Silvaner Retzstadter Langenberg Alte Reben Erstes Gewächs 2023

Rudolf May: Silvaner Retzstadter Langenberg Alte Reben Erstes Gewächs 2023

VDP

Zum Winzer

94
100
2
Silvaner 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2024–2035
Verpackt in: 6er
9
fruchtbetont
voll & rund
3
Lobenberg: 94/100
6
Deutschland, Franken
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Silvaner Retzstadter Langenberg Alte Reben Erstes Gewächs 2023

94
/100

Lobenberg: Biologische Weinbergsarbeit, top gesundes Lesegut. Die Reben sind rund 50 Jahre alt, immer wieder kommt mal ein älteres Stückchen Weinberg dazu, weil andere Winzer die kargen und steilen Stücke eher aufgeben. Aber Team Rudolf May ist bestens aufgestellt und freut sich über die schwierig zu bewirtschafteten Parzellen, weil sie grandiose Weine ergeben. Der Wein wird komplett im großen Holz, Stück- und Doppelstückfässer, ausgebaut, liegt bis in den Sommer auf der vollen Hefe im Fass. Reine Spontangärung, auch Malo durchlaufen, sehr niedrig geschwefelt. Eine köstliche Nase mit viel cremiger, weißer Frucht, Kurkuma, ein Hauch Buchsbaum, sehr animierend und saftig. Schicke Holzunterlegung, in Tateinheit mit der Hefewürze bekommt der Wein diese May-typische, cremig-dichte Struktur, die die Weine so angenehm trinkbar macht. Die Nase ist elegant und spannungsgeladen, sehr viel Curry und Kurkuma in der Nase, gelbe und grüne Quitte, grüne Mandarine, weißer Pfirsich, schwarzer Pfeffer. Der Mund ist superb balanciert, hat eine bestechende Kombination aus cremigem Steinobst und salziger Spannung. Toller Feinschliff im Mund, geschmeidig, fast seidig und dennoch, und das ist das Schöne an 2023, hat es diesen ungeheuerlichen Zug, diesen straffen Geradeauslauf in totaler Entspanntheit. Der Langenberg Erstes Gewächs ist wahrscheinlich Mays typischster Wein, seine perfekte Visitenkarten für diesen wunderbar schmelzenden Stil. Dazu diese besondere Würze von der Spontangärung im Holz, das ist schon spannend auf der einen Seite, aber auch unglaublich delikat.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Rudolf May

Rudolf May aus dem kleinen Winzerörtchen Retzstadt, nördlich von Würzburg, ist ein ruheloser Geist und als Mensch doch in sich ruhend. Immer auf der Suche nach den kleinen Veränderungen, die seine Arbeit perfektionieren. Aber alles in Einklang mit der Natur – wie seine Bio-Weine.

Silvaner Retzstadter Langenberg Alte Reben Erstes Gewächs 2023