Lobenberg: Dominique Leandre-Chevalier ist wieder da! Der letzte große Jahrgang von ihm war 2016, wir haben ihn immer noch im Programm. Ein famoser Wein, hochelegant, mit das Schönste, was man in Bordeaux kriegen kann. Danach hat sich Dominique ein wenig übernommen. Dementsprechend gab es wegen seines Konkurses in 2017, 2018 und 2019 keine Weine. Aber die Weinberge waren da und wurden gepflegt. Mit Hilfe eines Schweizer Geldgebers konnte er 2020 wieder aus der Taufe heben. Der Jahrgang ist in der Region Côtes de Blaye sehr klassisch, sehr an 2016 erinnernd. Trotzdem hochreif. Auf Le Queyroux werden keine Traktoren eingesetzt, alles wird mit dem Pferd gepflügt. Dominique Leandre-Chevalier hat hier in Cotes de Blaye ein extrem biologisch bearbeitetes, aber nicht zertifiziertes Weingut. Dichtpflanzung mit 10.000 bis 33.000 Stöcken pro Hektar. Aber nicht nur Dichtbepflanzung, sondern auch sehr dicht am Boden befindliche Trauben, nur 5-6 Trauben und nur maximal 400-500g Ertrag pro Weinstock. Dieser extrem geringe Ertrag pro Weinstock bringt natürlich diese unglaubliche Dichte. Das Ganze geschieht natürlich, Dominique braucht keine grüne Lese durchführen. Das ist Ertragsbeschränkung auf ganz natürliche, biologische Art. Die Trauben werden komplett entrappt, die Beeren nicht angequetscht und dann in aufrechtstehenden, offenen Barriques vergoren. Die Fermentation läuft über mehrere Wochen, alles läuft in Handarbeit. Nach der Gärung wird ganz vorsichtig abgepresst, überwiegend nur der Free Run verwendet. Der Wein wird dann in einen großen Betontank gelegt. Dort läuft dann die restliche Fermentation ab und auch die Malo. Ein Teil der unverletzten Beeren hat intrazellulär gegoren, wir haben also viel Frucht. Nach dem Aufenthalt im Beton geht der Wein in 100 Prozent neue Barriques. Dort verbleibt er weniger als 12 Monate, zwischendurch wird die Hefe immer wieder aufgerührt. Nach zehn bis zwölf Monaten wird der Wein dann zum Absitzen ins große Holz gelegt. Er wird relativ früh gefüllt, da Dominique den starken geschmacklichen Einfluss des neuen Barriques kleinhalten möchte. Es gibt insgesamt 10.000 Flaschen. Die Cuvée besteht in 2020 aus 48 Prozent Merlot, 48 Prozent Cabernet Sauvignon und vier Prozent Petit Verdot. Die Nase ist unendlich fein. Trotz des neuen Holzes zeigt sie kaum Holz, sondern eher dunkle Frucht. Ein bisschen Holunder mit ganz zarter schwarzer Kirsche. Das Ganze mit leichter Röstaromatik unterlegt. Energetisch, sehr fein, schick, hochelegant und reif. Aber die Finesse steht schon in der Nase im Vordergrund. Sehr verspielt. Der Mund ist genauso schick wie der Mund des 2016er. Den 2016er habe ich vor wenigen Tagen noch einmal probiert. Wie haben hier eine phänomenale Frische, die Augen ziehen sich zusammen ob der schönen roten Johannisbeere, die hinten wieder hochrollt. Davor etwas Schattenmorelle, wieder ein bisschen Holunder und Schwarzkirsche. Das Ganze ist ein ultrazarter Wein, mit satten Tanninmassen aus dem reifen Jahr 2020. Aber das Tannin ist total geschliffen, nichts Grünes, nichts tut weh, es ist alles nur fein verwoben. Ein Wein, der ganz starke burgundische Einflüsse hat. Und er ist so fein, dass es, wenn überhaupt Chambolle-Musigny sein kann, mit ein bisschen Volnay. Eine extrem zarte Versuchung. Und gerade in einem so reifen Jahr wie 2020 sogar fast ein Gegenentwurf in Richtung Zartheit, in einem Wein, der aber immense Substanz hat. Der Wein kann Jahrzehnte altern. Hedonistisch, tänzelnd, energiereich und vibrierend. Das ist so ungemein schick! Und ob seiner hohen Reife, Energie und Finesse einfach nochmal stärker als 2016. Ich bin völlig begeistert. Das kann einer meiner Lieblingsweine werden. Und ob seines Preises – speziell in der Subskription – ist das Ganze für diese extraterrestrische Qualität auch noch sehr erschwinglich. 98-100/100