Lobenberg: Nach dem eher blau- und schwarzfruchtigen Rasteau sind wir hier wieder in der Typizität 2021 angekommen, in dieser Rotfruchtigkeit, in dieser Cabernet Franc- und Pinot-artigen Himbeerfrucht und heller süßer roter Kirsche. Feines Marzipan darunter. Schwebend und delikat. Einfach nur schön in der Nase mit dieser hohen Aromatik. Veilchen und Rosenblätter, aber nichts Schweres, nichts Üppiges, sondern eine feine Blumigkeit. Das Holz wird komplett von der Frische eingebunden. Die Hochlagen bringen auch eine geniale Frische in den Mund. Dazu Steinigkeit und aromatische Intensität. Die Augen ziehen sich zusammen, aber hier nicht von hoher Säure oder Tannin, denn das Tannin ist reinste flüssige Seide. Aber die rote Frucht ist so aromatisch und intensiv, die Himbeere und die Kirsche. Ohne, dass der Wein jetzt ein Konkurrent zum Côte du Rhône Cuvée Spéciale wird, mit seiner total verspielten Himbeerigkeit, haben wir hier im Vacqueyras das Gleiche mit etwas mehr Power und Druck darunter. Großer, schiebender Wein und ein qualitatives Gegenstück zu einem Châteauneuf-du-Pape in anderer Ausprägung. So viel Schub und gleichzeitig so viel Feinheit. So viel Rotfruchtigkeit und trotzdem Steinigkeit und Mineralität darunter. Kreide, Kalkstein und Lehm auf der Zunge, extrem geschmeidige Mineralität. Leichte Honignote, die sich langsam in Wohlgefallen auflöst. Das Ganze steht für zwei Minuten. Es ist überhaupt kein Blockbuster, sondern ein Gegenentwurf, so wie 2021 nicht das Powerjahr ist, sondern das wirkliche Finesse-Jahr, in einer Form, wie ich es vielleicht vor Jahrzehnten einmal hatte, aber vor Jahrzehnten waren die Weine nicht so perfekt reif, nicht so gut verwoben. Der Weinbau war einfach noch nicht so weit. Aber dieser Vacqueyras ist ganz sicher ein Paradebeispiel für einen Wein aus den 90ern, wenn man ihn den damals schon so perfekt hätte machen können, wenn die Reben dieses Alter gehabt hätten, wenn das Wissen um Laubarbeit so gewesen wäre wie heute. Ziemliche Perfektion! 98+/100 *** Tardieus Vacqueyras kommt von vier verschiedenen Plots: Plateau de Sarrians, la Ponche, les Pendants und Cabassole. 70 Prozent Grenache, 10 Prozent Mourvèdre und 20 Prozent Syrah. Die Grenache-Reben sind über 60 Jahre alt, die Syrah und Mourvèdre über 40 Jahre. Die Trauben werden zu 100 Prozent entrappt. Das Ganze wird spontan im Barrique vergoren. Danach erfolgt der Ausbau für zehn Monate in Barriques mit Zweit- und Drittbelegung. Anschließend wird der Wein für weitere zehn Monate in Doppelstückfass von Stockinger gelegt. Die Weine werden nicht geschönt und nicht filtriert, bevor sie in die Burgunderflaschen gefüllt werden. Seit dem Jahrgang 2020 mit der teuersten Korkvariante von DIAM ausgestattet, die neben Naturkork 100 Prozent natürliche Materialien wie Rizinusöl und Bienenwachs enthält.
Der Jahrgang 2021 stellt an der Rhône zweifellos einen Einschnitt in der Reihe der heißen, trockenen, mediterranen Jahrgänge dar, wie wir sie spätestens seit 2015 durchweg erlebt haben. 2021 erinnert viele Winzer im Rhônetal gar an die »guten alten Zeiten« vor 20, 30 Jahren – späte Lese, hohe Säurewerte und eine Phenolik wie es sie zuletzt in den 90ern gab. Ein Jahrgang der großen Emotionen, ein ständiges auf und ab der Gefühle: Die extreme Frostepisode vom 7. bis 9. April mit Temperaturen von teilweise fast -10°C betraf fast alle französischen Weinbaugebiete. Teilweise sorgte der Frost für einen kompletten Ernteausfall. Drei Wochen lang regte sich gar nichts in den Weinbergen des Rhônetals. Wie durch ein Wunder trieben viele Reben doch noch aus, aber nicht ohne Folgen: Die eiskalten Nächte brachten die Natur aus dem Gleichgewicht, der Wiederaustrieb verlief geradezu anarchisch, die Arbeit im Weinberg war extrem anspruchsvoll und verlangte den Winzerinnen und Winzern alles ab. Die erfreulichen Regenfälle während des gesamten Vegetationszyklus, die gemäßigten Temperaturen im Sommer und der goldene Herbst sorgten für ein großes Durchatmen. Am Ende wird 2021 nicht nur als Jahrgang der plötzlichen Wiedergeburt der Klassik, der Feinheit und Eleganz in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des immensen Aufwands – nur, wer 2021 alles gegeben hat, wurde am Ende mit ultrafeinen Weinen belohnt, wie wir sie seit Jahren nicht mehr im Glas hatten. An der südlichen Rhône ist 2021 ein Jahr der puren Trinkfreude. Alles ist sofort da, offen und so unglaublich fein. Die Alkoholgrade liegen rund 1,5 Prozent unter denen der vergangenen Jahrgänge. Sowohl die Weißen als auch die Roten sind hervorragend balanciert und bestechen mit guten Säurewerten und hoher Frische. Die Weine sind hocharomatisch, die Frucht ist schmeichelhaft und fast schon spielerisch-abgehoben. Eine Grenache voll auf der Pinot-Spur – wann gab es das zuletzt?! Die nördliche Rhône bringt 2021 einen Stil, den dort viele für nicht mehr möglich hielten: Extrem fein und verspielt, fast schon schwebend und mit einer genialen Frische ausgestattet. Ein Jahr für große Weißweine mit strahlender Aromatik und hervorragender Lagerfähigkeit, ein Jahr für herrlich klassische, stilvolle, delikate Rotweine mit betörend ätherischen Noten von Pfeffer und Veilchen und ultrafeiner, aber aufregender Tanninstruktur. All in all ist 2021 an der Rhône ein Jahr für Finessetrinker, für Liebhaber der Feinheit, der Frische und der Eleganz. Lange hat man sich nach solchen klassischen Jahren gesehnt. Aber klassisch mit einem genialen Twist, denn am Ende vereint 2021 mit seiner schlanken, hochfeinen Art und der genialen Duftigkeit und Aromatik das Beste von damals und heute. »Zurück in die Zukunft!« – das beschreibt diesen aufregenden Rhône-Jahrgang wohl letztlich am besten.