Lösnicher Försterlay Riesling Großes Gewächs 2023

Dr. Hermann: Lösnicher Försterlay Riesling Großes Gewächs 2023

2
Riesling
5
weiß, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2028–2043
9
mineralisch
frische Säure
exotisch & aromatisch
3
Lobenberg: 95/100
6
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Lösnicher Försterlay Riesling Großes Gewächs 2023

95
/100

Lobenberg: Christian Hermann hat lange herumprobiert seit 2009, um seine GG-Stilistik zu finden. Aber erst seit 2020 hat er selbst das Gefühl, dass er sie gefunden hat. Relativ alte Reben für Christian Hermann, die letzte Flurbereinigung war Mitte der 70er Jahre. Es ist ein klassisches Mosel-Fuderfass von 1000 Litern in dritter Belegung, also noch relativ neu, es gibt noch einen Touch Holz ab. Durchgegoren auf 0.8 Gramm Restzucker, knochentrocken, aber so verrückt es klingt, merkt man das überhaupt nicht. Der Jahrgang hat dermaßen viel Extrakt, dass jedes Gramm Zucker zu viel wäre. Er ist so wunderbar cremig in der Mitte, obwohl er im Grunde so ein mineralischer Extremist ist. Es ist eine fast voll nach Süden ausgerichtete Steilhang direkt an der Mosel. Das ist ein berauschend frischer Wein, lang und ultrafokussiert. Wow, ich probiere diese Försterlay als GG ja auch jedes Jahr bei Loosen und muss sagen sie ist auch bei mir noch immer unter dem Radar. Aber dieser Riesling ist so berauschend, schlank, extrem mineralisch, mitreißend in seinem Trinkfluss und dennoch nicht karg. Er hat eine innere Dichte, die ihn wie eine Eins stehen lässt. So eine enorme Kraft bei quasi Null Zucker, haben an der Mosel nicht viele geschafft in 2023. Ich bin wirklich beeindruckt von diesem chablis-artigen Mineralkracher, der wahnsinnig fokussiert ist, aber eben auch den Hermann-typischen Schmelz hat. Dennoch kein Stoff für Zartbesaitete, das ist schon ziemlich rasant und säuregetrieben, was hier abgeht.

Jahrgangsbericht

Der Winter 2022 auf 2023 brachte endlich, wovon wir in den letzten Jahren oft zu wenig hatten: Niederschlag. Dank Regen satt, waren die Wasserreserven nach dem viel zu trockenen 2022 endlich wieder gut gefüllt, was den Reben einen vitalen Start ins Frühjahr eröffnete. Nahezu keine Frostschäden und paradiesisches Wetter begleiteten eine tolle Austriebs- und Blütezeit, die die Winzerherzen höherschlagen ließ. Es folgte, woran wir uns – mit Ausnahme von 2021 – bereits gewöhnt haben: ein heißer und (zu) trockener Sommer. An den kargsten Standorten gab es wie im Vorjahr etwas Trockenstress. Die älteren Reben kamen aber aufgrund der satten Winterniederschläge glimpflich und sehr gesund durch den provençalischen Frühsommer. Nichtsdestotrotz hätte 2023 eine mittlere Katastrophe werden können, wenn die Trockenheit bis zur Lese so durchgepowert hätte, doch ausgerechnet der sonnenverwöhnte August brachte die Kehrtwende auf den Hacken, denn es war der regenreichste August seit langem. Ab Anfang/Mitte September – gerade recht zur Lesezeit – machte das Wetter vielerorts erneut eine Kehrtwende und schwenkte zurück zu sonnig-warmen, trockenen Verhältnissen. Die bereits kühleren Nächte ermöglichten eine hocharomatische Ausreifung, die 2023 diese gewaltige Fruchtstärke und kühle Brillanz beschert hat. Tatsächlich sahen die Trauben mancherorts aus wie von einem anderen Stern: goldgelb, hochreif und voll praller Energie und Saft. Ob 2023 wirklich DAS Jahr der Jahre ist, steht natürlich noch in den Sternen, aber die Vorzeichen sind mehr als grandios… es ist aus mehreren Gründen der faszinierendste Jahrgang der letzten Jahre. Kein Jahr zuvor war in der Vegetationsperiode so »sonnig« UND so »nass« zugleich. Also doch kein reines (Wein-)Wunder, dass 2023 diese wundervolle geschmackliche Mischung zwischen den aromatisch-dichten 2018ern und 2019ern, sowie den rassig-kühlen 2012ern und 2013ern ist. Warme, satte Agrumenfrucht ohne Ende, von Grapefruit bis Quitte ist alles dabei – und darunterliegend immer wieder dieser mitreißende Speichelturbo. Die Weine haben mehr Dichte als in 2020, eine höhere Reife als in 2021 und mehr Geschmeidigkeit als in 2022 – deshalb gefällt mir der Jahrgang beim Riesling in der Breite bisher auch besser als seine Vorgänger. 2023 kann sowohl 2021er Riesling-Freaks als auch Fans des runderen 2018 abholen. Die Einzigartigkeit der 2023er Rieslinge liegt im Akkord aus beeindruckender Dichte, die selten schwer wirkt, glasklarem Terroircharakter und einem Trinkfluss für die Götter. Die höhere Wasserverfügbarkeit der Reben hat vielen Weinen einen schwer in Worte zu fassenden »Fluss« verliehen. Die Besten sind so reich und geschmeidig, dennoch nie fett oder überwältigend, immer freudvoll und saftig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem phenolisch-festeren und etwas kargeren Vorjahr 2022, ist das ein Quantensprung in Richtung früher Trinkbarkeit und Gourmetfaktor. Ich kann mir gut vorstellen, dass 2023 sogar bei den großen Weinen für eine längere Zeit offen und zugänglich bleibt. Das gibt dem Jahr potenziell ein riesiges Trinkfenster, denn dank tiefer pH-Werte und großer Balance ist das allemal auch ein Jahrgang für den Keller. In der Spitze sind die 2023er buddhistische Rieslinge. Keines der letzten drei Jahre hatte ein so stimmiges Gesamtbild aus expressiver Frucht, samtig-dichter Textur und perfekt reifen Säuren. 2023 fließt einfach – Hedonismus pur!

Mein Winzer

Dr. Hermann

Das Weingut Dr. Hermann in Erden entstand 1967 aus der Erbteilung des Erzeugers Joh. Jos. Christoffel Erben in Ürzig. Der Großvater, der Mediziner Dr. Christian Hermann, gründete damals sein eigenes Weingut. Heute leiten Rudi Hermann und Sohn Christian Hermann zusammen den Betrieb. Es ist aber...

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