Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs 2022

Philipp Kuhn: Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs 2022

VDP

Zum Winzer

97–98
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2028–2052
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
voll & rund
frische Säure
3
Lobenberg: 97–98/100
Lobenberg in Wiesbaden: 97–99/100
Falstaff: 95+/100
Weinwisser: 18,5/20
Vinum: 18/20
6
Deutschland, Pfalz
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs 2022

97–98
/100

Lobenberg: Der Wein steht komplett auf Kalkstein, mit Terra Fusca durchsetzt, wie es auch der Saumagen ein bisschen ist. Also auch leichte Braunfärbung, aber am Ende eben reiner Kalkstein. Auf 280 Meter Höhe gelegen. Das nördlichste GG der Pfalz überhaupt, in diesem kühleren Zellertal mit diesen superspannenden Böden. Es reift langsam aus, weil es so hoch ist. Es liegt noch höher als der Saumagen, also auch hier immer eine sehr kühle Stilistik. Der Wein wird als letzter der Riesling-Weinberge gelesen. Die Traubenverarbeitung ist sehr traditionell mit Quetschwalzen und Maischestandzeiten über 12 Stunden und nur sehr kurzen Sedimentationszeiten. Geschwefelt wird vor der Gärung nicht, ein biologischer Säureabbau soll nach Möglichkeit immer vermieden werden. Rein spontan und der 2022er hauptsächlich im Edelstahl vergoren um die Purisitik des Weines zu bewahren. Belass auf der Vollhefe bis Ende April, dann klassischer Abstich und Verbleib auf dem guten Teil der Hefe. Keine Filtration. Traditioneller und klassischer geht es im Riesling nicht. Sehr trocken interpretiert, es regt an, es fordert, aber überfordert nicht. Einfach animierend, wie ein Riesling im Idealfall sein sollte. Der Weinberg liegt in Sichtweite zum höchsten Berg der Pfalz, dem Donnerberg mit knapp 700 Metern. Dieser Wein strahlt also immer ein gewisses Drama aus. Jedes Jahr entstehen hier nur rund 2000 Flaschen. Ein Wein aus rauer Wildnis, vom Winde umtost. Für die Pfalz ist diese späte Reife total ungewöhnlich. Ein vibrierender, sehr eigenwilliger Wein. Das Zellertal ist nicht umsonst ein Hotspot und irgendwo ein Bindeglied zwischen Wonnegau und Nordpfalz. Hat sensorisch vielleicht mehr mit einem Morstein gemein als mit der Mittelhaardt. Der Schwarze Herrgott schreit aber auch förmlich nach guter, althergebrachter Riesling-Machart. Die Nase ist durch diese Form der Weinbereitung immer etwas reduktiv. Leichte Reduktion und Stein und Mineralität in der ersten Nase. Langsam kommt Zitrus mit kühler Kräuterigkeit wie Zitronenmelisse, das hat er immer. Krachende Säurestruktur, die alles fest im Griff hat, aber so poliert und geschmeidig ist. Reif und fein, aber gewaltig aufspielend und zupackend. Die Hammerböden, die kühlen Winde und das Wasser. Im Zellertal ist alles da. Und das zeigen die Weine. Vorne saftig, druckvoll, mit warmer Zitrusfrucht, Orangenblüte, reife Grapefruit. Hintenraus dann diese wilde Steinigkeit, aber es ist nicht überbordend, fein verwoben, sehr komplex. Viel Grip, viel Zug, läuft schnurgerade auf dem Kalkstein, salzig, präzise, feine Pfeffrigkeit im Finale. Aufregend und dennoch cremig-reif, perfekt. HO Spanier hat ja seinen Topweinberg auch ganz in der Nähe stehen. Auf jeden Fall großes Kino aus dem Zellertal in den letzten Jahren. Ich liebe diesen Wein! 97-98/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

97–99
/100

Lobenberg in Wiesbaden über: Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs

-- Lobenberg in Wiesbaden: »Wie der Herr so das Gescher« sagt man, und das trifft auf Philipps Weine immer zu. Die Weine haben immer Klasse, sind individuell und auch immer lieb und charmant. Der Herrgott ist ein Powerwein mit salziger, intensiver Frucht und Stetigkeit zugleich, und doch kommt da große Harmonie und Balance. Ein dichter dicker Brummer, der viel Trinkspaß und Trinkfreude mit seiner immensen Saftigkeit vermittelt. 97-99/100

95+
/100

Falstaff über: Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs

-- Falstaff: Duft nach Zündholz und heißem, nassem Stein, pure Mineralik, direkt und beeindruckend, dazu etwas Limonenabrieb, Mandarine, Koriandersamen, delikat. Am Gaumen mit enormem Zug, Druck und mineralischer Tiefe, messerscharfe Säure, immense Spannung, dicht gewoben, lang, extrem viel Potenzial. 95+/100

18,5
/20

Weinwisser über: Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs

-- Weinwisser: Sicher einer der überragenden Rieslinge aus der Pfalz! Dicht und satt im Geruch, mit leichter Reduktion und viel Zitrus, zeigt er sich brillant und klar mit ausgezeichneter Strahlkraft. Saftiger Auftakt im Mund, sehr straff und weniger fructosig als sonst, besitzt der 22er eine druckvolle Mitte, istsehr salzig, kühl und mineralisch. Toller, dichter und tiefgründiger Riesling mit enormem Biss und großer Aromenvielfalt, von frisch zitrushaft bis zu reifem Pfirsich ist alles in differenzierten Nuancen und Schemen vorhanden. Sehr lang und gehaltvoll mit nur 12.5 Vol.-%. Auf ähnlichem Niveau figurierte auch der von Giuseppe Lauria verkostete Philippsbrunn Versteigerungswein. 18,5/20

18
/20

Vinum über: Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs

-- Vinum: Zurückhaltende Nase, feinwürzig, etwas weißer Pfirsich, alles sehr dezent, am Gaumen sehr straff, feingliedrig, tänzelnde Säure, schlanke mineralische Noten, sehr feine Kraft und Dichte, braucht sicher noch lange, bis er sich öffnet, stark.

Mein Winzer

Philipp Kuhn

100 % handgemacht – das ist der Leitspruch von Philipp Kuhn. Die Arbeit von Philipp beruht nur auf Erfahrung und dem richtigen Gefühl. Und beides besitzt er reichlich.

Riesling Schwarzer Herrgott Großes Gewächs 2022