Lobenberg: Auch die GGs werden weiterhin vollständig im Edelstahl vergoren und ausgebaut. Liegen bis zur Füllung im Sommer unfiltriert auf der Vollhefe. Das ist eine Lage, die Thomas Haag vom Schloss Lieser nicht angestammt im Programm hat. Erst vor einigen Jahren konnte er ein kleines Stück mit alten Reben zukaufen. Aber aus dem Stand – das war auch schon 2018 der Fall – wurde sein Goldtröpfchen zum Primus Inter Pares. Das Goldtröpfchen ist eine Südlage in Piesport. Thomas Haags Parzelle liegt etwas höher, auch nicht mehr so weit weg vom Wald. Es wird sehr kühl in der Nacht und deshalb hat das Goldtröpfchen bei ihm – jedenfalls für mich – die größte Spannung. Thomas verwendet nur den Vorlaufsaft nach der schnellen und schonenden Presse für das GG. Spontan vergoren wie alles hier. Die Nase ist noch von der Hefe geprägt und voll von reduktiver Spannung. Der Alkoholgrad liegt mit moderaten 12.5% vol. etwas tiefer als in den Vorjahren. Insgesamt wirkt 2020 etwas kühler, schlanker, klassischer in der Art. Hohe reduktive Spannung in der Nase, die stärkste Reduktion von allen Lieser GG. Darunter erahnt man Pinke Grapefruit, Limettensaft, feiner weißer Pfirsich, weißer Pfeffer und intensive Schieferwürze. Fast dramatisch in der satten Mineralität, dunkel und herb mit leicht tabakigen Anklängen. Zitronengras, Salz, schiefrige Steinigkeit. Im Mund eine Explosion, da zieht sich alles zusammen. Es gibt nichts Grünes hier, alles ist total reif, aber es ist schon immens zupackend mit dieser Intensität aus dem Gestein und dem Salz. Alles ist wirklich schick und trotzdem so hochintensiv. Das ist purer Schiefer. Der Nachhall hält für Minuten an, obwohl der Wein schlanker und geradliniger ist als im Konzentrationsjahr 2019. Aber die Mineralität und der Grip sind genauso hoch, es spielt und vibriert auf der Zunge. Es kommt vielleicht sogar noch etwas mehr durch, weil es in dieser filigranen, kristallinen Art einfach mehr hervorscheint. Das ist purer, glockenklarer Moselriesling, eigentlich flüssiger Schiefer, der über helle, samtige, total cleane Frucht läuft. Hat definitiv einen Anklang an die Kühle von 2008, ist aber weniger karg, hat schon mehr Fruchtintensität und Zugänglichkeit, wenn die Reduktion sich mit Luft etwas verzieht. Dazu eine beachtliche strukturelle Festigkeit, hat richtig Griff und Substanz. Einfach eine schicke Harmonie, aber dennoch so intensive, griffige, fast stahlige Schieferart. Das Goldtröpfchen hat dieses enorme Spiel aus reifer, intensiver Frucht und kristalliner Brillanz, Vibration und kerniger Phenolik. Das ist ein Gesteinshammer par excellence, wieder einer der beeindruckendsten Weine der Mosel in 2020. 97-98/100 // Lobenberg in Wiesbaden: Für mich noch vor dem Himmelreich Liesers Paradelage. Piesports beste Lage und Thomas Hagg erntet hier Zauberweine. Rauchige Nase mit feinem, harten Gestein dahinter, die Frucht ist in die Eleganz integriert. Quitte, Litschie, feinste Birne. Eine soooo zarte aromatische Versuchung im Mund, leicht cremige Orange, zarter Pfirsich, gezuckerte Limette auf nassem Feuerstein. Immense aromatische Intensität, die Augen werden schmal, und doch ganz verspielt und zart und fast ätherisch bleibend. Ein zartes filigranes Wunderwerk der Finesse, gesponnene Seide, und trotzdem aromatisch sehr präsent. 98-100/100