Lobenberg: Der Escherndorfer Lump öffnet sich wie ein Parabolspiegel gen Süden und fängt das ganze Jahr über die Sonne ein. Der Steilhang mit Muschelkalkboden ist perfekt vor kühlen Nordwinden geschützt. Dieser Silvaner hat einen Restzucker circa 4 Gramm bei 13,5 % Alkohol und 6.3 Gramm Säure. Der Alkohol ist nicht spürbar, wird von der Frische übertrumpft. Das ist die ehemalige Spätlese trocken, nun Silvaner S. Das ist eine ganz andere Art Silvaner als wir sie gestern bei Rudolf May hatten, der ja durchaus mit spürbarem Holzeinfluss arbeitet. Hier bei Horst Sauer sind wir mehr bei der Klarheit in purer Frucht. Wir haben hier Silvaner-typisch ein anderes Fruchtprofil als beim Riesling, wir sind nicht in der Zitrusfrucht. Wir sind bei schöner, reifer Birne, viel Sommerapfel, Minze, Wiesenkräuter, weißer Pfeffer, Darjeeling Tee, ein bisschen Kreide. Unglaublich reintönig und klar wie Quellwasser. Silvaner wird in Deutschland immer noch völlig unterbewertet, wenn man richtig Klasse daraus macht ist das unsere Antwort auf Chenin Blanc aus Frankreich. Rebsorten, die extrem elegante, nicht fruchtüberladene Weine hervorbringen. Der Mund zeigt eine wahnsinnig schöne Mineralik aus dem Escherndorfer Lump, der besten Lage Escherndorfs. Das ist allerbestes kerngesundes Lesegut gewesen, in keinem Weinberg wurde entblättert dieses Jahr, alles wurde lange, beschattet hängen gelassen, es war dennoch topgesund. Die Aromatik ist wunderbar ausgeprägt, gar nicht bissig oder giftig, sondern reif, mit weißem Pfeffer, leicht nussigen Aromen, die ja durchaus zum Silvaner dazu gehören. Auch wieder Birne, Melone, Apfel, Zitronengras und Babybanane. Dazu eine für Silvaner tolle Frische bei gleichzeitig feinstem Schmelz hintenraus. Das entscheidende ist aber die totale Harmonie zwischen der großen Reife und der Frische und dann diese Terroir-Intensität. So glockenklar, mit Präzision, total geradeaus laufend aber auch mit fruchtbetonter, saftiger Verspieltheit. Im Ausklang kommt wieder die leicht salzig-kreidige Mineralität, lang und mundfüllend, dabei hocherfrischend und leichtfüssig. Völlig anders als bei Rudolf May, aber durchaus sich anschickend in der Liga des Schäfers von May zu spielen. Schön diese zwei ganz unterschiedlichen Stilistiken auf demselben Level zu haben. 95/100