Lobenberg: Bonneveau ist sicherlich der interessanteste Saint-Joseph aus dem Hause Ferraton. Und die Nase belegt es: Unglaublich voluminös, sattes Tannin schon in der Nase, Regen auf heißem Boden. Schwarze Kirsche, rote Kirsche, Grafit, helle Lakritze und Veilchen, aber auch Minze, etwas Vogelbeere und Holunder. Sehr komplex, aber auch sehr viel Schub. Im Mund ziehen sich die Augen zusammen, so aromatisch ist dieser Wein, so lecker. Was für ein hedonischer Spaziergang! So multikomplex, alles auf der roten Frucht bleibend mit roter Himbeere und Erdbeere, aber konzentriert, fokussiert und sauber definiert mit Sauerkirsche, Schlehe und Cranberry. Alles auf der rotfruchtigen Seite und trotzdem bleibt alles fein. Die Tannine sind poliert, nichts ist hart, nicht spröde, sondern alles saftig. Ein grandioses Lecker-Gen. Wunderbare salzige Länge und in heller Lakritze, Sandelholz und einer leichten Honigspur endend. Komplett durchgegoren, keine Restsüße, trotzdem hat er diese charmante süße rote Frucht. Purer Hedonismus, grandioser Stoff! 96-97/100 *** Bonneveau liegt komplett auf Granitböden, oben auf dem Plateau. Ganz ähnlich wie im Hermitage, sodass die Familie Ferraton, und später die übernehmende Familie Chapoutier, ganz scharf drauf waren, hier noch mehr Land zu bekommen. Es gibt einen 30-jährigen Leasingvertrag mit Vorkaufsrecht. Bis Jahrgang 2021 bestand Bonneveau nur aus alten und uralten Reben. Seit einer Neupflanzung 2018, also mit Erstertrag 2021, sind rund zwei Drittel etwa 40 Jahre alt und der Rest ist aus den jüngeren Reben, die aus einer Top-Selection Massale stammen. Der Wein wird komplett vom Ferraton-Team eigenständig in Biodynamie bearbeitet. Auch wenn es nicht biodynamisch zertifiziert ist, weil es eben im Leasing ist. 100 Prozent die alte Syrah, also Sérine, Petite Syrah genannt. Die Trauben werden zu 100 Prozent entrappt. Vergoren wird spontan im Beton. Danach wird ganz sanft abgepresst, überwiegend nur der Free Run Juice verwendet. Der Wein bleibt dann bis zum Frühjahr auf der Feinhefe. Ausgebaut wird im Tonneau und zum Teil in Barriques. 2021 ist der Anteil Neuholz angewachsen, weil der Frische Jahrgang das Holz gut vertragen konnte. Obwohl Bonneveau jüngeren Reben hat als Le Paradis, hat der Wein immer die größere Power.
Der Jahrgang 2021 stellt an der Rhône zweifellos einen Einschnitt in der Reihe der heißen, trockenen, mediterranen Jahrgänge dar, wie wir sie spätestens seit 2015 durchweg erlebt haben. 2021 erinnert viele Winzer im Rhônetal gar an die »guten alten Zeiten« vor 20, 30 Jahren – späte Lese, hohe Säurewerte und eine Phenolik wie es sie zuletzt in den 90ern gab. Ein Jahrgang der großen Emotionen, ein ständiges auf und ab der Gefühle: Die extreme Frostepisode vom 7. bis 9. April mit Temperaturen von teilweise fast -10°C betraf fast alle französischen Weinbaugebiete. Teilweise sorgte der Frost für einen kompletten Ernteausfall. Drei Wochen lang regte sich gar nichts in den Weinbergen des Rhônetals. Wie durch ein Wunder trieben viele Reben doch noch aus, aber nicht ohne Folgen: Die eiskalten Nächte brachten die Natur aus dem Gleichgewicht, der Wiederaustrieb verlief geradezu anarchisch, die Arbeit im Weinberg war extrem anspruchsvoll und verlangte den Winzerinnen und Winzern alles ab. Die erfreulichen Regenfälle während des gesamten Vegetationszyklus, die gemäßigten Temperaturen im Sommer und der goldene Herbst sorgten für ein großes Durchatmen. Am Ende wird 2021 nicht nur als Jahrgang der plötzlichen Wiedergeburt der Klassik, der Feinheit und Eleganz in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des immensen Aufwands – nur, wer 2021 alles gegeben hat, wurde am Ende mit ultrafeinen Weinen belohnt, wie wir sie seit Jahren nicht mehr im Glas hatten. An der südlichen Rhône ist 2021 ein Jahr der puren Trinkfreude. Alles ist sofort da, offen und so unglaublich fein. Die Alkoholgrade liegen rund 1,5 Prozent unter denen der vergangenen Jahrgänge. Sowohl die Weißen als auch die Roten sind hervorragend balanciert und bestechen mit guten Säurewerten und hoher Frische. Die Weine sind hocharomatisch, die Frucht ist schmeichelhaft und fast schon spielerisch-abgehoben. Eine Grenache voll auf der Pinot-Spur – wann gab es das zuletzt?! Die nördliche Rhône bringt 2021 einen Stil, den dort viele für nicht mehr möglich hielten: Extrem fein und verspielt, fast schon schwebend und mit einer genialen Frische ausgestattet. Ein Jahr für große Weißweine mit strahlender Aromatik und hervorragender Lagerfähigkeit, ein Jahr für herrlich klassische, stilvolle, delikate Rotweine mit betörend ätherischen Noten von Pfeffer und Veilchen und ultrafeiner, aber aufregender Tanninstruktur. All in all ist 2021 an der Rhône ein Jahr für Finessetrinker, für Liebhaber der Feinheit, der Frische und der Eleganz. Lange hat man sich nach solchen klassischen Jahren gesehnt. Aber klassisch mit einem genialen Twist, denn am Ende vereint 2021 mit seiner schlanken, hochfeinen Art und der genialen Duftigkeit und Aromatik das Beste von damals und heute. »Zurück in die Zukunft!« – das beschreibt diesen aufregenden Rhône-Jahrgang wohl letztlich am besten.