Die sanften Hügel und Berge der DOP Vinho Verde ziehen sich vom Süden Portos bis in den Norden an den Fluss Minho, der die Grenze zwischen Spanien und Portugal markiert. Im Vergleich zu den teils wüstenähnlichen Landschaften Südportugals ist Minho eine durch und durch grüne Region – Niederschläge von bis zu 1.600 Millimetern pro Jahr machen das Gebiet zu einem saftig-grünen Paradies. Vielleicht wird der Wein, der hier schon seit Jahrhunderten gemacht wird, auch deshalb Vinho Verde (zu Deutsch „grüner Wein“) genannt. Womöglich liegt es aber auch am ursprünglich grünen, sauren, unreifen Charakter des Kultweins – gänzlich belegen lässt sich die Namensgebung jedenfalls nicht.
Ganz klassischer Vinho Verde erreicht in den meisten Fällen nicht mehr als 11 Volumenprozent Alkohol.
Reif sind die Trauben in der regenreichen Region früher im Grunde nie geworden – zu nass und zu kühl war das Gebiet südlich des Minho, um wirklich ernsthafte Weine produzieren zu können. Die Reben schossen lieber in die Höhe, als ihre Energie in die kleinen Trauben zu stecken. Teilweise ist das heute noch so, aber der fortschreitende Klimawandel sorgt dafür, dass die Trauben im kühlen, maritimen Klima der Region immer öfter ausreifen. Ganz klassischer Vinho Verde erreicht aber in den meisten Fällen nicht mehr als 11 Volumenprozent Alkohol. Mit Restsüße und etwas Kohlensäure – oft ein Überbleibsel der Malo – wurde der Wein in der Vergangenheit trinkbar gemacht. Die Urform des Vinho Verde erinnert mehr an naturtrüben Apfelmost als an Wein.
Teilweise wird dieser klassische Vinho Verde auch heute noch produziert. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Nachfrage nach diesem speziellen Typ Wein aber nicht nur im Ausland, sondern auch in Portugal stark zurückgegangen. Und so hat sich der Stil über die Jahre bei vielen Winzern verändert, hin zu vollen, reichhaltigen, aber nicht minder spritzig-frischen Weinen, die hervorragend zur Küche des Atlantikraums passen. Pergolen und verflochtene Reben zwischen Bäumen, die ursprünglichen Erziehungsformen, findet man auch deshalb nicht mehr überall in der Region am Minho. Immer öfter setzen die Winzer auf eine Drahtrahmenerziehung, um die Trauben möglichst weit ausreifen zu lassen.
Qualitativ wird am Minho zwischen den beiden Herkünften Vinho Verde DOP und Minho IGP (entspricht dem deutschen Landwein) unterschieden.
Zusammen mit dem kühlen atlantischen Klima, den sandigen, sauren, granithaltigen Böden und den autochthonen Rebsorten Loureiro, Alvarinho, Arinto (wird in der Region Paderna genannt), Trajadura und Azal ergibt das herrlich frische, fruchtige und mineralische Weißweine. Aus den wenigen roten Sorten wurde früher ein roter Vinho Verde gemacht – ähnlich sauer und gewöhnungsbedürftig wie sein weißer Bruder. Heute wird aus ihnen meist Roséwein hergestellt.
Qualitativ wird am Minho zwischen den beiden Herkünften Vinho Verde DOP und Minho IGP (entspricht dem deutschen Landwein) unterschieden. 35.000 Hektar verteilen sich von Norden nach Süden auf die neun Subregionen Monção, Lima, Cávado, Ave, Basto, Sousa, Amarante, Paiva und Baião. In den südlicheren Gebieten sind die Niederschläge am größten. Dort wird nach wie vor viel klassischer Vinho Verde gemacht – zitrisch, spritzig und alkoholarm. Ganz anders fallen die Weißweine in der nördlichsten Teilregion Mancao aus. Berge schützen die Weinberge, die direkt südlich des Flusses Minho liegen, vor großen Niederschlägen. Es ist wärmer und trockener als in den südlichen Nachbarregionen.
Die beiden Städte Melgaço und Monção haben sich in den vergangenen Jahren zum qualitativen Epizentrum der gesamten Provinz entwickelt. Auf den kargen Granitböden am linken Ufer des Minho entstehen die besten Weißweine Portugals – Alvarinho ist hier der unangefochtene Star in den Weinbergen. Geniale Exemplare bringt man beispielsweise auf bei Vale dos Ares, die genau zwischen Melgaço und Monção fast unmittelbar am Minho liegt, auf die Flasche. Miguel Queimado bewirtschaftet hier, rund 200 Meter über dem Meeresspiegel, einige der besten Alvarinho-Weinberge der Region. Ein Terroir, das auch Topwinzer aus anderen Regionen anlockt. Dirk Niepoort bringt seit Kurzem zusammen mit Anselmo Mendes wunderbar frische Weißweine aus den klassischen Sorten der Subregion Monção auf die Flasche. Ein weiterer Coup des Port-Großmeister und ein neuer Stern am Minho-Himmel – so aufregend wie die gesamte Region und ein genialer Geheimtipp. Rías Baixas in Spanien und Vinho Verde in Portugal – Weltklasse-Alvarinho von der iberischen Atlantikküste. Wer die Nase vorn hat? Probieren geht über Studieren!