Riesling Varidor 2022

Carl Loewen: Riesling Varidor 2022

2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
12,0% Vol.
Trinkreife: 2023–2031
Verpackt in: 6er
9
leicht & frisch
fruchtbetont
3
Lobenberg: 94/100
Suckling: 92/100
6
Deutschland, Mosel Saar Ruwer
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Varidor 2022

94
/100

Lobenberg: Hier gehen nur Reben aus selbst gepflanzter Selection Massale von hundertjährigen, alten Mosel-Rieslingstöcken. Zusammen mit der Hochschule Geisenheim haben Loewens in den 1990er Jahren angefangen die besten 80 bis 100-jährigen Stöcke zu selektieren und nur noch bunt gemischtes, altes Mosel-Rebmaterial nachzupflanzen. Der Quant und der Varidor stammen zwar aus jüngeren Reben, aber aus diesen extrem hochwertigen Selektion Massale-Reben. Das ist schon ein Hammer für diese sehr preiswerten Gutsweine. Der Wein stammt aus besten Lagen in Leiwen, Detzem, Longuich und Lorch. Somit eigentlich schon fast an einen Ortswein heranreichend, obwohl er eigentlich den Gutswein darstellt. Komplett auf Devonschiefer gewachsen, alles spontan vergoren. Seit den 1990er Jahren wird hier spontan vergoren. Der Varidor stammt aus einer vor 25 Jahren neugepflanzten Selektion Massale aus alten Reben der Laurentius Lay und den 1896 gepflanzten Reben im Herrenberg. Selektiert wurde sehr penibel nach Reife, Vitalität und anderen qualitativen Merkmalen. Man verfeinert hier weiter den Rebbestand aus diesen alten, allerbesten Reben des Weingutes. Man möchte keine uniformen Klone bei Loewen. Das Besondere ist auch, dass dieser Varidor (steht für Variation d’Or, also Variation der goldenen Beeren) komplett gleichzeitig geerntet wird, das heißt wir haben durch die genetische Vielfalt eine bunte Mischung aus Trauben höherer Reife, höherer Säure, mehr und weniger Wüchsigkeit und so weiter, um die maximale Vielfalt aus mehr als 100 Jahren genetischem Rebenmaterial im Wein abbilden zu können. Dieser Wein kostet fast das gleiche wie der Gutswein Quandt. Und was ich schon beim Pinot Blanc bemerkte, trifft auch hier zu. Wie kann diese Top Selection Massale aus diesem 25-jährigen Weinberg so preiswert sein? Das übertrifft die breite Masse an Weinen in diesem Preisbereich bei weitem und stellt ja die hochwertigste Rebenselektion der Loewens. Deutlich frischer und pikanter im Mund als der Quant, der höher im Restzucker ist. Der Varidor wirkt griffiger, etwas rassiger in seiner Art. Sehr pikante Nase mit eingelegten Zitronenschalen, Zitronengras und gelben Blüten. Verspielt und moselanisch im Duft, aber für den Jahrgang verblüffend viel Dichte und Kraft andeutend. Mehr auf Grapefruit und knackigem Apfel, aber nichts Spitzes, total reif und charmant. Mehr auf salziger Mineralität und Stein laufend. Großes Spiel, pikant aus sehr reifer Säure und griffiger Phenolik, die hier aufeinandertreffen. Enorm hohe Varianz aus Säure, Frische und hoher Mineralität finden. Quant hat mehr fruchtigen Charme. Der Varidor ist nochmal komplexer in der Art, er zeigt mehr mineralische Intensität und Vibration. Dadurch ist er natürlich auch etwas fordernder, was mir gut gefällt, aber schon eher für erfahrenere Rieslingfans ist. So viel Kick hat Loewen selten, super! 94/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

92
/100

Suckling über: Riesling Varidor

-- Suckling: This elegant dry Mosel riesling has a wonderful interplay of delicate stone fruit aromas with slatey minerality and a pronounced saltiness that creates a very satisfying whole. Excellent length for an entry level wine! Vegan. Drink now. Screw cap. 92/100

Mein Winzer

Carl Loewen

Stuart Pigott, der wohl neben Stephan Reinhardt (Parker) bekannteste Weinjournalist mit dem Schwerpunkt "Deutsche Weine", erklärte das Weingut Carl Loewen in der FAZ im November 2017 zum Liebling des Jahres.

Riesling Varidor 2022