Lobenberg: Es gibt eine spezielle Parzelle auf Chateau Coutet, die Cuvée Demoiselle heißt. Cuvée Demoiselle kommt aus zwei kleinen Plots aus den höchsten Lagen von Coutet, welche direkt neben Beausejour Duffau liegen. Es sind die ältesten Reben des Hauses, über 80 Jahre, Cabernet Franc und Merlot, aber nur die spezielle, uralte Form der Merlot mit winzigen Beeren und rotem Saft. Und so gehen sie auch in den Wein. Diese Supercuvée wird auch in eine Spezialflasche mit verschweißtem Glas gefüllt. Dann kostet er allerdings 300€. Das ist der gleiche Wein. Ein Wein, der für Jahrhunderte weggelegt werden soll. Lassen sie uns bei der normalen Flasche bleiben, diese 50/50 Cuvée aus den ältesten Reben vom besten totalen Bio-Terroir in Saint Emilion ist schon sehr speziell. In diesem Wein ist eben die Merlot-Form, die auch ohne Schalenkontakt einen roten Saft hat. Mit extrem kleinen Beeren. Eine Form, die es nur noch auf Chateau Coutet gibt. Die Urform des Merlot. Die Reben aus diesem Plot sind über 80 Jahre alt. Das Besondere an diesem speziellen Wein ist, dass er per Hand mit 70 Freunden Beere für Beere im Weinberg von der Traube gepickt wird (wirklich) und dass er komplett im Holz vergoren wird und bei der Mazeration extrem lange auf den Schalen belassen wird. Es wird alles ohne pumpen und ohne künstliche Bewegung mit den Füßen getreten. Der Wein verbleibt dann bis zum folgenden April im großen Holzfuder und wird erst dann in Barriques gefüllt. Auf Coutet wurde 2018 auf Grund des Mehltaus kein normaler Château Coutet als Primeur erzeugt, nur eben jene Cuvée Demoiselle, die wie gesagt auf dem reinen Kalksteinplateau oberhalb des normalen Coutet wächst. Auch im Jahr 2018 besteht die Cuvée zu gleichen Teilen aus Cabernet Franc und dem eingangs erwähnten sehr speziellen Merlot. Man hat sich hier dieses Jahr entschlossen nur das 100% gesunde Lesegut der Demoiselle als Wein zu kommerzialisieren, es gibt weniger als 4000 Flaschen von dieser Rarität, die auf die Welt verteilt werden, es gibt also nur minimale Zuteilungen. Es gab auch eine extrem kleine Menge Coutet, diese war aber nicht ausreichend, um die weltweiten Stammkunden zu beliefern, und somit wird dieser Wein erst mit zwei Jahren Verzögerung in kleinen Teilen auf den Markt gebracht. Die Nase des Demoiselle ist ein Kuriosum, das war auch 2017 und in den Vorjahren schon so. Der Duft ist wie aus einer anderen Welt, er changiert zwischen Assam und Darjeeling Tee, Himbeersaft, Hagebutte, würzige, tiefe Erdbeere, Cranberry, Schlehe, aber alles in allem eine antike Version eines Duftes, wie man ihn ganz selten im Leben riecht. Ich kann diesen Weinduft nicht besser beschreiben, weil mir einfach ein Vergleich fehlt. Ich kenne keinen Wein, der so extrem ist in seiner Offenbarung und gleichzeitig so sehr in sich gekehrt, der berauscht und betört und gleichzeitig wie von vorgestern erscheint. Und das gleiche unbeschreibliche Bild spielt sich auch im Mund ab. Es ist eine Explosion - oder sollte man es mehr eine Implosion nennen? Das ist roter Saft mit einer sensationellen Säure und Frische, die einem den Mund zusammen zieht, der ganze Gaumen spannt sich an, das ist ein Eintritt von roter Frucht einer ganz anderen Art, eine säuregetragene Himbeere mit weißer Schokolade beladen. Der Wein ist saftig und gleichzeitig trocknet der Gaumen aus und die Zunge rollt sich. Alles bleibt belegt für Minuten, so intensiv, und trotzdem ist der Wein nicht überfordernd, trotzdem ist der Wein eine sagenhafte, unglaubliche Delikatesse. Und jeder mag es bitte glauben, wenn man diesen Wein in den Mund nimmt, weiß man wie vor hunderten Jahren der Ursprung geschmeckt haben muss. Dieses total in sich gekehrte, irgendwo der Ursprung aller Geschmäcker, es erinnert mich ein wenig an meine Erlebnisse in Georgien mit den Weinen aus den Quevris, den klassischen Tonamphoren der Antike. Auf der Zunge verbleibt eine deutliche Salzspur, die Zunge fühlt sich immens salzig an, es ist kein aggressives Salz, es ist Fleur de Sel, welches für Minuten alles belegt. Das ist eine solch tiefverwurzelte Terroir-Verbundenheit mit dem Kalkstein. Nein diese Cuvée Demoiselle will und muss nicht mit einem normalen Wein konkurrieren und manch ein Cheval Blanc und Ausone Käufer wird auch von dieser Demoiselle enttäuscht sein, weil es nicht den modernen Vorstellungen entspricht. Der Wein ist so fern den Nachbarn Angelus und Beausejour Duffau, das auf dem Plateau direkt daneben liegt. Das ist einfach ein Wein der völlig anderen Art und es ist auch ganz egal ob man diesem Wein 85 oder 100 Punkte gibt, weil er einfach mit normalen Maßstäben nicht zu messen ist. Ich gebe ihm wie im letzten Jahr wieder 100 Punkte, weil es einfach so eine extraterrestrische Erfahrung ist. Und es gibt so wenig, es reicht völlig, wenn man sich 3 Flaschen beiseitelegt und diese Erfahrung in großen Abständen immer mal wieder macht. Das hier ist einfach anders. 100/100