Lobenberg: Deyrem Valentin existiert schon seit 1730 in dieser Ausdehnung und befindet sich seit 1928 im Besitz der Familie Sorge. Die Regisseurin ist die Tochter des Hauses, Christelle Sorge. Das Weingut hat insgesamt 13 Hektar. Beraten wird es von niemand geringerem als Hubert de Boüard, dem Besitzer von Château Angelus in Saint-Émilion. Das winzige Weingut liegt Mitten in Margaux auf einem Sand und Kies Plateau. Hervorragende Drainage. Das Durchschnittsalter der Reben liegt bei gut 40 Jahren. In den letzten zehn bis 15 Jahren wurde massiv in die Weinberge investiert: Bessere Klone, höhere Pflanzdichte. Die Familie Sorge liegt mit ihrem Besitz auf dem besten Terroir von Margaux und wird oft nicht beachtet. Vielleicht ist das Weingut einfach zu klein. Es ist eines der Superschnäppchen von Margaux, bekommt aber, eben ohne im Bereich der klassifizierten Weine zu sein, niemals die Aufmerksamkeit, um je eine große Nummer zu werden. Was uns sehr recht ist, denn Deyrem Valentin ist nicht nur einer der vorzüglichsten Weine in der Appellation, sondern eben auch das Superschnäppchen. In Margaux war 2019 das Frühjahr recht kühl und feucht. Es gab speziell beim Merlot eine recht hohe Verrieselung. Der Jahrgangsverlauf mit der großen Trockenheit und Wärme des Sommers, durchbrochen von einigen wenigen Regenschauern, führte zu einer zeitlich relativ normalen Ernte: Merlot Ende September, Cabernet Sauvignon bis zur zweiten Oktoberwoche. Die spontane Fermentation verlief problemlos und zügig. Direkt danach die malolaktische Gärung in den Barriques, auch diese verlief in einem Rutsch – all in all ein idealer Verlauf. Hochreife Merlot mit hohen Alkoholgraden zusammen mit Cabernet, die die nötige Frische mitbrachten. Für die Appellation Margaux ein großes Jahr. Bei der Cépage hat Merlot etwas mehr Anteil als Cabernet Sauvignon, so wie es in der Appellation Margaux auch üblich ist. Die Nase des 2019er wird auch genauso dominiert. Flüssige Schokolade in reifer, schwarzer Kirsche. Pikante Süße, Maulbeere mehr noch als Brombeere. Dazu ein leichter Hauch getrocknete Blaubeerschalen darunter. Ein Hauch Schlehe scheint durch, Süße aus Veilchen, Holunder und ein Touch minziger Eukalyptus. Insgesamt ziemlich üppig, mit viel Charme und viel Frucht. Im Mund die Überraschung: Hier wird das ein richtig pikanter Margaux. Die rote Frucht der Cabernet siegt eindeutig über die schwarze Frucht der Merlot. Viel reife rote Johannisbeere, auch ein bisschen würzige Waldhimbeere, Schlehe, Sauerkirsche, Süßkirsche und ein bisschen Zitrusfrucht. Salz, Steinigkeit, darunter ein Hauch Krautwürze. Wunderbare Frische in der süßen roten Frucht, pikant. Das Spiel zwischen der Sauerkirsche, der Himbeere, der roten Johannisbeere und der süßen schwarzen Kirsche und Maulbeere ist schon famos. Pikant und voller Finesse und gleichzeitig wollüstig üppig. In einer Blindverkostung hätte ich den Wein für eines der höherklassifizierten Weingüter gehalten. Nein, natürlich nicht die allererste Reihe, aber in den gehobenen Mittelbau allemal einzuordnen. Ein ganz wunderbarer Deyrem Valentin, der in seiner Pikanz und in seinem multikomplexen Spiel sogar noch am hervorragenden 2018er voreizieht. Leichte Bitterkeit und metallische Noten im Abgang. Ein Phänomen, das wir 2019 bei ganz vielen Weinen haben, denn 2019 ist insgesamt sehr reif und hat gleichzeitig Frische und manchmal auch etwas bittere Elemente. Der Jahrgang lebt von diesem Gegensatz. Ein toller Margaux. 94-95/100