Lobenberg: Klar, Bründlmayer gehört schon lange zur ersten Reihe in Österreich, aber die Weine haben gerade in den letzten Jahren nochmals zunehmend an Feinheit und Finesse gewonnen. Die Riede Heiligenstein ist die einzige große Rieslinglage Österreichs auf Sandstein, dazu kommt vulkanisches Porphyrgestein. Heiligenstein ist die Antithese zu einer öligen Wuchtbrumme. Nein, hier kann es nur um Finesse gehen. So zart duftet die Nase aus dem Glas, beinahe scheu, das ist kein lauter Wein. Bründlmayers Heiligenstein ist ein Wein, den ich in seiner Erhabenheit immer ein bisschen mit Dönnhoffs Hermannshöhle vergleiche und auch durchaus auf einem Level sehe. Zeigt wenig Frucht, bleibt ganz filigran und kristallin in seiner reduktiven Spannung. 2022 ist nicht ganz so verhalten wie 2021 zu Beginn, sondern schon offener, intensiver in der Frucht. Gelbes Steinobst wie Marille und Pfirsich, dazu kommt auch gelbe Birne, Orangenschale und Blüte, ein zarter Hauch Exotik von Mango. Alles läuft über die charakteristische, feuersteinige Schiefernote. Wie immer hochkomplex, dicht, fein verwoben und doch drückt sich alles nur in Nuancen aus. Der Mundeintritt kommt geballt, hochkonzentriert und kraftvoll daher, aber entbehrt von Anfang bis Ende jeglicher Wucht oder Schwere. Saftige, milde Zitrone, die von einer sehr pikanten, saftigen und feinsalzigen Mineralität getragen wird. Dazu dann wieder etwas Mango, auch süße Zitrusfrucht wie Mandarine und gleichzeitig herbe Akzente von Grapefruitschale. Kandierter Ingwer, schicke Kräuternoten. Durchaus intensiv, geradeaus, druckvoll, dabei präzise und symmetrisch wie ein Schweizer Uhrwerk. Es ist verblüffend wie der fraglos sehr dichte, versammelte Kern des Weins auf der Zunge in salzig-kreidiger Feinheit dahinschmilzt. Der Nachhall schwebt einfach schwerelos davon, ohne auch nur ein bisschen seiner Intensität zu verlieren. Der Heiligenstein bleibt für Minuten am Gaumen stehen mit seiner zitrisch-mineralischen Frische bei so schöner, gelbwürziger Saftigkeit. Und dabei kommt er doch völlig ohne Wucht aus. Gehört wieder einmal zu den größten Rieslingen Österreichs, da gibt es keinen Zweifel. 98/100