Riesling Kirchspiel 2022

Katharina Wechsler: Riesling Kirchspiel 2022

BIO

Zum Winzer

94–95+
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,5% Vol.
Trinkreife: 2024–2040
Verpackt in: 6er
9
frische Säure
mineralisch
3
Lobenberg: 94–95+/100
Suckling: 96/100
6
Deutschland, Rheinhessen
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Kirchspiel 2022

94–95+
/100

Lobenberg: Tonerde und Kalkmergel als Untergrund. Katharinas Kirchspiel ist Nachbar der anderen »GGs«. Katharina ist nicht im VDP, daher gibt es formal keine Großen Gewächse. Es ist aber die große Lage aus dem Keller und Wittmann ihre Monumente des Rieslings erzeugen. Das ist Katharinas beste Lage mit den ältesten Reben. Die beste Lage mag in Jahrzehnten irgendwann ihr Morstein werden, aber momentan sind die Reben im Kirchspiel wohl vorne. Mit den Löss-, Ton- und Kalkböden im Kirchspiel ist neben schweren und tiefen Böden vor allem die Kalkkomponente die herausstechende. Alle Erzeuger, die diese Lage bewirtschaften, holen aus dieser Lage ihren feinsten, straightesten Wein heraus. Die Weine werden hier als Ganztraube mit den Füßen getreten, angequetscht, dann bleiben sie ein paar Stunden auf der Maische stehen. Spontangärung. Danach erfolgt die Abpressung und die anschließende, spontane Vergärung im Stahl. Keine Kaltvergärung, sondern eher wärmere. Der Wein verbleibt danach auf der Hefe, ohne Aufrühren. Der Abstich und die Schwefelung erfolgen erst vor der Füllung. Der Wein zeigt, wie es sich für ein Kirchspiel gehört viel weiße und ganz feine gelbe Frucht mit schönem kreidigem Gripp drunter. Es wirkt nicht so viel kühler und schlanker als im Vorjahr, es ist total reif und balanciert. Er ist auch nicht so massiv, so polarisierend in seiner salzigen Kraft, sondern wirkt mineralisch-schlank, eher klassisch in der Art. Kein konzentriertes Monster, sondern ein feinziselierter, geradliniger Rheinhesse. Milde, helle Zitrusfrucht, feine Kräuternoten, Zitronenmelisse, wilder Fenchel. Katharina sucht im Kirchspiel die große Feinheit, keltert hier einen leisen Wein und keinen Blockbuster. Der Mund hat einen schönen Schliff, eine schlanke, kreidige Cremigkeit. Blüten und Zitruszesten im Finale. Ein paar Jahre der Reife sind hier angebracht, obwohl der Wein so eine schlanke, klassische Struktur hat. 94-95+/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

96
/100

Suckling über: Riesling Kirchspiel

-- Suckling: Still very youthful, but I already love the way the super-fine peachy fruit is interwoven with the chalky minerality and flinty freshness on the compact and concentrated palate. A touch of burnt sage character really makes this stand out in the crowd of high-end dry rieslings from this corner of Rheinhessen. Very long and focused finish that is laser beam straight. From organically grown grapes. Drinkable now, but best from 2024. 96/100

Mein Winzer

Katharina Wechsler

Erst 2010 beschloss Katharina Wechsler ihre Karriere in der Berliner Medienwelt aufzugeben. Zurück zur Scholle auf den elterlichen Hof, in die Heimat Westhofen. Und alles selbst machen, malochen sieben Tage die Woche, nur der Vater hilft mit.

Riesling Kirchspiel 2022