Lobenberg: Haut Bailly hat in den letzten 10 Jahren gewaltige Anstrengungen im Weinberg unternommen. Erstmals mit 2012 haben sie den Rebschnitt komplett umgestellt, auf eine, auch in Deutschland inzwischen immer mehr in Mode kommende Biodynamikmethode, die den Fluss des Saftes weniger unterbricht. Dafür ist extra ein eigenes Trainings-Team aus Italien ins Bordeaux gereist, und hat alle Mitarbeiter viele Wochen lange unterrichtet. Das Ergebnis ist ein weitaus längeres Leben der Reben und eine deutlich verbesserte Gesundheit, speziell bei den alten Weinbergen mit einem Alter von bis zu 120 Jahren. Haut Bailly ist schon lange in totaler Dichtpflanzung. Das wird hier Jahr für Jahr noch weiter getrieben. Also ganz geringe Erträge pro Rebstock, inzwischen unter 500 Gramm Ertrag pro Rebe. Die Weinberge werden biologisch bearbeitet. Der Betrieb ist aber nicht zertifiziert. Cabernet Sauvignon 53%, Merlot 40%, Petit Verdot 4% und Cabernet Franc 3%. Die Lese fand zwischen dem 26. September für Merlot und bis zum 18. Oktober für Cabernet statt. Die Nase ist ähnlich wie auch schon beim 2015er im letzten Jahr, alles nur noch ganz fein. Eine Wolke von schwarzer und roter Kirsche, reifer Zwetschge, dunkle Schokolade und Lakritze, auch Holunder, alles präzise und ziemlich präsent. Nur ein Hauch von Eukalyptus und Minze. Im Mund sehr schöne Süße zeigend. Süße Zwetschge, süße schwarze Kirsche, auch Maulbeere, sehr fein. Nur minimal Cassis. Überhaupt nicht marmeladig, sondern nur fein und stylisch. Extrem präzise in seiner überwiegend kirschigen Frucht, dazu mit einem wunderbaren Geradeauslauf. Fein verwoben. Tolle Salzspur. Aber nichts ist heftig. Das Tannin ist ultrageschliffen. Noch feiner als 2015 und noch präziser. Raffiniert, voller Finesse. In dieser Feinheit erinnert er mich am ehesten an Chateau Seguin. Vielleicht noch eine Spur darüber in der Feinheit. Selbst der geniale Pape Clement und Smith Haut Lafitte kommen an diese unglaublich raffinierte Feinheit nicht heran. Man muss aber Fan dieser extremen Finesse sein. Diese Verspieltheit, dieses extreme Delikate und unanstrengende Köstlichkeit. Ein superber Wein, ein Pessac Léognan wie ein ultrafeiner Pomerol und trotzdem mehr auf Kirsche laufend. Und in der Mineralität unverkennbar Pessac. Das ist eines der Highlights des Jahrganges. Aber nochmal: Die schönsten Weine des Jahrganges 2016 sind häufig nicht klassisch, traditionell etwas rustikales Bordeaux, sondern unendlich fein, köstlich, delikat, stylisch und schick, leichtfüßig und mit genialem Trinkfluss, soooo unanstrengend, so wie dieser atemberaubend elegante Haut Bailly. Ein Traum 100/100