Kiedrich Turmberg Riesling Erste Lage 2023

Robert Weil: Kiedrich Turmberg Riesling Erste Lage 2023

VDP

Zum Winzer

95–97+
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2026–2049
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
frische Säure
3
Lobenberg: 95–97+/100
6
Deutschland, Rheingau
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Kiedrich Turmberg Riesling Erste Lage 2023

95–97+
/100

Lobenberg: Der Turmberg liegt hinter dem Gräfenberg, ein steil aufragender Hang auf 100 Prozent grauem Schiefer, dem ältesten Verwitterungsgestein des Rheingaus. Dieser Wein wächst karg, ganz ohne Löss- und Lehmauflage, nur reiner grauer Phyllit-Schiefer. Kurze Maischestandzeit von 6 bis zu 24 Stunden. Im Stückfass spontan vergoren und ausgebaut, bis im Sommer verbleibt der Wein auf der Hefe. Nach einem erneut historisch trockenen und sehr sonnigen Sommer, kamen Regenfälle gegen Herbst. Die Trauben waren allerdings weitgehend sehr gesund. Das Team war dennoch fleißig in den Weinbergen unterwegs und hat komplett biologisch gearbeitet, die Zertifizierung folgt demnächst. Der Turmberg ist die kargste Lage und ergibt daher auch den gewissermaßen extremistischsten Wein in seiner Puristik des Bodenausdrucks. Jedenfalls ist es der am mineralischsten anmutende Wein bei Weil, und vielleicht einer der mineralischsten Weine des Rheingau überhaupt, weil er so stahlig wie ein Chablis Premier Cru aus dem Glas schießt. Schon sein Duft ist viel mehr über die Minerale kommend als über reiche Frucht, er ist leiser und reduktiver, deutlich steiniger und karger schon in der Nase. Sehr steinige, rauchige Nase, Feuerstein und Kreidestaub, darunter Zitronengras und weißer Tee, auch weiße Johannisbeere und etwas Grapefruit. Gewaltige Spannung im Duft, aber eben auch mit dieser Delikatesse und dem Charme des Jahrgangs. Natürlich von Haus aus eher ein Asket, aber auch mit schöner Balance und ordentlich viel Stoff in diesem Jahr. Das ist schon viel Wein, dennoch hat er diese unterschwellige Spannung, diese Griffigkeit aus dem kargen Schieferboden und der kühleren Exposition. Er hat nicht diese krachende Spannung von 2021 mit dieser enormen Säurevibration, er kommt eleganter und feiner, einen Hauch gelbfruchtiger. Dafür ist er etwas aufregender und stoffiger als 2022. Mit seiner cremigen Dichte und dem dennoch sehr kristallinen Ausdruck liegt er irgendwo zwischen 21 und 22 in seinem Charakter, etwas an 2019 oder ein runderes 2017 erinnernd. Man darf den Turmberg nicht unterschätzen, das ist schon annähernd Grand Cru-Niveau, immerhin ist es theoretisch eine Große Lage, nur Weil stuft ihn freiwillig ab für die Vierstufigkeit.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Robert Weil

Schon von weitem erkennt man die Flaschen von Robert Weil an ihrem charakteristischen Himmelblau. Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt steht diese Farbe für Spitzen-Rieslinge auf absolut höchstem Niveau. Ein Markenzeichen, symbolisch für die kompromisslose Qualität der Weine von...

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