Lobenberg: Das Weingut hat nur zehn Hektar. Davon sind fünf Hektar Garten. Es ist das einzige Château überhaupt, das mit Adresse direkt in Bordeaux liegt. Nur fünf Hektar uralte Weinberge. 2016 wurde ein kompletter Neubau direkt neben dem alten Château errichtet. Ein von Philippe Starck designter Komplex. Modern, aber auch genial. Die Cuvée in 2019 besteht aus 42 Prozent Cabernet Franc, 31 Prozent Cabernet Sauvignon und 27 Prozent Merlot. Also eine Dominanz von Cabernet Franc, was eine Seltenheit und große Ausnahme ist. Der Wein hat einen Alkoholgehalt von 13,3 Volumenprozent und einen pH-Wert von 3,56. Geringer Alkohol und sehr hohe Säure. Die Besonderheit bei Carmes Haut-Brion ist auch die Art der Vinifikation. Die Weine werden komplett entrappt und dann 30 Prozent der reifen, braunen Rappen zur Gärung zugegeben. Die Beeren werden auch nicht angequetscht, um nur die weicheren Tannine aus den Häuten zu extrahieren und nicht die grünen Tannine aus den Kernen. Es wird nicht übergepumpt und nicht untergestoßen, aber es wird ein pneumatischer Ballon oben in die Gärtanks gedrückt, der den Tresterhut unterhalb der Flüssigkeitslinie hält. Eine aus dem Barolo und dem Burgund bekannte Methode für eine sanfte Extraktion. Am Ende wird auch nicht hart gepresst, sondern mehr oder weniger nur der Free Run Juice verwendet. All das wird getan, um nichts Hartes in die Weine zu bekommen und trotzdem die Frische aus Rappen zu erhalten. Die hohe Säure des Jahrgangs 2019, der niedrige pH-Wert und auch der niedrige Alkoholgehalt geben dem Weingut recht, dass sie hier auf einem extremen Weg sind. Es wird biodynamisch gearbeitet, allerdings ohne Zertifizierung. Mit 42 Prozent Cabernet Franc vor den 31 Prozent Cabernet Sauvignon haben wir hier eine eindeutige Dominanz. Eine Cuvée, wie sie eigentlich nur am Rechten Ufer vorkommen kann. Der Wein strahlt vor Himbeere, mit einem leichten Hauch Erdbeere an der Seite. Grandios fein, der Wein erinnert mich sofort an Château Jean Faure und Château Coutet – beide aus Saint-Émilion. So unendlich fein, rotfruchtig, verspielt. Feine, salzige, mineralische Note an der Seite. Leichte Chilischärfe in der Nase. Ein Traum von Wein. So viel Charme, so viel wunderbare Frucht. Auch im Mund superfein. Waldhimbeere, Walderdbeere, dann kommt süße rote Kirsche und eine große Fracht salziger, steiniger Mineralität. Die unendliche Feinheit, die die gesamte Appellation Pessac-Léognan 2019 auszeichnet, wird hier auf die Spitze getrieben. So zart und trotzdem gleichzeitig so extrem mineralisch. Die salzig-steinige Mineralität verleibt für Minuten zusammen mit der Himbeere auf der Zunge und am Gaumen. Grandiose Länge eines extrem feinen Weines. Dieser Carmes Haut-Brion setzt der Appellation meines Erachtens die Krone auf und ist der beste Ausdruck für den Jahrgang. Einfach nur großer Stoff, mit ultrakleinen Mengen. 100+/100