In Portugal kennen sich die Weinmacher untereinander gut und der eine lernt vom anderen.

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Im Überblick

Weinland Portugal

Bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts war es den kleinen Quintas des Dourotals (und fast nur dort gab es große Rotweine) nicht erlaubt, trockene Rotweine zu keltern und erst recht nicht unter eigenem Namen zu vermarkten.

Portugal Weinfeld, Weinberg

Europa zwang zum Umdenken

Per Gesetz musste alles an die großen Portwein-Shipper verkauft werden. Aber dann: Europa! Freiheit, Offenheit, Demokratie. Schluss mit der Wettbewerbsverzerrung, Freiheit für jede Quinta. Das mussten viele Weingüter trotz riesigen Potenzials erst lernen, und so ist es kein Wunder, dass es in ganz Portugal (der Süden blühte erst nach der Sogwirkung durch das befreite Douro auf) nach 20 Jahren Freiheit maximal 30 Spitzen­erzeuger gab. Und wie ist dann die Qualität verteilt? Der Gedanke, hier einen Vergleich mit Spanien herzustellen, liegt zwar von der geogra­phischen Lage nahe: Also die Guten im Norden, der Rest ist Nebensache. Aber nur ein Hauch von Wahrheit ist daran, denn das südliche Alentejo und Estremadura bringen überragende Weine.

Arbeiter bei der Weinlese

Zwei Klassiker: Vinho Verde & das Dourotal

Unter der spanischen Region Rias Baixas kommt in Portugal das Vinho Verde-Land. Einige wenige, reinsortige Alvarinhos mit ihrer feinen Birnenfrucht nebst Zitrone und Minze können wie in Spanien große Klasse erreichen, aber die wenigen Spitzenwinzer sind so winzig, dass sie ihre wenigen tausend Flaschen nur ungern exportieren. Dann folgt mit dem Douro-Tal auch schon das Highlight mit den besten Rotweinen des Landes, das Tal des Urknalls der portugiesischen Wein-Klasse. Die qualitative Spitze der Winzer hat inzwischen international gehobensten Weltstandard erreicht.

Das Dourotal ist ganz sicher eines der, wenn nicht gar das spektakulärste Weinanbaugebiet der Welt.

Abenteuerliche Hanglagen, unvergleichliche Terrassen, Täler und Flussverläufe, ständig und überall atemberaubend! Und nach jeder Kurve (der in großer Höhe neben dem Fluss verlaufenden Straße) kommt ein weiterer außergewöhnlicher, terrassierter Weinberg mit einer kleinen, weißen, am Hang klebenden Quinta. Unglaublich! Die Fortsetzung des erst in Spanien durch Ribera und Toro fließenden Dueros liegt hier in Portugal aber nur noch auf 400 Metern Höhe (oberer Douro), in Pinhao, also im Herzen des Tals, nur noch auf 250 Meter Höhe. Demzufolge gibt es in der Kälte keine Extreme wie in Ribera und Toro, dafür ist es aber auch, bis auf das sommerlich extrem heiße und trockene obere Dourotal (Quinta Meao), gemäßigter in den Tagesspitzen. Mit Schiefer und Granit neben Lehmböden und Kalk herrschen völlig andere Bodenformationen als in Spanien vor. Die Tempranillo erreicht hier als Tinta Roriz zwar sehr gute Ergebnisse, ist aber meistens der autochthonen portugiesischen, an diese Böden und Klima besser angepassten Touriga Nacional unterlegen. Man könnte sogar soweit gehen, zu sagen, Portugal ist Touriga-Land.

Weinfeld in Portugal aus der Vogelperspektive

»Douro Boys«

Wenn man den mühsamen Werdegang in die Freiheit verfolgt, ist es klar, dass nur die welt­offensten Winzer erfolgreich sein konnten. Um die schon immer bedeutende Wein-Familie Ferreira (erzeugte mit dem Barca Velha den ersten großen Stillwein des Landes, heutiger Nachfolger ist die Quinta Meao des in den Ferreira-Clan eingeheirateten Vito Olazabal), um Dirk Niepoort und den früheren Quinta Noval-Besitzer Cristiano van Zeller bildete sich eine Gruppe der innovativen Qualitätsfanatiker. Bald kam die geniale Önologin der Quinta do Vale Dona Maria, Sandra Tavares und ihr Mann Jorge Borges dazu, die mit ihrem Pintas ebenso wie ihr bester Freund Jorge Moreira mit dem Poeira in diese Phalanx der Besten des Landes stießen. Der Kern tritt auf unter dem inzwischen berühmten Titel »Douro Boys«. Die gerade genannte, erweiterte Gruppe ist der Freundeskreis, der sich immer gegenseitig hilft und berät, sich austauscht und inspiriert. Der geniale spanische Weinmacher Telmo Rodriguez gehört auch zu diesem Freundeskreis, ein wirklich spannender und befruchtender Erfahrungsaustausch, was auch in einem Gemeinschaftswein mit Dirk Niepoort bestens zum Ausdruck kommt. Am Ende der kleinen Führung durch das Dourotal sollten noch zwei wirklich erstklassige Weißweine erwähnt werden: der im Schatten des Nordhangs gepflanzte Alvarinho von Poeira und der preisgekrönte Guru von Pintas, der unter dem beseelten Namen »Wine & Soul« auftritt.

Niepoort

Winzer

Niepoort

Niepoort

Seit Dirk Niepoort, Nachfahre einer seit Generationen in Portugal lebenden holländischen Familie, 1987 im Betrieb Verantwortung übernahm, gehört das Weingut sicher wieder zu den Top-Adressen Portugals. Dirk Niepoort ist nicht nur ein genialer Rotweinerzeuger, der mit »Batuta« und »Charme« zwei Top-Rennpferde...

Dao hat Parallelen zum Burgund

Nach einer fast unüberwindbaren Bergkette im Süden folgt dann das historisch im Bereich der trockenen Rotweine bedeutsamere Gebiet Dao. Auch dies Touriga-Land mit etwas größeren Tinta Roriz-Anteilen. Hier gab es schon immer sehr gute Rotweine, aber in den kühleren Hochlagen auf abweisenden und kühlen Granitböden war die Jahrgangsschwankung immens:

Große Weine wechselten mit
Katastrophen!

Erst die modernen Erkenntnisse und die Genialität eines Tausendsassas wie Alvaro Castro brachten die Wende zur Beständigkeit. Das Dao kann man von der Stilistik sicher am besten mit dem Burgund vergleichen (auch wenn Alvaro Castro dann bei seinen besseren Weinen nur Grand Crus auf die Flasche bringen würde!), auch die Nordrhone kann als Vergleich dienen, von Cote Rotie bis Cornas und Saint Joseph ist alles vertreten: einfach kühle, große Finesseweine mit unglaublicher Balance und großem Tiefgang und Länge. Und wie schon der Vergleich von Burgund mit Bordeaux zeigt, gilt auch hier: Die größten je probierten Rotweine Portugals kommen vielleicht aus Dao und nicht vom Douro?

Weinlese auf einem Weinfeld in Portugal

Wer dem Douro und Dao nacheifert

Nahe Lissabon folgt die portugiesische Estremadura, längst nicht so extrem wie die spanische Extremadura oder wie das Wort vermuten lässt. In der Nähe einer der schönsten Städte der Welt, immer ausgeglichenes Klima, genug Regen, immer grün, fruchtbar. Ideal zum Wohnen und Arbeiten. Nette Weine auf zu fruchtbarem Land waren die Regel, erst die Familie Tavares (Sandra, die auch im Douro arbeitende beste Önologin des Landes, ist Tochter des Hauses!) beschäftigte sich intensiv mit besserer Klonauswahl und massivster Ertragsbeschränkung. Jetzt gibt es unglaublich schöne, extrem leckere Weine, rot wie weiß. Ein erstklassiges Preis-Qualitäts-Verhältnis! Noch längst nicht die Klasse vom Douro oder Dao, aber auf einem tollen Weg.

Pintas Wine & Soul

Pintas Wine & Soul

In Pinhao, im Herzen des spektakulären Douro-Tals, ist 2001 ein neuer Stern am portugiesischen Weinhimmel aufgegangen. Sandra Tavares, die Önologin und Teilhaberin der Quinta do Vale Dona Maria und des elterlichen Weingutes Chocopalha im Gebiet Estremadura.

Ein Zahnarzt jagt Journalisten vom Hof

Das südlichere Alentejo müsste im Grunde Estremadura heißen. Heiß, ja ultraheiß (aber kühle Nächte, wie ein Wüstenklima) ist es hier am Tag. Sand, Steppe, Flachland, Eichen, wieso wächst hier Wein und dazu noch so guter? Für die Ertragsbeschränkung sorgt die Natur selber. Hier wirkt Portugals hochdekoriertester Weinmacher Louis Duarte, der in Portugal dreimal Önologe des Jahres geworden ist. Sein Rapariga, eine beerige Sensation im Preis-Qualitäts-Verhältnis, wächst im Zentrum von Nowhere ... unglaublich! Verständlicher schon sein Beratungsprojekt des sich inzwischen immer mehr emanzipierenden Miguel Louro und seiner im Nord-Alentejo gelegenen Quinta do Mouro. In Flussnähe liegen traumhafte Weinberge mit sehr eigenwilliger Rebsortenbestockung. Die hier Aragones (das alte Königreich Aragon in Ostspanien ...) heißende Tempranillo ist das Rückgrat der Region, aber spektakulär ergänzt durch die nur hier größte Ergebnisse bringende Alicante Bouchet, der fast einzigen Rebsorte mit rotem Saft (auch ohne Schalenkontakt) und sehr strammer Säure. Miguel arbeitet sehr naturnah und vergärt seine Spitzenweine wie im Douro in offenen Lagares mit Stielen und Stängeln, was man erfahrungsgemäß nur bei sehr reifem Lesegut tun darf. Seine Weine sind Unikate wie er selbst: im Alltag sehr unzugänglich! Weine für ganz erwachsene Genießer. Sein »Gold Label« gehört in die Top-Fünfzig der Welt! »Keine Kompromisse« ist der Wahlspruch dieses verrückten und sympathischen Zahnarztes.

Wer ihn oder seine Weine nicht mag, kann auch schon mal vom Hof fliegen, so ging es schon einigen amerikanischen Journalisten!

Bemerkenswert weich, lecker, erdig würzig und dennoch sehr individuell und charmant ist dagegen sein Einstiegswein aus den gleichen, aber jüngeren Reben. Perfekter Natur- und Terroirabdruck.

Luis Duarte Vinhos

Luis Duarte Vinhos

Luis Duarte, der bekannte Önologe und zweimaliger "winemaker of the year" in Portugal, beweist mit dem Projekt Rapariga und mit seinem eigenen kleinen Weingut Rubrica, dass im südlichen Portugal erstklassiger Wein für kleines Geld zu erzeugen ist.

Und was gibt es Neues?

In Portugal kennen sich die Weinmacher untereinander gut und der eine lernt vom anderen. Der noch immer junge Antonio Macanita ist ein vinophiles Multitalent und auf dem besten Wege, der renommierteste Winemaker Portugals zu werden. Sein Lehrmeister? Louis Duarte! Und von der Art ist er so etwas wie der Telmo Rodriguez Portugals. Momentan hat er drei Projekte. Sein Hauptweingut ist Fitapreta im Alentejo, dann macht er zusammen mit seiner Schwester Joanna das Weingut, dass deren Namen trägt: Macanita. Und ganz nebenbei rettet er die Weinwelt der Azoren (Azores Wine Company). Noch vor ein paar Jahren habe ich gesagt, dass Weine, die aus anderen Gebieten kommen nicht wirklich wichtig und nicht wirklich gut seien. Douro, Dao, Alentejo und etwas Estremadura – das sei es! Heute muss ich sagen, dass das ganze Land in Bewegung kommt, sogar Weine aus Setubal sind jetzt in meinem Programm. Ich freue mich über diese Entwicklung.

Landkarte mit Weinregionen in Portugal
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