Lobenberg: Die Nase des El Tiznado ist sicherlich die feinste von den drei Weinen von Eduardo Eguren. Multikomplex schon im Angang, ultrafein. Schlehe mit Schwarzkirsche, sehr viel Veilchen und helle Lakritze, dazu eine feine Salzspur. Gar nichts Wuchtiges, sondern nur fein und in seiner rotschwarzen Fruchtausprägung auch sehr komplex. Dahinter kommen etwas gelbe Mango und Rosenblätter. Schick! Der Mundeintritt ist ultrafein, der Wein erinnert mich im Angang an Cheval Blanc, aber Tiznado ist klar feiner. Nicht besser, aber feiner im Mund. Es ist so zart und fein, gleichzeitig so intensiv, weil es so aromatisch ist. Blumig, dazu schwarze Kirsche, nicht süße Brombeere, nicht süße Cassis und helle Lakritze. So fein verwoben mit Milchschokolade, eine feine Salzspur rollt von hinten hoch. Der Wein ist konzentrierte Finesse! Eine andere Beschreibung fällt mir nicht ein, denn es kommt alles gleichzeitig. Ultrafein und gleichzeitig hochkonzentriert. Superfeine und geschliffene Tannine, nichts ist rau, nichts tut weh. Das neue Holz ist nicht spürbar. Der Wein ist hochreif und gleichzeitig frisch und kühl. Großer Stoff! 100/100 *** Cuentavinas ist das Mikro-Weingut von Edoardo Eguren, Sohn der berühmten Rioja-Dynastie. Drei Einzellagen in einer der besten Gemeinden der Rioja, winzige Produktionszahlen. Alles penible Handarbeit, ein Prestigeprojekt und zugleich ein sehr persönliches. Edoardo Eguren hat seine Grundausbildung in Australien und Kalifornien absolviert. Die Bearbeitung seiner uralten Buschreben ist etwas anders, mit einem speziellen Entblätterungssystem, das er in Australien gelernt hat. Das führt dazu, dass die Trauben und Beeren extrem klein bleiben. Der Ertrag liegt am Ende bei nur 500 bis 800 Gramm pro Pflanze. Aus einem Hektar Weinberg holt er weniger als 2.000 Flaschen. Er macht nie eine grüne Lese, weil er direkt nach der Blüte die Reben im unteren Bereich entblättert. Das härtet die Beeren ab und führt zu einem geringen Wachstum wegen geringerer Photosynthese. El Tiznado ist der Grand Cru für Edoardo, ein herausragender Wein aus einer der besten Lagen der Rioja. Es gibt nur 800 Flaschen von diesem ultrararen Stoff. Ein Weinberg mit 0,5 Hektar Fläche in der Lage El Hoyo, 1920 angelegt, also uralte Reben. Alles Tempranillo verschiedenster Genetik. Hochlage auf 500 Metern mit atlantischen Einflüssen, zugleich geschützt von den Gebirgen der Sierra Cantabria. Der Wein heißt „tiznado“, weil die Spanier so den extrem seltenen Bodentyp nennen, auf dem er wächst. Verwitterter Sandstein, größtenteils sandig und fein, mit ungewöhnlich hohen Eisenanteilen. Roter Sand also. Ein sehr spezieller Cru und daher auch Edoardos ganz persönlicher Grand Cru. Die Trauben werden komplett entrappt, die Maische im offenen Holzcuves spontan vergoren, für die Malo und den Ausbau wird der Wein dann in neue französische 500 Liter Fässer abgezogen.
Der Winter 2020/2021 brachte zwischen Dezember und März sehr viel Regen und Schnee, auch etwas Frost. Die Böden waren vor dem Austrieb der Reben mit ordentlichen Wasserreserven gefüllt – ein guter Start in den Jahrgang 2021. Die Blüte verlief bis auf kleine Verrieselungen ziemlich normal, kein Frost, kein Mehltau. Dann folgten nach einem trockenen Mai noch vor der Blüte große Regenmengen im Juni. Nach der Blüte begann ein sehr trockener, warmer, teils heißer Sommer. Hitze- und Trockenstress waren die Folge, die Reben machten ab Mitte August total dicht, um sich zu schützen. Die Beeren waren zu diesem Zeitpunkt dickschalig und kerngesund, Sorge bereitet aber die phenolische Reife, die durch den Stillstand der Reben nicht erreicht werden konnte. Dieses Phänomen gab es in allen Regionen der nördlichen Hälfte Spaniens, also in allen Topregionen. Von Anfang September bis zum 25. September gab es einige Tage satten Regen. Durch die neue Wasserversorgung setzten Photosynthese und Reifung sofort ein. Ab dem 25. September war es trocken, extrem sonnig und warm, nachts sanken die Temperaturen deutlich. Fünf traumhafte Wochen mit großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nach und hochintensiver Sonne folgten. Diese große Kühle, ja Kälte der Nächte, nach dem letzten Regen vom 25. September, gilt als der Schlüssel zu diesem großen, reifen und zugleich frischen Cool-Climate-Jahrgang. Das Ergebnis waren überall hochgesunde, dickschalige Beeren mit sattem Tannin und hoher Säure vor der Lese im Herbst. Die Weine sind weniger extremreif und immens als 2019, aber deutlich aromatischer und reifer als 2018, mit einer Frische, die ihresgleichen sucht.