Lobenberg: Die Lese begann bei Lamy am 27. August, genau am selben Tag wie 2017, also sehr früh. In Chassagne und Puligny gab es eine gute Ernte in 2022, im etwas kargeren, steinigeren Saint-Aubin gab es etwas weniger Ertrag, weil es so trocken war. Es gab keinen Trockenstress in Saint-Aubin, aber es war schon an der Kante kurz davor. 2022 ist allerdings nie in die Überreife abgerutscht wie 2003 und auch nicht eingetrocknet wie 2015 und 2020, weil es permanent mehr Wasser gab. 2022 ist in der Auslegung eher zugänglich und mit einem Charakter, den man am ehesten mit eleganter Opulenz beschreiben könnte. Es ist ein bisschen der Nachfolger von 2019 mit hoher Reife und zugleich recht stabiler Säure, was dem Jahr eine sehr schöne, trinkfreudige und geschmeidige Balance verleiht, also so ziemlich genau das, was man sich wünscht, wenn man einen Jahrgang malen könnte. Jedenfalls wenn man nicht auf die Säure-Jahre wie 2021, 2014 oder 2013 abfährt. Super-hohe Pflanzdichten, hohe Laubwände und niedrige Erträge sind sein Markenzeichen. Er ist ein Visionär, dessen Vorbild mittlerweile viele junge wilde Winemaker folgen im Burgund. Die Reben in Les Frionnes sind teils sehr alt, in den 1930er Jahren gepflanzt, auch 1960 und 1985, was dann eine Selection Massale von Familie Lamy war. Ein steinig-karger Lehm-Kalkboden. Die Lage erstreckt sich am Cru-hang direkt hinter der Domaine Hubert Lamy, es ist das ziemlich perfekt exponierte Mittelstück. Links und rechts geht es etwas in kühlere, waldigere Abschnitte, aber im Zentrum eine super exponierte Lage. Spontan vergoren und ausgebaut im 350 Liter gebrauchten Holz für rund ein Jahr, dabei die gesamte Zeit auf der Hefe wie üblich bei Lamy. Der Wein zeigt eine für Lamy überraschend gelbliche Frucht, aber das ist eben auch der Jahrgang, dennoch ist er voller Elektrizität. Feuerstein und Schießpulver mit Grapefruit und Zitronengras. Trotz seiner kraftvollen Reife hat er eine extreme Steinigkeit, wow! Der Mund kickt so enorm, das hätte man selbst von der spannungsreichen Nase nicht erwartet. Salz, Salz und Salz, dann wieder kalkige, feste Gerbstoffe, die das Ganze einrahmen. Atemberaubende Konzentration aus der fokussierten, gnadenlos geradeaus laufenden Mitte. Ein superber 1er Cru aus diesem kleinen Hochlagendorf und Heimat der Domaine.