Lobenberg: In der Lage Fahrlay stehen auf den oberen Terrassen uralte Reben, viele davon in Einzelpfahlerziehung, viele davon wurzelecht. Komplett blauer Schiefer, sehr hartes, etwas feuchtes Gestein, das sehr salzige, karge und steinige Weine hervorbringt. Die Fahrlay Terrassen sind komplett nach Süden ausgerichtet, nur terrassierte Parzellen. Die einzelnen Terrassen werden nach ihrer Reife unterschiedlich behandelt. Teilweise Maischestandzeiten bis zu 15 Stunden während des Pressvorgangs bei maximal 0,4 Bar Druck. Teilweise aber auch nur kurze Standzeiten. Immer zu 100 Prozent botrytisfrei. Natürlich biodynamische Arbeit, spontan vergoren und der Ausbau wie immer im alten 1000 Liter Fuder. Direkt nach dem Marienburg probiert, der vom grauen Schiefer kommt, ist diese Auslese aus den Fahrlay Terrassen vom blauen Schiefer ein richtiger Paradigmenwechsel. Das feuchte Gestein kommt zuerst aus dem Glas, es schlägt einem fast ins Gesicht. Zitronengras, Limettenschale, weißer Pfeffer, dann viel weißer Pfirsich, fast etwas burgundisch anmutend, blonder Tabak und etwas Heu. Hochintensiv, reich und reif am Gaumen, aber es bleibt ohne Fett oder Wärme. Schiebt schon mächtig an, aus dem hochkonzentrierten wunderbar feinfruchtig-herben Kern. Dann kommt hinten raus ein Zug ohne Ende, griffige Phenolik die sich in ganz feinem Salz auflöst. Immer wieder schieben sich neue aromatische Wellen heran, saftig, pikant, würzig, steinig, salzig, alles wechselt sich ab. Es vibriert und spielt. Intensiv und feinfruchtig, total reif und durchaus kraftvoll, aber dabei so verspielt und tänzerisch, dass es eine Freude ist. Viel blaue Frucht im Nachhall, dann wieder Mirabellendruck. Vielschichtig und lang, enorm komplex. Die herbe Adstringenz des Blauschiefers wird hier bei den Terrassen von einer reifen, samtigen und einnehmenden Frucht etwas abgepuffert, da zeigt sich die etwas höhere Reife, der Wein wirkt ruhiger und erhabener als der sehr energetische Fahrlay. Das ist Moselriesling par excellence. Nicht ganz so nahe an der Perfektion wie 2019 wahrscheinlich, aber ein Hammer im Kontext des etwas anders gearteten Jahrgangs. Für Finesse-Trinker vielleicht sogar vor 2019? 99/100 // Lobenberg in Wiesbaden: Sprachloses Staunen, was für eine immense Stein-Nase, nasser Feuerstein mit Quitte und Boskoop, würzige Wiesenblumen, satte Quitte mit süßer Kumquat und Bitterorange. Der Mund wird vollständig ausgekleidet mit Stein und süßer Säure aus Orange und Zitrone, drückende rote und weiße Johannisbeere. Wenn nicht der spürbare Restzucker die Balance so perfekt herstellte, der Wein wäre in Mineralität und Frische zu extrem und überwältigend. So aber ist er auf den Punkt getroffen, ein Monument der Weingeschichte für die Ewigkeit. Best ever Clemens Busch! 99/100