Lobenberg: Das ist das Gegenstück in der Machart zum Côte du Rhône Cuvée Spéciale. Im Grunde die Turboversion. Und wenn der Côte du Rhône Cuvée Spéciale ein Fonsalette von Rayas ist, dann sind wir mit diesem Châteauneuf einfach in der gleichen Liga vom Châteauneuf von Rayas. Gerade in 2021 – diese unendliche Feinheit und die leichte Rappenwürze passen hervorragend zu dieser intensiven Komposition aus Himbeere, Erdbeere und Kirsche und dieser kreidigen, blumigen Finesse. Eine Feinheit, wie sie nur auf diesen sandigen Böden auf La Crau entsteht. Alles schwebt, der Wein ist intensiv und trotzdem so unendlich fein. Konzentrierte Finesse – anders kann man es nicht sagen. Aber ganz anders als der zuvor probierte Gigondas Vieilles Vignes, der Best Ever war. Hier in Châteauneuf sind wir speziell auf dieser Lage La Crau noch feiner, noch tänzelnder. Und was wir im Gigondas schon hatten, haben wir hier auch, nur anders: Es ist eine hyperkonzentrierte Finesse, man kann es nicht anders sagen, weil die Tannine so unendlich fein sind. Es liegt Chili darunter, aber es ist nichts Rustikales, es ist einfach nur fein bleibend. Nichts tut weh, nichts schmerzt. Die Frische und die Rappen sind voll intensiv dabei und schaffen die Balance. Die Säure ist präsent, die Säure hat Schärfe, aber nichts ist aufdringlich oder schmerzt. Es ist einfach nur eine hyperkonzentrierte Finesse und Schönheit mit großer Länge. Aber die Länge kommt aus der tänzelnden Schönheit. Der Gigondas mag etwas intensiver sein in der Aromatik und Blumigkeit. Hier in diesem Châteauneuf haben wir genauso viel Länge, aber es ist alles noch feiner. Verblüffend zart über die Zunge gleitend. Auch im Abgang, man kann ihn nicht ausspucken. Einfach nur schön und intensiv. Der Vergleich mit Pinot Noir und Burgund trifft es nicht wirklich, denn diese Cuvée Spéciale ist eindeutig 100 Prozent Châteauneuf-du-Pape. Den kann man nirgendwo anders unterbringen als genau in dieser Lage, auf diesem Berg in Châteauneuf-du-Pape. Gerade 2021 profitiert nochmal von der Vergärung mit 100 Prozent Rappen, weil es so eine wunderbare Würze in den Nachhall bringt, in die cremige, kreidige, kalksteinige, sandige Finesse. Ich bin gespannt, ob es 2021 bei Clos des Papes auch so fein zugeht. Aber im Grunde ist diese unendliche Ausgewogenheit genau das, was die Freude ausmacht. 10 Jahre warten, 15 Jahre warten. Dieser grandiose Hedonismus steht für das Beste, das Châteauneuf hervorbringen kann. Superber Stoff! 100/100 *** Die Cuvée Spéciale besteht aus 100 Prozent Grenache von über 100 Jahre alten Reben, die nach der Reblauskrise neu gepflanzt wurden. Sie liegen unten am Grund von La Crau auf Lehm- und Sandböden. Der 2021er hat 14,5 Volumenprozent Alkohol. Der Trauben werden nicht entrappt und als Ganztrauben im Beton spontan vergoren. Danach erfolgen Malo und der zwölfmonatige Ausbau in Barriques mit Zweit- und Drittbelegung. Anschließend wird der Wein für weitere 12 Monate in große Doppelstückfässer von Stockinger gelegt. Die Weine werden nicht geschönt und nicht filtriert, bevor sie in die Burgunderflaschen gefüllt werden. Seit dem Jahrgang 2020 mit der teuersten Korkvariante von DIAM ausgestattet, die neben Naturkork 100 Prozent natürliche Materialien wie Rizinusöl und Bienenwachs enthält.
Der Jahrgang 2021 stellt an der Rhône zweifellos einen Einschnitt in der Reihe der heißen, trockenen, mediterranen Jahrgänge dar, wie wir sie spätestens seit 2015 durchweg erlebt haben. 2021 erinnert viele Winzer im Rhônetal gar an die »guten alten Zeiten« vor 20, 30 Jahren – späte Lese, hohe Säurewerte und eine Phenolik wie es sie zuletzt in den 90ern gab. Ein Jahrgang der großen Emotionen, ein ständiges auf und ab der Gefühle: Die extreme Frostepisode vom 7. bis 9. April mit Temperaturen von teilweise fast -10°C betraf fast alle französischen Weinbaugebiete. Teilweise sorgte der Frost für einen kompletten Ernteausfall. Drei Wochen lang regte sich gar nichts in den Weinbergen des Rhônetals. Wie durch ein Wunder trieben viele Reben doch noch aus, aber nicht ohne Folgen: Die eiskalten Nächte brachten die Natur aus dem Gleichgewicht, der Wiederaustrieb verlief geradezu anarchisch, die Arbeit im Weinberg war extrem anspruchsvoll und verlangte den Winzerinnen und Winzern alles ab. Die erfreulichen Regenfälle während des gesamten Vegetationszyklus, die gemäßigten Temperaturen im Sommer und der goldene Herbst sorgten für ein großes Durchatmen. Am Ende wird 2021 nicht nur als Jahrgang der plötzlichen Wiedergeburt der Klassik, der Feinheit und Eleganz in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen des immensen Aufwands – nur, wer 2021 alles gegeben hat, wurde am Ende mit ultrafeinen Weinen belohnt, wie wir sie seit Jahren nicht mehr im Glas hatten. An der südlichen Rhône ist 2021 ein Jahr der puren Trinkfreude. Alles ist sofort da, offen und so unglaublich fein. Die Alkoholgrade liegen rund 1,5 Prozent unter denen der vergangenen Jahrgänge. Sowohl die Weißen als auch die Roten sind hervorragend balanciert und bestechen mit guten Säurewerten und hoher Frische. Die Weine sind hocharomatisch, die Frucht ist schmeichelhaft und fast schon spielerisch-abgehoben. Eine Grenache voll auf der Pinot-Spur – wann gab es das zuletzt?! Die nördliche Rhône bringt 2021 einen Stil, den dort viele für nicht mehr möglich hielten: Extrem fein und verspielt, fast schon schwebend und mit einer genialen Frische ausgestattet. Ein Jahr für große Weißweine mit strahlender Aromatik und hervorragender Lagerfähigkeit, ein Jahr für herrlich klassische, stilvolle, delikate Rotweine mit betörend ätherischen Noten von Pfeffer und Veilchen und ultrafeiner, aber aufregender Tanninstruktur. All in all ist 2021 an der Rhône ein Jahr für Finessetrinker, für Liebhaber der Feinheit, der Frische und der Eleganz. Lange hat man sich nach solchen klassischen Jahren gesehnt. Aber klassisch mit einem genialen Twist, denn am Ende vereint 2021 mit seiner schlanken, hochfeinen Art und der genialen Duftigkeit und Aromatik das Beste von damals und heute. »Zurück in die Zukunft!« – das beschreibt diesen aufregenden Rhône-Jahrgang wohl letztlich am besten.