Lobenberg: Eine faszinierende Nase – ein bisschen an Pomerol erinnernd. Mango und satte schiebende Schlehe, dazu rote Kirsche. Aber dann verlassen wir langsam Pomerol in Richtung Hermitage – ein Touch Syrah von der Nordrhône. Schwarze und rote Frucht, Garrigue und intensive Lakritze, die aber nicht fett ist, sondern eher in Richtung salzige holländische Lakritze läuft. Sehr fein schwebend, schwarze Kirsche als Hauptunterlage, aber nicht süß. Dazu ein Hauch Blaubeere und Holunder. Der Mund verblüfft, weil er auf der einen Seite unglaublich konzentriert ist. Es ist ein wirkliches Hochkonzentrat, aber ein Konzentrat in Finesse. So viel konzentrierte schwarze Kirsche! Aber gar nicht süß, einfach nur fein, aber total dicht gepackt. Trocken, intensiv und lang, etwas Salz und ein Hauch Cassis dahinter. Auch die Lakritze versteckt sich hinter dieser konzentrierten schwarzen Frucht. Dann kommt wieder die Maulbeere, aber nicht zu süß. Holunder und Lakritze bleiben präsent, alles ist lang. Wie kann man ein unglaubliches Konzentrat beschreiben, das trotzdem nicht fett und süß ist, sondern unglaublich dicht und fein? Mit mehr Luft kommt mehr Sauerkirsche dazu, mehr rote Frucht. Das Holz ist überhaupt nicht spürbar. Ein multikomplexer und sehr schicker Wein, sehr reif und gleichzeitig sehr kühl. Hochkonzentriert in seiner Feinheit. Großer Stoff! 99/100 *** Cuentavinas ist das Mikro-Weingut von Edoardo Eguren, Sohn der berühmten Rioja-Dynastie. Drei Einzellagen in einer der besten Gemeinden der Rioja, winzige Produktionszahlen. Alles penible Handarbeit, ein Prestigeprojekt und zugleich ein sehr persönliches. Edoardo Eguren hat seine Grundausbildung in Australien und Kalifornien absolviert. Die Bearbeitung seiner uralten Buschreben ist etwas anders, mit einem speziellen Entblätterungssystem, das er in Australien gelernt hat. Das führt dazu, dass die Trauben und Beeren extrem klein bleiben. Der Ertrag liegt am Ende bei nur 500 bis 800 Gramm pro Pflanze. Aus einem Hektar Weinberg holt er weniger als 2.000 Flaschen. Er macht nie eine grüne Lese, weil er direkt nach der Blüte die Reben im unteren Bereich entblättert. Das härtet die Beeren ab und führt zu einem geringen Wachstum wegen geringerer Photosynthese. Yelsones ist ein reinsortiger Tempranillo aus einer 1974 angelegten Einzellage mit einem Hektar Fläche. Es ist eine der höchsten der Gemeinde San Vicente, auf rund 550 Metern gelegen. Extrem hohe Anteile an Kalzium, Kalk und Kreidebruchstücken lassen einen sehr finessereichen und zugleich hochenergetischen Wein gedeihen. Man findet auch recht viel Quarz im Boden und Sand – insgesamt ein saurer Untergrund mit niedrigem pH-Wert. Die Trauben werden komplett entrappt, die Maische im kleinen Holz spontan vergoren, für die Malo und den Ausbau wird der Wein dann in neue französische 500 Liter Fässer abgezogen.
Der Winter 2020/2021 brachte zwischen Dezember und März sehr viel Regen und Schnee, auch etwas Frost. Die Böden waren vor dem Austrieb der Reben mit ordentlichen Wasserreserven gefüllt – ein guter Start in den Jahrgang 2021. Die Blüte verlief bis auf kleine Verrieselungen ziemlich normal, kein Frost, kein Mehltau. Dann folgten nach einem trockenen Mai noch vor der Blüte große Regenmengen im Juni. Nach der Blüte begann ein sehr trockener, warmer, teils heißer Sommer. Hitze- und Trockenstress waren die Folge, die Reben machten ab Mitte August total dicht, um sich zu schützen. Die Beeren waren zu diesem Zeitpunkt dickschalig und kerngesund, Sorge bereitet aber die phenolische Reife, die durch den Stillstand der Reben nicht erreicht werden konnte. Dieses Phänomen gab es in allen Regionen der nördlichen Hälfte Spaniens, also in allen Topregionen. Von Anfang September bis zum 25. September gab es einige Tage satten Regen. Durch die neue Wasserversorgung setzten Photosynthese und Reifung sofort ein. Ab dem 25. September war es trocken, extrem sonnig und warm, nachts sanken die Temperaturen deutlich. Fünf traumhafte Wochen mit großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nach und hochintensiver Sonne folgten. Diese große Kühle, ja Kälte der Nächte, nach dem letzten Regen vom 25. September, gilt als der Schlüssel zu diesem großen, reifen und zugleich frischen Cool-Climate-Jahrgang. Das Ergebnis waren überall hochgesunde, dickschalige Beeren mit sattem Tannin und hoher Säure vor der Lese im Herbst. Die Weine sind weniger extremreif und immens als 2019, aber deutlich aromatischer und reifer als 2018, mit einer Frische, die ihresgleichen sucht.