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Im Portrait

Neudorf Vineyards

Tim und Judy Finn pflanzten 1978 die ersten eigenen Reben an der nördlichen Spitze der Südinsel Neuseelands. Neben dem Österreicher Hermann Seifried, der hier bereits vier Jahre vorher Reben kultivierte, zählen sie zu den Pionieren in der Region.

Nelson unterscheidet sich aufgrund seiner Bodenbeschaffenheit von den anderen Regionen Neuseelands. Tim wollte unbedingt Wein auf Lehmboden anbauen. Weder er selbst noch Judy stammen aus Nelson oder waren zuvor in irgendeiner Weise mit der Region verbunden. Aber nachdem Tim dieses Stück Land mit den perfekten Lehmböden gefunden hatte, zogen die beiden an die nördliche Spitze der Südinsel um. Tim machte damals seinen Master in animal behaviour. Zeitgleich wurde in Neuseeland der Weinbau als Industriezweig eingeführt und aufgebaut. Tim und Judy beschäftigten sich also zu einer Zeit mit dem Weinbau, als der gerade in einer heißen und spannenden Entwicklungsphase war. Damals war das unglaublich mutig und visionär.

Neudorf is right up there with the best of chardonnay from New Zealand.

– Mike Bennie

Neudorf Vineyards hört sich für unsere europäischen Ohren zwar nach einem recht jungen Weingut an, aber wir sollten dabei nicht vergessen, dass die Bedingungen in Neuseeland während der Gründungszeit des Weinguts noch komplett andere waren. Damals gab es generell nur verhältnismäßig wenige Hektar Rebland. Selbst der Durchbruch des Sauvignon Blanc aus Marlborough kam erst in den 1980er-Jahren – ein Erfolg, von dem im Neuseeland der 1970er-Jahre noch niemand zu träumen wagte.

Heute ist der Weinbau aus Neuseeland nicht mehr wegzudenken, aber damals gab es noch keine Infrastruktur dafür. Die großartige Pionierleistung von Tim und Judy Finn kann man gar nicht genug betonen. Judy lacht, wenn sie an die Anfangszeit zurückdenkt, als das junge Paar im jugendlichen Leichtsinn den verrückten Schritt der Weingutsgründung wagte. »Zu Beginn mussten wir vier Kredite abbezahlen und jeder von uns hatte drei Jobs. In unserem alten Bauernhaus gab es nur in zwei Räumen Strom, einen ineffizienten Holzofen und kein warmes Wasser. I look back with no regrets.«

Von Anfang an setzten beide hohe Standards. Sie wollten bei den Besten der Besten in der Weinwelt mitmischen, dabei standen die Integrität und Individualität der Weine aus Nelson seit jeher im Vordergrund. In den über 40 Jahren seit seiner Gründung wurde  Neudorf Vineyards zu einem der spannendsten und wichtigsten Boutique-Weingüter Neuseelands. Ganz besonders gefeiert wird es für die Chardonnay- und Pinot-Noir-Weine von den tonhaltigen Kiesböden der Moutere Hills. Da in der Anfangszeit des Weinguts so wenig über Weinbau in Neuseeland bekannt war, experimentierten Tim und Judy mit der Anpflanzung verschiedener Rebsorten, die sich auf diesen Tonböden wohlfühlen. Neudorf Vineyards baut bis heute neben Chardonnay und Pinot Noir auch Riesling, Albariño und Pinot Gris an.

»Ein gesunder Boden ist unser größtes Kapital im Weinberg«, sagt Tim Finn. Die Reben stehen auf tiefgründigen Tonschotterböden, die von längst geschmolzenen Gletschern abgelagert wurden. Sie haben eine hohe Wasserspeicherkapazität, die es ermöglicht, die Reben auch während des sonnigen Sommers ohne Bewässerung zu bewirtschaften. Das Team sorgt durch das Kompostieren von Traubenschalen, die wieder in den Weinbergen ausgebracht werden, für den Aufbau einer wichtigen Humusschicht, die sowohl die Artenvielfalt im Boden fördert als auch den Nährstoffkreislauf des Weinbergs schließt.

Bio-Weinbau ist generell in Neuseeland und somit auch bei  Neudorf Vineyards ein wichtiges Herzensthema. Seit 2016 sind die drei eigenen Weinberge bio-zertifiziert. In penibler Handarbeit werden alle Rebgärten gehegt und gepflegt, die Schafe der Nachbarn sorgen dafür, dass das Gras schonend gemäht wird. Der ursprüngliche Home Block umfasst 9 Hektar, Rosies Block 15 Hektar. Lediglich für die Tiri Tiri Selection werden auch Trauben zugekauft. Das neue Projekt des Weinguts, den CO2-Fußabdruck der Weinherstellung zu ermitteln und so weit wie möglich zu verringern, geht sogar noch einen Schritt weiter. Durch neue Solarzellen konnte zu 100 Prozent auf Solarbetrieb umgestellt werden.

Weintasting bei Neudorf Vineyards

Die Moutere Hills sind herrlich idyllisch. Das Weingut ist von drei Nationalparks umgeben. In der Talsohle befinden sich Obstplantagen und neue Weinberge. Es gibt viel Kunst, gutes Essen, Töpferwaren, Musik, Wein und Apfelwein. In den Moutere Hills befindet sich übrigens auch das einzige Hopfenanbaugebiet Neuseelands. Die Reben der Familie Finn erstrecken sich auf 25 bis 110 Höhenmetern über einen sanften, nach Norden ausgerichteten Hang mit Blick auf einen Seitenarm des Moutere Valley. Die Artenvielfalt der Flora und Fauna ist hier überall erstaunlich groß und schön.

I Love Neudorf’s wines.

– Jancis Robinson MW

Die Region Nelson wird im Osten durch dicht bewaldete Bergketten von der benachbarten Region Marlborough getrennt. Diese sorgen besonders im Süden und Westen der Region Nelson für einen Regenschatteneffekt, während die Tasman Bay im Norden für ein maritimes Klima sorgt. Selbst an den wärmsten Sommertagen steigt die Temperatur in der Regel auf nicht mehr als 22 bis 25°C.

Aufgrund des maritimen Klimas ist es wichtig, für die Durchlüftung der Weinberge zu sorgen und die Blätter entsprechend auszudünnen, damit ausreichend Sonnenlicht hereinfallen kann und Winde sie durchpusten können. Die Erfahrung der Winzer Familie trägt dazu bei, die richtige Balance der Beblätterung zu finden, dadurch wird der Krankheitsdruck verringert. Ein dünnes, senkrechtes Blätterdach soll so viel Sonnenlicht wie möglich auffangen. In den Parzellen mit stärkerem Wachstum wird die Wuchskraft durch einen entsprechenden Rebschnitt unter Kontrolle gehalten.

Die Weine vergären mithilfe von wilden Hefen in spanischen Amphoren und ziehen anschließend zum weiteren Ausbau in französische Barriques um. Die Abfüllung erfolgt ungeschönt, um im Wein so viel natürliche Komplexität beizubehalten wie nur möglich. Generell ist es die Philosophie bei Neudorf, im Keller »hands off« und minimalinvasiv zu arbeiten.

Mittlerweile haben Tim und Judy das Familienweingut an ihre einzige Tochter Rosie übergeben, die es gemeinsam mit Winzer Todd Stevens und dem kleinen Team nach derselben Philosophie weiterführt. Tim und Judy wohnen aber weiterhin auf dem Weingut im Home Block und stehen als Mentoren mit Rat und Tat zur Seite, auch wenn sie sich nun vermehrt ihren Leidenschaften – dem Forellenfischen (Tim) und der Kunst (Judy) – widmen.

The best thing about a small company is that even big decisions are made by lunchtime. The advantage of two shareholders living on site.

– Rosie Finn

Weinlese beim Weingut

Rosie wurde inmitten der Weinlese geboren und wuchs mit ihren Eltern zwischen den Reben auf. Nach Ihrem Design-Studium in Wellington zog es die junge Frau zunächst hinaus in die Welt. Mit einem One-Way-Ticket ging es nach London. Sozusagen am anderen Ende der Welt verliebte sie sich dann doch noch komplett in den neuseeländischen Wein, während sie dort für einen neuseeländischen Specialist-Weinhändler vor Ort arbeitete. Nach zwei Jahren in der faszinierenden britischen Metropole zog sie 2016 schließlich zurück in die Heimat. Rosie übernahm den Job ihrer Mutter Judy und kümmert sich um Sales und Marketing des Weinguts.

Like many small vineyards we run on a great deal of hard work, good luck, and a lot of fun. We nod in the direction of business reality to keep the whole enterprise afloat, but we believe great wines come from the heart as well as the head.

– Rosie Finn

Vielleicht verleiht genau dieses Gefühl den Weinen von Neudorf Vineyards das gewisse Etwas?! Sie sind nicht mit Burgundern zu vergleichen. Auch von den Weinen aus der Nachbarregion Marlborough oder den erdigen Pinots aus Central Otago unterscheiden sie sich. Rosie schmunzelt: »They have some Moutere-ness.« Ganz besonders die Chardonnays von Neudorf Vineyards sind auf jeden Fall eine Entdeckung wert!