, spannungsgeladene und hochfeine Weine werden in der Region gemacht – gefeiert von den Kritikern, geliebt von den Wein-Trüffelschweinen.
Die uralten Garnacha-Weingärten nordwestlich von Madrid sind zu einem Hauptschauplatz der neuen spanischen Weinwelle geworden. In weniger als 20 Jahren hat sich mitten im Zentrum der iberischen Halbinsel eine geniale Winzerszene etabliert, die dem spanischen Rotwein ein neues, aufregendes Leben eingehaucht hat. Unendlich frische, spannungsgeladene und hochfeine Weine werden hier gemacht – gefeiert von den Kritikern, geliebt von den Wein-Trüffelschweinen.
Gredos ist das ultimative Stichwort, wenn es um die Weine der D.O. Madrid geht. Der Gebirgszug westlich der Hauptstadt ist das »Heilige Land« der neuen spanischen Weinwelle. Obwohl nur ein kleiner Teil der insgesamt ca. 7.000 Hektar der D.O. Madrid an den Hängen der Sierra de Gredos liegt, haben die kleinen Weingärten in den Hochlagen des Gebirgszugs das ganze Anbaugebiet bekannt gemacht. Hier befindet man sich im Grenzland zwischen den spanischen Regionen Madrid, Kastilien-León und Kastilien-La Mancha. Die Sierra de Gredos ist im Grunde nichts anderes als eine riesige Barriere, welche Zentralspanien in Nord und Süd unterteilt. Bis zu 2.591 Meter ragt die Bergkette in die Höhe. Neben der D.O. Madrid verteilen sich die rund 2.000 Hektar Reben der Sierra de Gredos auf die Appellationen Mentrida (siehe eigene Kategorie) und Cebreros.
Drei Faktoren machen diese Gegend zu einem Mekka der neuen spanischen Rotwein-Szene. Die Sierra selbst ist der erste, denn nicht nur die Höhe, sondern auch das unglaublich vielfältige Landschaftsbild lässt die Herzen von Terroir-Junkies höher schlagen. Steile Täler und flache Plateaus wechseln sich hier ständig ab, die Weinberge verteilen sich auf Höhenlagen zwischen 600 und 1.200 Metern. Das Klima ist hier kontinental geprägt, mit teils eiskalten Wintern und warmen Sommern. Der zweite Faktor sind die Böden – Granit ist hier das Stichwort. Das dunkle Gestein durchzieht den gesamten Gebirgszug der Sierra de Gredos, teilweise stehen die Reben auf purem Granit. Dazu mischen sich viel Sand, Quarz und etwas Schiefer. Fein und doch fest fallen die Weine daher aus, extrem elegant und doch mit einer gewissen charmanten Rustikalität. Dieser Balanceakt wird maßgeblich von der Rebsorte Garnacha geprägt, dem dritten wichtigen Faktor für den Aufstieg der D.O. Madrid. Es ist ein spezieller dünnschaliger Klon, der in den Hochlagen der Sierra heimisch ist. Entsprechend zart fällt die Farbe der Weine aus und auch das Geruchs- und Geschmacksbild ist geprägt von Finesse und Eleganz. Der oft genannte Vergleich mit Pinot Noir ist auf jeden Fall zutreffend, auch wenn die Gredos-Garnachas oft zu einer dunkleren Frucht tendieren und nicht ganz so eindeutig auf der Kirschfrucht laufen wie französische Pinots. Leichtgewichte sind sie in keinem Fall – nur selten liegt der Alkoholgehalt bei unter 14 Volumenprozent. Betörend ätherisch fallen die Weine daher meistens aus, nie wässrig oder allzu schlank, sondern immer mit einer festen Grundstruktur. Dazu tragen auch die uralten Buschreben bei, die hier in den kleinteiligen Parzellen stehen. Die meisten sind mit Garnacha bestockt, nur vereinzelt wird auch etwas Weißwein angebaut, dann oft aus der Sorte Albillo.
Welches enorme Potenzial in den Gredos-Weingärten der D.O. Madrid steckt, haben ab den frühen 2000er-Jahren gleich mehrere erfolgreiche Weinprojekte gezeigt. Der wichtigste Wegbereiter für den Aufstieg der Appellation war dabei sicherlich Commando G, das Erfolgsprojekt schlechthin in der D.O. Madrid. Fernando Garcia und Dani Landi gehören zu den Ersten, die die verwucherten Weinlagen der Sierra de Gredos für sich entdeckten. Ihre Parzellen rund um die Gemeinde Rozas gleichen teilweise eher Gärten als klassischen Weinbergen. Früher wurden sie von den Einheimischen zur privaten Weinbereitung genutzt. Buschreben stehen neben anderen Sträuchern und Bäumen, alles muss mit der Hand bearbeitet und gepflegt werden – natürlich biodynamisch, wie es in der Topliga der Sierra de Gredos quasi schon Standard ist. Ergebnis des enormen Aufwands sind einige der weltweit besten Garnachas. Luis Gutierrez, Parker-Verkoster für Spanien, bezeichnet das Projekt Comando G als einen der größten und spektakulärsten Erfolge der letzten Dekade.
Fernando Garcia und Dani Landi gehören zu den Ersten, die die verwucherten Weinlagen der Sierra de Gredos für sich entdeckten. Ihre Parzellen rund um die Gemeinde Rozas gleichen teilweise eher Gärten als klassischen Weinbergen.
Nicht weniger spannend geht es auch in der neu gegründeten Appellation Cebreros zu, die im nördlichen Teil der Sierra de Gredos bereits in der Provinz Avila in Kastilien-León liegt. Auch wenn man die D.O. Madrid auf dem Weg nach Cebreros hinter sich lässt, vereint die Weine derselbe einnehmende Charakter. Von Rozas nach Cebreros sind es gerade einmal 25 Kilometer Fahrt. In Sachen Terroir hebt sich Cebreros aber etwas vom Madrid-Teil der Sierra de Gredos ab: Die Weingärten liegen hier noch etwas höher, alles ist schroffer und rauer, in den Böden findet man neben Granit auch viel Schiefer. Ein riesiges Potenzial schlummert hier, das hat auch Telmo Rodriguez, der Tausendsassa der spanischen Topweinszene, früh erkannt. Auf seiner Gredos-Bodega Pegaso macht er seit 1999 fabelhafte Rotweine aus uralten Buschreben.
Die Garnacha-Renaissance in der Sierra de Gredos ist eine der genialsten Erfolgsstories der vergangenen Jahre. Uralte Weingärten, karge Böden, der spezielle Garnacha-Klon, der Einfluss der Höhe und die Arbeit einer jungen, wilden Winzerszene – hervorragende Bedingungen für hoch spannende und individuelle Weine, die ihresgleichen suchen. Eine wunderbare Geschichte, die noch besser schmeckt, als sie klingt.