Anfang der 80er Jahre heiratete Toni Bodenstein die jüngste Tochter von Pragers und übernahm 1990 zusammen mit Ilse Bodenstein (geb. Prager) die Leitung des Weinguts. Inzwischen ist der »Wissenschaftler« und genial naturwissenschaftliche Winzer so anerkannt, integriert und beliebt, dass er 15 Jahre lang der gewählte Bürgermeister von Weißenkirchen war. Das Weingut Prager besitzt den Großteil der Lagen im nahen Umfeld, im Bereich Achleiten. Vielfach in Südexposition, aber zugleich nicht nur in geologisch interessanten Formationen, sondern zum großen Teil in kühlen Hochlagen. Viele spezielle thermische und geographische Einflüsse sorgen hier für kühleres Klima. Die Berge herum sind um 700 Meter hoch, das gibt entsprechend kühle Winde und Abkühlung, so dass diese Lagen, die überwiegend auf Gneis in extremen Terrassenlagen stehen, doch deutlich kühlere Weine hervorbringen als z. B. aus Loiben oder Dürnstein.
Toni Bodenstein ist in Bezug auf Wein gebürtig »fachfremd«, er ist studierter Geologe und Bodenwissenschaftler und kommt eben nicht aus einer Winzerfamilie, hat aber während seines Studiums schon einmal zusammen mit Freunden rein aus Spaß und Freude mit der experimentellen Weinbereitung begonnen. In den ersten Jahren der »neuen Generation« auf dem Weingut Prager kaufte dann Toni Bodenstein einige Lagen dazu und stieß andere ab, Ziel war die bessere geologische Zusammensetzung der Böden und die kühlere Lage. Die neuen Lagen sind dementsprechend heute die besten Qualitätslagen des Weinguts Prager. Obwohl die neuen Lagen Achleiten und Claus am gleichen Hang stehen, ergeben sie völlig anderen Wein, da sowohl das Mikroklima als auch die geologische Grundformation und der ph-Wert der Böden deutlich unterschiedlich ist. Toni Bodenstein pflanzte dann zusätzlich 1990 zur langfristigen Verbesserung der Rebstöcke und zur Erhaltung des breiten Genpool (EG-genehmigt und unterstützt), über hundert Jahre alte, bewährter Rieslingreben in den Achleiten. Reben, die er bei den besten Winzern und aus den ältesten Rebanlagen des ganzen Landes suchte und fand. Das gleiche Spiel machte er dann 10 Jahre später auch mit Grünem Veltliner.
Diese Beiden Weinberge heißen dann jeweils »Wachstum Bodenstein« und sind natürlich längst aus dem Experimentierstadium heraus. Durch die Selektion der Reben ist eine Ertragsreduktion hier nicht mehr nötig. Diese wohl urwüchsigsten Weine der Wachau stellen mit das Beste dar, was an Grünem Veltliner und Riesling in der Wachau produziert wird. Die Vielfalt bringt ungemein komplexe Weine hervor. Auch in der Weinbergsbearbeitung ist Toni Bodenstein fast revolutionär, ohne deswegen zu den Biodynamikern zu gehören. Aber kaum jemand nimmt es mit der Naturbezogenheit so extrem ernst wie er. Er sieht die Ganzheitlichkeit der Pflanze und den aktiven und inaktiven Austausch der Pflanze mit den Böden und den tieferen Schichten, den Pilzkulturen und mit der Natur im Ganzen. Also wird so naturbelassen wie nur möglich gearbeitet, jeder einzelne Weinstock wird auch unterschiedlich behandelt, je nach Bedürftigkeit. Natürlich gibt es dementsprechend keinerlei Einsatz von Herbiziden oder Pestiziden. Er arbeitet mit natürlicher Begrünung, keine Stickstoffbearbeitung der Böden, kein Einbringen von sonstigen Kunstdüngern, kein schweres Gerät auf den Terrassen, alles Handarbeit.
Im Keller wird dann der Riesling als Ganztraube in die gekühlte Presse gegeben und je nach Jahrgang mal eine und auch mal 12 Stunden mazeriert. Dann folgt die sehr sanfte Presse mit nur 0,8 bar über vier Stunden, das ist nur etwas mehr als der natürliche Ablauf. Die Grünen Veltlinerreben werden im Bereich der Federspielqualität entrappt, im Bereich der Smaragdqualität nicht. Das nicht Entrappen erfordert volle Reife auch der Stängel und Stiele. Der Saft wird danach zur Klärung und natürlichen Sedimentation in kühle Tanks gegeben und der halbwegs klare Most wird sodann in die Gärtanks gebracht, wo die Gärung spontan mit der natürlichen Hefe verläuft. Der spätere Ausbau auf der Hefe erfolgt beim Weingut Prager ausschließlich in Edelstahl. In Ausnahmefällen setzt Toni Bodenstein schon mal neutrale Reinzuchthefe ein, wenn es bei irgendwelchen Gärprozessen zu Stockungen kommt. Er ähnelt in Vielem, wie in der Sicht auf die Böden, die Weinbergsbearbeitung, die Vergärung und den Ausbau, aber gerade auch in Bezug auf undogmatischen Rationalismus und Flexibilität, Helmut Dönnhoff von der Nahe, wenngleich Dönnhoff im Ausbau deutlich mehr Holzbezug (großes Holz) nimmt.
Toni Bodenstein ist, was den Erntezeitpunkt und die Traubengesundheit angeht ein absoluter Purist. Er verwendet ausschließlich gesundes Lesegut und ist ein absoluter Gegner der Botrytis. Botrytis kommt niemals in seine Smaragd- oder Federspielweine, sondern wird radikal aussortiert. Er erntet in der Regel auch etwas früher als die »Alte Garde«, denn er möchte gesundes Lesegut mit guter Säure haben. Die Überreife lehnt er ab. Toni Bodenstein ist im Grunde der Prototyp des naturwissenschaftlichen Biologen mit extrem viel Verständnis für die tieferen Schichten biologischer und geologischer Zusammenhänge und für die Ganzheitlichkeit. Das Weingut Prager stellte schon vor den neuen »Jungen Wilden« wie Pichler-Krutzler und Veyder-Malberg die Speerspitze der neuen und reinen Qualität in der Wachau dar. Das Weingut Prager ist wohl eine der Benchmarks schlechthin für zeitgemäß betriebene Weingüter, ein Vorbild in jeder Hinsicht.