Lobenberg: Die Ried Sernau König wird von Familie Tement selbst neben Zieregg als die Top-Lage für Sauvignon Blanc angesehen. Eine süd-südwestlich exponierte Berg-Hochlage auf 500 Metern, vom umliegenden Wald geschützt. Als GSTK klassifiziert. Mächtige Schotterböden, sehr mineralreich, aus Flussablagerung entstanden. Der 2015er wurde am 02. Oktober per Hand gelesen. Nach einer 24 stündigen Maischestandzeit folgt die Vergärung mit wilden Hefen im 15 Jahre alten 2000-Liter-Fass aus steirischer Eiche. Der Wein verbleibt komplett ungeschwefelt für 12 Monate auf der vollen Hefe. Danach nochmal 10 Monate im Stahltank auf der Feinhefe, um Präzision und Klarheit zu gewinnen. Im Sommer 2017 ohne Filtration oder Schönung abgefüllt. Tements Sauvignon Blancs sind immer zuerst vom Boden geprägt und erst danach von der Frucht. Also das Modell Pouilly-Fume oder Sancerre und nicht wie in der Neuen Welt, wo es oft andersherum ist. Die Steiermark folgt allerdings nicht einfach nur dem französischen Stil, sondern sie hat einen ganz eigenen Sauvignon Stil entwickelt, der zu den großartigsten Ausdrucksformen dieser Rebsorte überhaupt zählt. Denn die Steiermark hat unglaublich vielfältige Böden, die durch den Sauvignon ebenso zum Ausdruck kommen können wie durch Riesling oder Chardonnay. In die Nase steigt zunächst eine zarte, leicht in Rauch gehüllte Zitrusfrucht, ganz feine Limette, auch Limettenschale, etwas kandierte Amalfizitrone. Sogar ein bisschen Quitte kommt hinzu, hier zeigt sich die satte Reife des Power-Jahrgangs 2015. Auch wunderbar kräuterwürzig, Grüntee, Lorbeer und Pfefferminze, sehr frisch. In den ersten Jahren nach der Abfüllung zeigen Tements Sauvignon Blancs häufig nur wenig Frucht und sind von rauchigen Gesteinsnoten dominiert, die Frucht ist darunter nur zu erahnen. Mit ein paar Jahren der Reife oder viel Luft schält sich der Fruchtkern dann langsam heraus. Nicht, dass er jemals die Dominante würde, aber er gesellt sich neben die steinigen Noten. Bei diesem 2015er ist dies nun bereits langsam der Fall. Zur wunderbar mild-reifen und kraftvollen Zitrusfrucht mit kühlen, kräuterigen Einschüben haben wir dennoch immer diese Boden-DNA von Tement. Rauchige Feuersteinnoten, etwas Kreidestaub. Mit ein paar Stunden Luft kommt nochmal der Turbolader dazu, kommen hefige Nuancen wie von süßem Brioche, kommt ein bisschen Exotik, sogar ein Hauch Stachelbeere, richtig satte Frucht, jetzt zeigt sich die vielschichtige Power des Jahrgangs. Der Mundeintritt hat eine tolle Balance, weil wir sowohl den rassigen Antritt aus der milden Zitrusfrucht haben, als auch die hohe Reife der Trauben zu spüren bekommen. Bei aller Pikanz und Limettenfrische aus der famosen Säurestruktur haben wir dennoch einen einnehmenden Schmelz, eine charmante Cremigkeit am Gaumen, ein bisschen Nektarine und grüne Aprikose. Aber die Pikanz und die Säurefrische sind schon bemerkenswert hier. Der ganze Mundraum wird von kreidigen Phenolen belegt, alles zieht sich zusammen, die Augen werden schmal ob dieser hohen Intensität. Wow, das ist schon ein Powerteil, was 2015 auch nicht anders zu erwarten ist. Aber es wird eben nie breit oder undefiniert bei Tement, weil die Brillanz und Strahlkraft dieser Sauvignons die hohe Reife ganz locker wegsteckt, ja sie passt sogar richtig gut. Weil wir so auch etwas Charme und etwas Delikatesse zum kompromisslosen Bodenausdruck und der kräuterig-kühlen Frucht bekommen. Das ist schon ein markanter, grandioser Stil, den Tements für sich gefunden haben, um diese extrem mineralischen Berglagen der Steiermark zum Ausdruck zu bringen. 96/100