Lobenberg: Das ist das zweite, absolut angesagte Weingut der Familie Trocard. Der Wein steht auf dem Kalksteinplateau oberhalb von Fombrauge, direkt oben auf der Kuppe, am Rande Saint-Émilions gelegen, kurz vor Castillon. Benoit Trocard wohnt dort persönlich. Somit hat er täglich Kontakt zu den Reben. Nur 7 Hektar. Kalkstein mit etwas Lehm darüber, dies ergibt immer wuchtige und zugleich feine Weine. Alte Reben, 6.600 Stöcke pro Hektar. 75% Merlot und 25% Cabernet Franc. 2020 gab es nur einen Ertrag von 20 Hektolitern pro Hektar. Mehltau, etwas Frost und dann auch die Trockenheit haben zu einer starken Ertragsreduktion geführt. In Bordeaux gab es 2020 eine unglaubliche Regenmenge im Frühjahr. Während der frühen, aber perfekten Blüte, blieb es zwei Wochen lang trocken, direkt danach gab es wieder Regenfälle. Von Mitte Juni bis Mitte August fiel dann allerdings kein einziger Tropfen Regen mehr. Bei Sandböden war das ein Desaster – die Reben bekamen Trockenstress. Bei Lehmböden, wie wir sie in den besten Lagen des Médoc und Pomerol haben, oder auf reinem Kalkstein, wie oft in Saint-Émilion, war das überhaupt kein Problem. Zumal Mitte August circa 80 Millimeter Regen fielen. Ende August nochmal 15 Millimeter. Danach war es den ganzen September über trocken. Also ziemlich perfekte Bedingungen für hervorragendes Terroir, perfekte Bedingungen für hohe Reife und satte Tanninwerte, bei recht moderater Säure. Inzwischen liegt der Anteil von Neuholz bei Clos Dubreuil nur noch bei 50 Prozent. Der Rest wird im gebrauchten Holz ausgebaut. Das bekommt ihm extrem gut. In der Nase eindeutig mehr Garrigue, mehr Unterholz und von der Cabernet Franc eine schöne Himbeere über schwarzer und roter Kirsche. Feiner, burgundischer werdend, nicht scharf extrahiert. Ab 2020 gar kein Presswein mehr, sondern nur noch Free Run Juice. Der Wein wird komplett entrappt, die Beeren werden vor der Fermentation aber nicht angequetscht. Die Gärung beginnt also innerhalb der Beeren, was die Frucht bewahrt. Zusammen mit dem geringeren Neuholz-Anteil und dem Free Run Juice führt das dazu, dass sich die Stilistik bei Clos Dubreuil massiv verändert hat. Hin zur Balance, hin zur frischen Frucht. Jetzt ist es ein Saint-Émilion der Finesse. Der Mund birst vor Frische, vor Energie. Das ist so explosiv. Große Tanninmassen, aber total seidig, total verspielt. Tänzelnd, viel rote Frucht, dahinter Schattenmorelle, Schlehe und Waldhimbeere. Das Ganze mit viel roter Johannisbeere. Das hat richtig Biss, Dampf und Zug. Ein grandioses Finale in Salz und Frucht, in Länge und Mineralität. Ja, so langsam ist Clos Dubreuil und sein Besitzer Benoit Trocard am Punkt angekommen, sein besonders großes Terroir und die alten Reben ungeschminkt zu zeigen. Endlich nur noch free-run-juice, keine scharfe Extraktion mehr, überwiegend großes Holz. Die Reben sind 50 Jahre alt und zeigen jetzt genau das, was man hier zeigen kann. Grandioser Stoff. Erstmals für mich im Reigen der absoluten Topweine und Superstars der Appellation angekommen. 99-100/100