Lobenberg: Wo soll man bei diesem Ausnahme-Riesling anfangen? C.O. ist eine Ikone. Gewissermaßen auch eine Legende, denn viele sprechen über diesen Riesling, aber nur die wenigsten hatten bisher die Chance ihn überhaupt einmal zu kosten. Kein Wunder, denn eigentlich ist C.O. – was übrigens für die Initialen des Power-Couples Carolin und Oliver steht – die persönliche Familienreserve des Weinguts. 2005 als Hochzeitswein der beiden erstmals erschienen, wird er seitdem Jahr für Jahr erzeugt und wandert dann für viele Jahre in den Reifekeller. Erst nach ein paar Jahren Flaschenreife werden dann hin und wieder Kleinstmengen davon in den Markt gegeben. Gelegentlich hat man mal das Glück eine Flasche auf einer Weinkarte zu entdecken, aber nur ganz selten hat es diese Rarität überhaupt in den freien Verkauf geschafft. Mit dem 2017er feierte der C.O. in 2022 quasi seine Weltpremiere auf dem Place de Bordeaux. Mittlerweile sind wir beim 2019er Jahrgang, der nun im September 2024 seinen Release auf dem Place hat. Aber es gibt immer nur knapp 1200 Flaschen weltweit. Damit wird er in bester Gesellschaft, neben anderen internationalen Ikonen wie Opus One, Masseto, Solaia und Thienot Champagner stehen. Genau der richtige Platz für einen Riesling dieses Formats. So viel zur Story, aber jetzt zum Wein. C.O. ist offiziell kein Großes Gewächs. Andere große Rieslinge, wie Kellers G-Max, Kühns Schlehdorn, Weils Monte Vacano oder Tim Fröhlichs FINAL beweisen aber, dass die besten Rieslinge den Zusatz »GG« häufig gar nicht brauchen. Es ist dennoch ein Wein aus einer ganz besonderen Einzellage, die eng mit der Familie verbunden ist. Die alten Rieslingreben stehen im steilsten und kargsten Teil des kühlen Zellertals, gelegen zwischen den Grands Crus Frauenberg und Schwarzer Herrgott. Zu den Neuigkeiten mit dem 2019er Jahrgang gehört auch, dass der CO nun mit einem stylischen schwarz-goldenen Label erscheint und den Lieu-dit Steinlinden offiziell im namen trägt. Steinlinden werden die uralten Weinberge im Nordosten der Gemarkung Mölsheim genannt, benannt nach einem Ölbaumgewächs, das nur in besonders kalkhaltigen, felsigen und nährstoffreichen Böden wurzelt. Die kleinteilige Herkunft ist damit, wie auch bei etlichen raren Weinen aus dem Burgund oder dem Piemont, nicht deckungsgleich mit der Lagenklassifikation. Seit 1998 ein Monopol der Familie, weshalb diese Parzelle auch nie klassifiziert wurde. Geringer Ertrag von nur 25-30 hl pro Hektar. Biodynamische Bewirtschaftung ist im Hause Spanier-Gillot selbstverständlich. Die penibelst selektierten Trauben wurden sehr schonend, über 24 Stunden, gepresst. Anschließende Spontangärung im traditionellen 1200 Liter Stückfass. Es gibt nur ein Fass. Dort verblieb der Wein für knapp 1 Jahr auf der Hefe, bevor er dann unfiltriert abgefüllt wurde. Nach weiteren vier Jahren Flaschenreife im Gutskeller, wird der C.O. erst in die Weinwelt freigelassen. Die erste Nase lässt mich schon staunen! Eine kristallklare, salzig-rauchige Stein-Nase. Wir sind beim 2019er etwas straffer und puristischer in der Auslegung als beim 2018er, der etwas burgundischer daherkam. 2019 ist Kalkstein-Riesling pur! Elektrisierend und voller Spannung aus den Gesteinsnoten, nur langsam schält sich etwas von der köstlichen, immens konzentrierten Frucht durch. Neben dem Duft von warmem Sommerregen und Asphalt finde ich auch saftige Quitte, etwas Kumquat und Grapefruit, dazu ganz feine Anklänge von warmem Brioche, das auf die anklingende Reife hinweist. Wenn man diesen Stoff im Mund hat, wird ganz schnell klar: Riesling, dem genug Zeit gegeben wird, ist doch einfach wunderschön, angekommen, in sich ruhend. Ein unanstrengender, hochfeiner Genuss für alle Sinne. Das setzt sich ebenso im Mund fort, wo wir neben diesem atemberaubenden salzig-pikanten Spannungsbogen aus Mineral und Stein, eben auch einen unerwartet hohen Delikatessenfaktor haben. Gott, ist das ein schöner, perfekt balancierter und im besten Sinne trinkfreudiger Wein. Mineralpower mit feinster Agrumenfrucht auf salzigem Kalkstein vorne und die große Erhabenheit mit einem so tänzelnd feinen und zugleich cremig konzentrierten Finale hintenraus. Ein Traum! Das ist der beste C.O., den ich bisher probiert habe. 2019 kann mit seiner bestechenden Mischung aus Montrachet-Power und Riesling-Finesse sogar den großen 2018er noch toppen. Bitte nicht zu kalt und mit viel Zeit genießen – die Gelassenheit wird ganz von selbst einsetzen... 100/100