Lobenberg: Nach einem nassen Frühjahr in dem viel gearbeitet werden musste folgte ein Sommer, der trocken und warm war, aber nicht extrem. Im Juli und September gab es nochmal kurze, ausgiebige Regenfälle, aber es trocknete alles rasch wieder ab, es gab also keinen Krankheitsdruck. Ganz im Gegenteil, man hat auf Grund der späten Blüte Mitte Juni dann bis Mitte Oktober gewartet und in voller Reife angefangen zu ernten. Die Ernte zog sich von Mitte Oktober bis zur zweiten Novemberwoche. Es gab dementsprechend eine extrem späte, reife Lese voll gesunden Traubengutes. Die Gärungen finden komplett in großen, offenen Holzgärständern statt. Die Weine werden anschließend über Jahre ohne Batonnage im Barrique ausgebaut. Der moderate Neuholzanteil beträgt ungefähr 25% bis 30%. Die Lese hier war weitaus später als im überwiegenden Rest Europas. Die daraus resultierenden bereits sehr kühlen Nächte und sonnigen Tage mit entsprechend hoher Temperaturamplitude machen 2018 für die Rioja zu einem denkwürdigen, einem ganz großen Jahrgang der Geschichte. El Carretil ist wie Pison ein Einzellagen-Rioja, es sind zwei der besten Lagen ganz Spaniens. Carretil ist immer etwas tänzelnder, etwas weniger reich und warm als Pison. Für mich ist Carretil häufig der beste Wein von Artadi. 2018 zeigt er die erste Nase nach Valdegines und La Poza, die nicht so extrem von der Frische gekennzeichnet ist, sondern die auch eine gewisse Generosität mit sich bringt. Wunderschöne, satte Kirsche, auch etwas Blaubeere, Unterholz und Veilchen, Minze und Eukalyptus. Sehr reich und trotzdem überhaupt nicht fett. Das ist Cool Climate, das ist auch Kalifornien, aber eher Richtung Atlas Peak, John Kongsgaard gehend, während der El Poza noch eher an Philip Togni erinnerte. Der Mund ist explosiv, so viel Kirsche zum Abwinken, Burgund, aber in einer Frische wie wir es aus diesen Lagen selten kennen. Das ist eine Art La Tâche mit etwas mehr Sauerkirsche darunter, so intensiv, so lang, darunter dieses Unterholz, Veilchen, ein bisschen Grapefruit, salzige Länge, hochintensive, aber total seidige Tannine. Ein Wein, der von Holz unterlegt ist und das Holz trotzdem nicht spüren lässt, ein Wein in einer unendlichen Länge, mit der Struktur eines Tempranillo wie ich sie bei Artadi im Grunde immer ersehnt habe. 2018 ist das nun eingetroffen, weil diese Frische das Holz frisst, weil das kleine Barrique nur noch zu 25% neu ist. So soll Tempranillo sein, das ist die Art Tempranillo wie ich sie sonst nur vom Las Beatas von Telmo Rodriguez kenne. Dieser Carretil, der gar nicht wieder aufhört in seiner salzigen Frische, der mit seiner intensiven, wunderschönen, burgundischen Kirsche, Schwarzkirsche, Sauerkirsche langläuft. Lakritze schwingt mit, Eukalyptus und Minze schwappen immer wieder hoch. Das Tannin zeigt diese feine Schärfe und ist dennoch so samtig und seidig. Grandioser, toller Stoff, ich bin restlos begeistert. 100/100