Weißwein wird hauptsächlich aus »hellen« Trauben erzeugt, die eine grüne bis gelbe Farbe haben. Einige der bekanntesten und beliebtesten im Spitzenweinbau sind etwa Chardonnay, Sauvignon Blanc oder Riesling. Da das Fruchtfleisch der meisten »dunklen« Trauben ebenfalls hell ist, kann man Weißwein auch aus roten, blauen oder grauen Trauben herstellen, da deren frei ablaufender Saft ohne Schalenkontakt auch hellen Wein ergibt. In Frankreich (und zunehmend auch andernorts) Blanc de Noirs genannt.
Von der Pressung zur Gärung
Der wesentliche Unterschied zwischen Rot- und Weißwein liegt in der Herstellung. Während Rotwein in der Regel mitsamt Fruchtfleisch, Kernen, Beerenhäuten und manchmal auch Rappen vergoren wird, werden Weißweintrauben in der Regel direkt abgepresst. Nur der reine Saft (Most) vergärt zu Wein. Eine Ausnahme sind Orangeweine, was vereinfacht gesagt Weißweine sind, die wie Rotweine vinifiziert werden. Diese haben aber in ihrer Aromatik relativ wenig mit herkömmlichen Weißweinen zutun – sie gehören eher zur Kategorie Freakstoff.
Je nach Stilrichtung wird bei Weißweinen meist zwischen der Ganztraubenpressung und der Maischepressung unterschieden. Wie der Name schon sagt, werden die Trauben bei der Ganztraubenpressung mitsamt Stilgerüst direkt gepresst. Es wird also auf das Entrappen der Trauben verzichtet. Das sorgt für einen besonders klaren, reintönigen Most mit relativ geringem Gehalt an Trub und Bitterstoffen. Dieses Verfahren ist besonders für fruchtige Weißweine und auch Schaumweine geeignet. In der Champagne ist es daher sogar vorgeschrieben. Besonders in warmen Jahrgängen, die durch den Klimawandel in Zukunft immer wahrscheinlicher sind, kann so etwas mehr sensorische Frische im Weißwein erzielt werden.
Im Gegensatz dazu lassen einige Winzer den Most für einige Zeit in Kontakt mit der Maische. Je nach Dauer der Maischestandzeit werden die Aromen und Farbstoffe der Beerenhäute und des Fruchtfleisches stärker extrahiert. Das sorgt meist für ausdrucksstärkere Moste und im Ergebnis für aromatischere Weine. Allerdings erhöht die Maischestandzeit auch den Gehalt von Phenolen und Bitterstoffen, von denen man im Weißwein normal möglichst wenig haben möchte. Beide Herangehensweisen haben ihre Vor- und Nachteile. Am Ende ist es eine Frage der gewünschten Stilistik und der indivduellen Handschrift des Winzers, welche Methode man bevorzugt.
Eine Frage des Ausbaus
Das gewählte Behältnis beim Ausbau ist ein wesentlicher Faktor für den Geschmack des Weins – genau wie beim Rotwein. Grundsätzlich werden Weißweine häufiger im Stahltank ausgebaut als Rotweine. Temperaturkontrolliert, also möglichst kühl, vergoren, entstehen so in der Regel frische und fruchtbetonte Weißweine. Je nach Region werden traditionell auch viele Weißweine im Holzfass vergoren, wobei die geschmacklichen Auswirkungen vom Holz – je nach Fass – sehr unterschiedlich ausfallen können. Die klassischen Fuder- oder Stückfässer, wie man sie zum Beispiel an der Mosel oder im Rheingau findet, fassen mehrere Hundert bis hin zu vielen Tausenden Litern. Im Holzfass erfahren die Weine eine Mikrooxidation, je nach Alter des Fasses mehr oder weniger. Je jünger das Fass desto stärker der Sauerstoffeinfluss. Das gibt den Weinen oft den letzten Schliff, äußert sich aber häufig nicht in Form von Holzgeschmack. In anderen Regionen, wie im Burgund, Bordeaux oder Kalifornien, hat der Ausbau im kleinen Holzfass, sprich Barrique, Tradition. Der geschmackliche Einfluss von Tonneaux oder Barriques ist deutlich größer, allerdings auch hier abhängig ist vom Alter der Fässer. Der Holzeinsatz sollte zudem immer zur Rebsorte und zur Machart des Weißweins passen. Kraftvolle Chardonnays vertragen den Ausbau im neuen Barrique meist besser als rassige Rieslinge. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel, denn auch Riesling aus dem Barrique ist heute durchaus kein Fauxpas mehr. Weitere Behältnisse für den Ausbau von Weißwein können zum Beispiel Betoneier oder auch Amphoren sein.
Trocken, feinherb, süß – Weißwein kann alles
Nicht nur der Ausbau ist bei Weißweinen ein maßgeblicher Faktor für den Weinstil. Denn viel häufiger als bei Rotweinen, wird bei Weißweinen mit dem Restzucker gespielt. Durch die meist höhere natürliche Säure, wird die Süße in Weißweinen besser balanciert. Zwar sind die meisten Weißweine der Welt trocken, aber besonders einem leichten Sommerwein mit spritziger Säure steht etwas Restsüße sehr gut. Traditionell waren die Weine der nördlicheren Anbaugebiete wie Elsass, Deutschland, Österreich und Schweiz etwas höher im Restzucker, um eine fehlende Reife auszugleichen. In Spanien, Italien oder Südfrankreich sind die meisten Weißweine deutlich trocken und der Restzucker beschränkt sich auf wenige Gramm bis hin zu Null. Unter heutigen klimatischen Verhältnissen werden auch die nördlicheren Weißweine immer trockener ausgebaut. Die großen, edelsüßen Weine aus Sauternes oder Beeren- und Trockenbeerenauslesen haben einen extrem hohen Zuckergehalt, was sie zu atemberaubenden Begleitern für Süßspeisen oder üppige Gerichte wie Leber oder Buttersaucen macht. Solche Weißweine können zudem Jahrzehnte, mancher gar über ein Jahrhundert, halten und Generationen von Genießern überdauern. Die Welt der Weißweine ist so unendlich vielfältig, dass es immer etwas Neues zu entdecken gibt.