Lobenberg: Château La Croix ist ein Weingut der Familie Janoueix. Jean Philippe Janoueix ist persönlich verantwortlich für die Weinberge und den Keller. Es ist das winzige Weingut seiner Eltern mitten in Catusseau, direkt neben Beauregard. Seit Ewigkeiten ein Geheimtipp. Schwer zu finden, da der Wein nicht über den Place Bordeaux läuft, sondern nur über wenige exklusive Importeure vertrieben wird. Das ist das klassische Old Fashion Weingut in Sachen Vinifikation. Aber das basiert natürlich auf dem Terroir. Früher, also vor dem stärker einsetzenden Klimawandel ab 2009, wurden die hier vorherrschenden Sandböden in Pomerol verpönt, gerade in den 70ern und 80ern. In feuchten und zu kühlen Jahrgängen blieben die Weine von den Sandböden zu leicht und meist auch etwas grün. Erst im Lauf des Klimawandels stellte sich heraus, dass diese Böden dafür ganz hervorragend geeignet sind und sowohl grandiose Finesse hervorbringen als auch die Wärme und die Reichhaltigkeit der Jahrgänge. Die Weine von diesen Böden, wie jene von La Croix, dem Nachbar Beauregard, Château Mazeyres oder sogar Le Pin, ein in Steinwurfentfernung liegender Nachbar, bringen eine wahnsinnige Verspieltheit. Sie brauchen aber warme Jahrgänge. Seit 2015 gehören die Domaines von diesen Böden immer mehr zum Allerbesten der Appellation. Der 2019er La Croix hat eine totale Säure von 3,49 Gramm, dazu einen pH-Wert von 3,68. Sandböden auf etwas Kalkstein, nur etwas, aber kein schwerer Lehm. Der Wein wird klassisch im Zement spontan vergoren. Nach der Gärung bleibt der Wein noch drei Wochen auf den Schalen. Der Ausbau geschieht nur zum Teil in neuem Holz, seit 2015 überwiegend in Stockinger Holzfässern von 1500 bis 2500 Litern, um weiter vom Holzeinfluss wegzugehen. Nur ganz vorsichtiges Pumpover während der Vergärung. Ab 2017 trat der neue Önologe in das Weingut ein, der zuvor auf Clinet sieben Jahre lang verantwortlich war. Ein ausgewiesener Großmeister der Finesse, was natürlich für La Croix perfekt passt. Das Weingut wird immer noch von den Eltern von Jean Philippe bewohnt. Sie nehmen auch nach wie vor Einfluss auf die Vinifikation. La Croix ist ein fast reinsortiger Merlot, der allerdings teilweise bis zu fünf Prozent Malbec dabeihat. Erstaunlich an 2019 ist, dass er trotz der hohen Reife, trotz der extrem langen Trockenperiode mit minimalen Regenmengen und den meisten Sonnenstunden seit Beginn der Wetteraufzeichnung in Bordeaux nur 13 Volumenprozent hat. Damit sogar ein halbes Volumenprozent weniger als 2018. Die Nase – wie könnte es 2019 anders sein – weist einen kleinen Hauch Blutorange auf, eine minimale Spur Sanddorn. Aber dann eine massive schwarze Kirsche, hochintensiv und duftig. Nur ein ganz leichter Hauch Cassis darunter. Maulbeere, Johannisbrot und etwas Holunder. Lang, dicht, getrocknete Blaubeerschalen und eine feine Lakritzspur mit satten Veilchen darunter. Duftig, auch ein bisschen Rosenblätter, dunkel und intensiv, aber null fett. 2019 kommt im Mund feiner rüber als 2018, etwas schlanker. Das spiegelt sich auch im etwas geringeren Alkoholgehalt wider. Der Wein ist sehr verspielt und hat eine etwas höhere Frische als 2018, obwohl in 2018 der pH-Wert niedriger und die Säure höher lagen. Aber das ist eben die Besonderheit des Jahrgangs 2019. Im Mund ist die schwarze Frucht schlank und fein, aber sehr präsent, die Schwarzkirsche ist sicherlich die Dominante. Aber Schlehe und Saukirsche, getrocknete Sauerkirschschalen, viel Salz, Veilchen, Lakritz und Blumigkeit machen einen Pomerol, der überhaupt nicht üppig ist, natürlich auch bei weitem kein fetter Saint-Émilion. Für einen Pomerol ist das aber schon arg verspielt und extrem trinkig in dieser tänzelnden Verspieltheit. Die Tannine sind noch nicht einmal samtig, sondern einfach nur seidig. Das Ganze ist spielerisch, und hat einen wahnsinnig schönen Trinkfluss. Aber anders als 2018, der in Harmonie schwelgte, kommt in 2019 auch ein frisches Spannungselement dazu. Im Grunde genommen ist 2019 dem 2018er schon sehr ähnlich, er hat nur noch dieses Stück mehr Frische, dazu eine spannungsaufbauende Dynamik im Mund. Im Nachhall bleiben mehr Mineralität und mehr krautwürzige Frische mit etwas Minze hängen. Total reif und gleichzeitig sehr frisch. Obwohl es sich so liest, ist der Wein meines Erachtens nicht besser als der 2018er, der einfach so extrem harmonisch und perfekt war. 2019 ist einfach einen Hauch spannender und aufregender, aber gleicher Level. Ich bin froh, dass ich mit La Croix arbeite. Anders als bei L´Evangile, La Conseillante und anderen bleibt es hier immer auf der extrem geschmeidigen Seite. La Croix ist dabei schwarzfruchtiger als beispielsweise Vieux Château Certan. Im Grunde geht la Croix in Sachen Trinkvergnügen noch an dem etwas monolithischeren, dichteren Beauregard vorbei, in die Richtung wie VCC, Le Pin, kostet dafür aber nur einen Bruchteil. Auch, wenn er diese beiden Vorbilder sicherlich nie erreichen kann, denn VCC und Le Pin sind zurecht die Ikonen schlechthin. Nennen wir La Croix einfach einen Le Pin für Arme. Das reicht allemal, um ihn sich in den Keller zu legen. 99-100/100