Lobenberg: Late Release aus der Schatzkammer in 2024, bis dato perfekt im Weingut gelagert. 1954 gepflanzt. Der Schlehdorn ist eine kleine Parzelle, die direkt am Großen Gewächs Saint Nikolaus liegt. Die Familie Kühn hat 2003 diesen Weinberg von der Kirche übernehmen können. Der erste Jahrgang war dann 2006. Es sind nur 1.000 Quadratmeter Schlehdorn im Rahmen von einem Hektar Saint Nikolaus. Also auch hier Sand-/Quarzitböden mit extrem guter Belüftung durch den ständigen Wind am Rhein. Die Weine werden ganz behutsam aus dem Weinberg als Ganztraube geholt – ohne jegliche Verletzungen und ohne dass etwas eventuell angequetscht wurde. Dann werden die Trauben als Ganztrauben über 10 Stunden und anfänglich nur 0,2 Bar Druck ganz langsam gepresst. Es gibt also ein bisschen Phenolik über diese lange Pressdauer. Das Ganze wird ohne Pumpvorgang von der Presse direkt in den Keller gegeben und kommt zur Vergärung in ein Halbstückfass. Die Vergärung erfolgt dann spontan. Nicht bewegt, nicht geschüttelt, nicht gerührt, keine Batonnage. Der Wein macht eine malolaktische Gärung durch und verbleibt komplett für 22 Monate auf der Vollhefe. Und er hat danach nochmal ein Jahr Flaschenreife bekommen. Dieses enorm lange Hefelager macht aus diesem ohnehin schon sehr feinen Wein aus den fast 70 Jahre alten Reben dann ein Unikat und so nennt sich der Wein auch, genau wie der Landgeflecht. Große Gewächse können die beiden nicht heißen, da es aus einer Lage immer nur ein GG geben kann, deshalb sind sie als PJK. Unikate ausgewiesen. Jeder Konsument, der ein paar Flaschen von diesen Unikaten ergattern kann, sollte ihnen ein paar Jahre Zeit zur weiteren Entfaltung lassen und sich nach Möglichkeit auch mal einige Flaschen 10 oder 20 Jahre weglegen, denn diese Weine gehören zum Größten, was wir momentan an Riesling in Deutschland produzieren. Wenn man denn diese extrem feine Art, dieses super schicke, erhabene, abgespacte trinken mag. Oder wie Peter Bernhard Kühn es ausdrückt, Weine von „vinophiler Eloquenz“ und das steht sinnbildlich für den Jahrgang 2016 mit seiner unendlichen Eleganz. 2015 war ein Bad in cremig, süßer Orange mit einem Touch Exotik, in einer Üppigkeit, die trotzdem so charmant und fein war. 2016 zeigt eine elegante Weißfruchtigkeit mit gelben Einschüben, zuerst einmal kommt eine zarte gelbe Blütenduftigkeit und dann diese extrem saftige, reife Quitte, die keiner so schön ins Glas zaubern kann wie Kühns, so reif, so saftig, dazu etwas körnige Birne, Netzmelone, Orange, Orangenblüte, ein bisschen Kamille und Frische aus Minze und Eukalyptus. Alles ist fein verwoben und wird von einem Hauch Salz umweht. Und so bleiben wir auch im Mund dieser extraterrestrischen Art von Riesling treu, die wir auch 2015 schon hatten. 2016 ist nicht besser, nur etwas ruhender, etwas eleganter, etwas weniger druckvoll, dafür unendlich erhaben, leichtfüßig, schwebend fein, fast schwerelos in seiner Intensität. 2016 ist das bisherige ideale Riesling-Jahr für mich, weil es eben aus Rieslingen, die häufig zu aufgeregt, zu fordernd, zu Zitrus-beladen sind, so schicke, elegante, burgundische Weine macht. Weine, die nicht anstrengend sind zu trinken, sondern einfach nur Freude machen und einen wahnsinnigen, cremig-saftigen Trinkfluss haben. Immer wieder entfalten sich Schichten aus diesem fein verwobenen Aromenkomplex, vinophile Eloquenz, der Wein ist redegewandt, offenherzig, nicht reduktiv, nicht rassig, nicht schiebend, sondern einfach nur fein, delikat, anschmiegsam und ein wunderschönes, feingliedriges Riesling-Elixier am Gaumen. Ein wunderschöner Wein, unendlich groß und erhaben in seiner Unaufgeregtheit. Ein königlicher Riesling, der sich selbst nicht lauthals so bezeichnen muss, sondern sich einfach durch Trinkgenuss und Understatement ausdrückt. Dieser Schlehdorn ist zusammen mit seinem Vorläufer 2015 so ziemlich das Beste, was ich an Riesling je im Glas hatte. Und das ist schon eine Aussage bei den ganzen grandiosen GGs, die ich probiere. Die 100er Skala reicht für diesen Wein nicht aus. 100/100