Lobenberg: Clos Manou besteht 2023 aus 70 Prozent Cabernet Sauvignon, 22 Prozent Merlot, acht Prozent Petit Verdot. Es gibt 65.000 Flaschen von diesem Wein. Er hat 13,2 Volumenprozent Alkohol und einen pH-Wert von 3,69. Der Tanninwert ist genauso hoch wie 2022. Wow, was für eine Cabernet-Nase, so eindeutig! Clos Manou ist seit vielen Jahr so ein Vorreiter – so puristisch… Das ist Pauillac-Stilistik, aber schlank bleibend und fein, extrem poliert. Viel rote Frucht mit roter Johannisbeere, roter Waldhimbeere, Sauerkirsche und etwas Cranberry. Sehr viel Spannung und Rasse zeigend in der Nase. Dazu Salz, Kreide, ganz helle Lakritze und etwas Veilchen. Sehr schick, sehr einladend! Im Mund wird diese Spannung aufgegriffen. Der Wein hat nicht ganz das Fett von 2022, nicht ganz die Wucht, aber bei niedrigerem Alkoholgehalt eben auch eine unglaubliche Finesse – fein, tänzelnd und mit wahnsinniger Spannung. Der Wein steht für zwei Minuten und rollt immer wieder hoch mit Sauerkirsche, Cranberry, Kreide, Lakritze und Veilchen. Er bleibt schlank und ist trotzdem hochintensiv im Mund. Eine filigrane Schönheit mit viel Bums – die eiserne Faust im Samthandschuh. Stilistisch irgendwo zwischen Léoville Las Cases und Pichon Lalande einzuordnen. Aber natürlich zarter, verspielter und filigraner in der Ausrichtung. Ein wunderschöner Wein! Einmal mehr der absolute Superstar im Médoc. Die dramatische Akribie, die Stephane im Weinberg und im Keller leistet, ist weltweit unerreicht, ich bin immer wieder verblüfft. Für diese Klasse muss man in Pauillac – was der naheliegendste Vergleich ist, denn Clos Manou ist deutlich feiner als die Weine aus Saint-Estèphe – sicherlich an die 70 Euro ausgeben, um sich in dieser Qualitätsstufe zu bewegen. Wie immer ist das ein Blockbuster der Finesse mit einem genialen Preis-Qualitäts-Verhältnis. Hinter der wuchtigen Kraft von 2022 zurückbleibend aber ob seiner vibrierenden und intensiven Cabernet letztlich auf dem gleichen Qualitätslevel. Hedonistischer, feiner, köstlicher als 2022 bei gleicher Vibration und geringerer Power und Wucht, halt mehr Finesse. Wieder das Preis-Leistungs-Wunder des gesamten Medoc! *** Das kleine Weingut Clos Manou liegt im äußersten Norden des gesamten Médoc-Gebiets, weit nördlich von Saint Estèphe. Der Nachbar ist Chateau Haut Maurac. Auch Château Carmenere liegt nicht weit entfernt. Clos Manou wird vom Besitzer Stéphane Dief persönlich bearbeitet. Zwar in einer nicht zertifizierten, aber extrem biologischen Weinbergsbearbeitung, mit winzigen Erträgen. Dichtpflanzung von über 10.000 Stöcke pro Hektar. Ertrag pro Pflanze unter 500 Gramm, winzige Träubchen, sehr tief und nahe am Stamm. Bei 10.000 Stöcken nur 40 Hektoliter pro Hektar, da bleibt nicht viel pro Stock. Wenn man die Arbeit im Keller sieht, die Stephan durchführt, wird einem schwindelig ob dieses wahnsinnigen Einsatzes. Er hat spezielle Rütteltische zur Entrappung, inzwischen sogar optische Laser-Nachsortierung der Trauben. Ausgebaut wird im Barrique und in Ton- und Betonamphoren. Er macht auch einen Zweit- und einen Drittwein. In diesen Erstwein geht also nur das allerbeste Material. Hier wird nichts unversucht gelassen. Stéphane ist ein echter Fanatiker der Qualität. Und wäre es nicht Haut-Médoc, sondern Pauillac, wären seine Weine, zusammen mit Pontet-Canet, immer im 100-Euro-Bereich. Das ist seit vielen, vielen Jahren großes Kino und wird auf Grund der Randlage und zahlreicher »nur Etikettentrinker« total unterbewertet. Clos Manou kann man seit den Jahren 09, 10 und vielleicht schon ab 05 nicht mehr mit den normalen Vergleichsmaßstäben des Médoc und Haut Médoc werten. Wer schon mal auf dem Château war, wer gesehen hat wie in dieser Dichtbepflanzung mit den winzigsten Erträgen pro Stock einfach diese extrem feinen Finesseweine gewonnen werden, die gleichzeitig diese irre Spannung aufweisen, der nimmt Abschied von der Klassifikation von Bordeaux. Es geht nämlich am Ende nicht um alteigesessene große Namen, es geht um Rebbestand, es geht um Terroir, das seit der Hinwendung zum mediterranen Klima hier im Haut-Médoc einfach perfekt geeignet ist. Es geht um die Böden, es geht um die Arbeit.