Riesling Ürziger Würzgarten Spätlese Weiße Kapsel 2022

Markus Molitor: Riesling Ürziger Würzgarten Spätlese Weiße Kapsel 2022

Zum Winzer

97–98
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
11,0% Vol.
Trinkreife: 2025–2047
Verpackt in: 6er
9
frische Säure
mineralisch
exotisch & aromatisch
3
Lobenberg: 97–98/100
6
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Ürziger Würzgarten Spätlese Weiße Kapsel 2022

97–98
/100

Lobenberg: Im Würzgarten haben wir Einzelpfahlerziehung, uralte Reben. Eine ganz fantastische Lage mit überwiegend wurzelechten Stöcken. Neben dem Erdener Prälat stehend, auf einem roten Verwitterungsschiefer mit hohen Eisenanteilen, extrem steil, teilweise terrassiert. Sicherlich eine der ausdrucksstärksten Lagen der Mosel überhaupt. Was für eine grandiose Nase. Das Typische aus Ürzig. Orangenzesten. Einzelpfahlerziehung und kleinste Erträge aus uralten Reben – das spürt man in diesem Wein. Es ist schon erstaunlich, dass die Spätlese der so viel elegantere Wein ist neben dem Kabinett, wir sind deutlich weniger in der Exotik und viel mehr im kühlen, rauchigen Stein. Nur langsam schält sich warmer Sommerapfel, Mandarine, Sanddorn und Quittenbirne durch. Wir haben viel Gestein, viel Druck aus der Mineralität. Aber es tut nicht weh, es ist nur komplex, extrem vielschichtig. Und doch bleibt der Wein auch im Mund ein kleiner Extremist. Er ist nicht so verspielt wie das Kabinett, schon deutlich straighter und herausfordernder in seiner größeren Salzigkeit. Sehr pikant, die Zunge rollt sich auf, die Augen werden schmal, der Mund zieht sich zusammen. Wie ein Biss in eine gelbe Kiwi, weil 2022 diese Delikatesse hat und die Zugänglichkeit, aber dieser Wein dennoch ziemlich straff und steinig geartet ist. Hohe Frische und Säure, die man so gar nicht erwartet hier, eine geniale Dichte dazu. Man merkt das an allen Ecken und Enden. Ein Wein, der fünf, besser zehn Jahre im Keller verbringen sollte. In der Jugend ist das schon etwas Freakstoff für Moselpuristen. Eine grandiose Spätlese allemal. Es gibt kaum Große Gewächse aus diesen Lagen hier, die an Molitor vorbeiziehen können. Diese Spätlese ist auf dem Level des Ürziger Würzgarten GGs von Ernie Loosen. Das ist großes Kino für ein langes Leben. Die warme Zitrusfrucht spielt für Minuten mit dem Stein und den Tanninen, will gar nicht wieder aufhören. Eine vergleichbare Länge und Intensität wie 2021, aber doch schon balancierter und geschmeidiger trotz seines Extremismus. Großer Wein! 97-98/100

Jahrgangsbericht

2022 dieses heiße und trockene Jahr hat Molitor in einen sensationell feinen Weinjahrgang übersetzt. Die Weine zeigen keine Üppigkeit, sondern sind total klar und fein, sehr geschliffen und trinken sich charmant und leichtfüßig, haben aber dennoch genug Druck. 2022 hat Reminiszenzen an die tolle Balance und Seidigkeit von 2020, wir sind deutlich runder und geschmeidiger als im extremen 2021, das wirklich ein Freakjahr war. Wir sind zurück bei der texturellen Entspanntheit von reifem, samtigem Riesling, der dennoch die salzige Pikanz und Aufregung des Schiefers als pure DNA trägt. Dazu kommt Molitors etwas burgundisch-cremiger Stil mit perfekt abgestimmtem Holzeinsatz als perfect match, der die etwas geringere Reife des Jahrgangs perfekt auffängt. So viel Druck und Balance hat kaum ein anderer Moselwinzer in seine Weine gebracht – das ist schon eine eigene Liga für die Region, was ich hier an 2022 ins Glas bekommen habe. Die Trockenheit hat die Reife an der Mosel relativ moderat gehalten, was die Spitze in edelsüßen Prädikaten und ***-Weinen sehr rar macht, denn diese Qualität war äußerst schwer zu erreichen. Nur mit unglaublich viel Humanpower (80+ Personen in der Lese) war diese gestaffelte, späte Lese und das extrem aufwendige Sortieren überhaupt möglich. In Summe die mit Abstand teuerste Lese für Molitor, noch vor den nassen Jahren 2021 und 2014, weil so extrem penibel ausgelesen werden musste in 2022, um die perfekte Reife zu erreichen. Aber Molitor hat ein sehr erfahrenes Team und geht den Weg der Extreme konsequent. Somit stehen hier über 40 edelsüße Qualitäten auf der Preisliste dieses Jahr, das ist schon Wahnsinn, eine irrwitzige Leistung. Selbes Spiel bei den trockenen ***-Weinen, von denen es teilweise nur ein Gebinde gibt, wie das Beton-Ei, das macht dann rund 1000 Flaschen für die Welt, quasi nichts… aber mehr Menge war in dieser Qualität einfach nicht drin. Auf die Auslese*** mit Holzausbau musste Markus sogar ganz verzichten, da reichte es ihm einfach nicht, daher ging alles in die 2-Sterne-Auslese. Er ist eben trotz seiner betrieblichen Größe noch immer mit der ehrgeizigste und extremste Winzer in seiner Selektion. Nur so ist es auch zu erklären, wie atemberaubend gut die 2- und 3-Sterner in Trocken und Süß sind. Eine solch harmonische, feine und balancierte Kollektion hatte ich in diesem Jahr nicht erwartet. Nichts sticht, keine Anstrengung, keine Zitruslastigkeit oder strenge Säure wie im Vorjahr, sondern die totale Finesse und Feinheit. Rieslingfreaks mögen vielleicht das extremere, viel straffere und noch schlankere 2021 bevorzugen, allerdings dürfte vielen Genießern das rundere und geschmeidigere 2022 als Jahr der Gourmandise mehr entgegenkommen. Die Weine nehmen den Trinker in den Arm, ohne dass es ihnen an Pikanz und Spannung fehlt. Aufregung ohne Anstrengung – diesen Spagat hat Molitor schon ziemlich perfekt hinbekommen. Neben seinen Paradelagen in Zeltingen, hat mich vor allem wieder der Ürziger Würzgarten begeistert, Molitor holt dort in den letzten Jahren gewaltige Weine heraus, schon die Spätlese trocken ist herausragend und die Auslesen sind überirdisch gut – in Süß kann da nur Christian Hermann noch mithalten. Auch die Saar wird immer mehr zu Molitors Heimat, nicht zuletzt durch die Akquise der Domäne Serrig. Der zweite Jahrgang der Scharzhofberger unter Molitor übertrifft den ersten sogar noch für mich – ich war absolut geflasht, dass der trockene Scharzhofberger*** sich auf Augenhöhe mit dem unantastbaren Doctor*** gezeigt hat… ein Wow-Wein, der mit seiner Vibration und Finesse ziemlich nah an den Saar-Riesling-Himmel heranfliegt. Eine ganze reihe neuer Saarweine, der Ausbau in Amphoren und Beton-Eiern, dazu herausragende neue Burgunder-Sorten wie die Schalenkontakt-Reihe… es wird nie langweilig bei Molitor. Jedenfalls hat er mir in Summe die wohl beste Mosel-Kollektion von 2022 eingeschenkt – und das will etwas heißen in diesem anspruchsvollen Jahr. Wer Moselriesling liebt sollte 2022 Molitor auf keinen Fall verpassen, so schön waren die Weine selten!

Mein Winzer

Markus Molitor

Als der blutjunge Markus Molitor 1984 mit 20 Jahren das Weingut an der Mosel vom Vater übernahm, fing er praktisch bei Null an; ohne jede eigene Anbaufläche. Also harte Maloche auf gepachtetem Rebland.

Riesling Ürziger Würzgarten Spätlese Weiße Kapsel 2022