Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs 2022

Robert Weil: Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs 2022

VDP

Zum Winzer

97–98
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2030–2057
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
frische Säure
3
Lobenberg: 97–98/100
Lobenberg in Wiesbaden: 97–98/100
Suckling: 97/100
Falstaff: 97/100
Gerstl: 20/20
6
Deutschland, Rheingau
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs 2022

97–98
/100

Lobenberg: Die perfekte Komposition seines Bodens aus hohem Gesteinsanteil von Phyllit-Schiefer und wasserhaltenden Schichten macht das Gräfenberg-Terroir so einmalig. Der Kiedricher Gräfenberg hat Phyllit-Schieferböden mit Lössanteilen und durchzogen von lehmigen Adern, die gerade in den vergangenen Jahren der Trockenheit ein Segen sind. Nach einem erneut historisch trockenen und sehr sonnigen Sommer, kamen Regenfälle gegen Herbst. Die Trauben waren allerdings weitgehend sehr gesund, es gab nur sehr wenig Botrytis. Das Team war dennoch fleißig in den Weinbergen unterwegs und hat komplett biologisch gearbeitet, die Zertifizierung folgt demnächst. Es gab keinen zu großen Trockenstress im Gräfenberg, die Blätter waren allzeit grün. Der Ausbau geschieht zu einem Drittel im Stückfass. Kurze Maischestandzeit von 6 bis zu 24 Stunden. Im Stückfass spontan vergoren und ausgebaut, bis im Sommer verbleibt der Wein auf der Hefe. Keine Abstiche, die Weine verbleiben ohne Schwefel bis Ultimo auf der ersten Hefe. Der Gräfenberg hat durch seinen Lehmanteil und seine wärmere Exposition immer mehr Stoffigkeit als der kargere Turmberg. Der große Unterschied zwischen 2018 und 2022, die Parallelen im Sommer hatten, ist die Trockenheit, die in 22 noch mehr durchgeschlagen hat. Die partiellen Reifestops haben 22 vor dem Fettwerden bewahrt, es ist eben moderat-reif geblieben und konnte nicht durchpowern wie 18, weil dafür das Wasser im Boden gefehlt hat. Und man kann keineswegs behaupten, dass der Gräfenberg viel üppiger wirken würde als der Turmberg, aber er ist schon druckvoller, konzentrierter, reicher. Das macht ihn aber eben auch deutlich komplexer, intensiver. Die Abstufung als Große Lage wird auch in einem solchen Jahr schon deutlich, weil es einfach der voluminösere, einnehmendere und dadurch sogar packendere Wein ist. Nicht weil er definierter oder schärfer gezeichnet wäre, sondern weil er einfach präsenter und erhabener ist. Der 2022er hat einen genialen, hellen gelbfruchtigen Schub, eine unerhörte Gourmandise, eine Köstlichkeit, die ihn apart macht vom extremeren 21. Elegante, aber reiche, hellgelbe Frucht, Pfirsich, Nektarine, Orangenschale, reife Grapefruit. Tolle Schieferwürze, leichtes Salz, das die Frucht flankiert, aber neben dem gewaltigen Fruchtschub noch nicht im Vordergrund, das wird über die Zeit kommen. Der Jahrgang hat eine elegante Opulenz, was gar nicht so gegensätzlich ist wie es klingt, weil es im Kontext des Jahrgangs viel Sinn macht. Denn es ist ein extrem sonniges Jahr, das aber durch die Trockenheit eben auch eine nur moderat-reife Seite hat. Die 2022er bewegen sich in diesem Spannungsfeld aus Hedonismus und Eleganz, mit gewaltigem Fruchtdruck und Power, aber eben fein und ausgewogen im Kern. Kiedrich hat es schon gut getroffen in diesem Jahr und Weil im Speziellen, weil er durch seine Größe und die ewige Erfahrung in diesem Hang, immer das Beste rausholen kann. Ein köstlicher Gräfenberg, der mit fast burgundisch-cremiger Reichhaltigkeit UND innerer Spannung, sogar einer Eleganz, glänzt. 97-98/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

97–98
/100

Lobenberg in Wiesbaden über: Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs

-- Lobenberg in Wiesbaden: Sehr moderate, geschmeidige, feine Nase voller Charme. Feine Kalksteinnoten, helle Blüten, weißer Pfirsich, Williams-Birne. Voluminöser, reicher Fruchtmund, wieder Kernobst, etwas Mandeln, kaum Zitrusfrucht. Saftiger Fluss am Gaumen. Salziges Finale mitgutem mineralischem Grip und Orangenzesten. Erstaunlich voluminös und reich aber ohne Aufdringlichkeit. 97-98/100

97
/100

Suckling über: Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs

-- Suckling: Deep and ripe nose with fine apricot, mango and papaya aromas. Stunning concentration, the ripeness and creaminess married to a wonderful mineral freshness that keeps this compact wine moving steadily over the palate. Giant, yet very precise finish. Great aging potential. Drink from release. 97/100

97
/100

Falstaff über: Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs

-- Falstaff: Mandarine, Lavendel, Orangenblüte - ein komplexer Duft der im Spektrum von >zitrisch< bis >floral< spielt. Mit Luftkontakt kommt auch eine rauchig-schieferwürzige Komponente hinzu. Im Mund verbindet der Wein Großzügigkeit und Bündelung, der Stoff ist unglaublich in Szene gesetzt. Pure Delikatesse! 97/100

20
/20

Gerstl über: Riesling Kiedrich Gräfenberg Großes Gewächs

-- Gerstl: Das edle Flaggschiff aus dem Hause Robert Weil fasziniert auch in diesem Jahr mit unvergleichlichem Glanz und bezaubernder Strahlkraft. Der Duft wirkt schon fast ätherisch kühl mit seinem besonders würzigen und mineralischen Tiefgang. Man spricht hier von «Cool Climate», da sich die Reben hoch bis zum Waldesrand ziehen und bis auf 260 m ü. M. stehen. Das wirkt für unsere Verhältnisse nicht hoch, aber wenn man bedenkt, dass besonders die Nachttemperaturen pro 50 Höhenmeter um 1°C abnehmen, ist dies schon ein entscheidender Faktor. Das Bouquet mit seiner frischen Fruchtaromatik ist sehr nobel und verführerisch. Am Gaumen wirkt der Wein einerseits aromatisch sehr dicht, gleichzeitig aber auch durch die Säure saftig und frisch, was ihm einen leichtfüssigen Charakter gibt. Mir gefällt die Mischung der einfachen Zugänglichkeit und gleichzeitig faszinierenden Komplexität. Die Kraft in diesem Grand Cru ist immens, was vor allem im Abgang sehr gut erkennbar ist. Noch lange hallt der Wein aromatisch nach und zeigt beeindruckende Rückaromen. Unbestritten ein Meisterwerk. 20/20

Mein Winzer

Robert Weil

Schon von weitem erkennt man die Flaschen von Robert Weil an ihrem charakteristischen Himmelblau. Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt steht diese Farbe für Spitzen-Rieslinge auf absolut höchstem Niveau. Ein Markenzeichen, symbolisch für die kompromisslose Qualität der Weine von...

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