Es ist nicht so, dass ich keinen Wein trinke – ganz im Gegenteil, ich trinke sogar sehr gerne Wein. Allerdings sahen meine bisherigen Versuche einer seriösen Verkostung meist eher so aus:
Aber seit ich mich nun beruflich mit allem rund um das Thema Wein auseinandersetze, merke ich wie spannend und komplex der vergorene Fruchtsaft tatsächlich ist – und wie viel dahinter steckt. Und um ehrlich zu sein, konnte ich bisher auch nicht wissen oder herausschmecken wie unterschiedlich und vielschichtig Weine sein können. Schließlich gehörte ich bisher eher zum Großteil der deutschen Weintrinker, die den Durchschnittspreis der verkauften Flaschen auf rund 2,50 Euro gebracht haben. Schade, denn Wein kann so viel mehr! Aber wie soll ein Wein, der beispielsweise 1,79 Euro im Verkauf kostet unsere Geschmacksnerven auf eine Reise mitnehmen? 1,79 Euro im Verkauf bedeutet, dass von der Flasche, übers Label, bis zum Verschluss, inklusive des Versands, plus eine Marge für den Verkäufer, eine Reihe von Kosten noch vom Wert der Flüssigkeit abgezogen werden muss – aber da erzähle ich ja eigentlich nichts Neues. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Die Flüssigkeit für 1,79 Euro schmeckt doch auch nach Wein. Zumindest glaubt man das.
Gleich, aber doch so unterschiedlich
Vor ungefähr zehn Jahren entschied ich mich dafür doch noch ein Instrument zu lernen – autodidaktisch versteht sich. Allerdings traute ich meiner eigenen Motivation eingangs nicht ganz über den Weg. Deswegen entschied ich mich dafür eine Gitarre aus einem »realen Supermarkt« zu kaufen. Keine 30 Euro für eine vollwertige Gitarre – ich alter Schnäppchenjäger. Die ersten Tage, Wochen, Monate vergingen. Meine gesunden, aber untrainierten Ohren nahmen Geräusche wahr, die mich an die Lieder erinnerten, die ich versuchte nachzuspielen. Eigentlich hörten sie Musik, aber kein Gefühl, Töne, aber keinen Klang, ein Instrument, … aber keine Gitarre. Denn wie grundlegend – gar epochal – der Unterschied zwischen der Supermarkt-Klampfe und meiner jetzigen Gitarre tatsächlich war bzw. ist, fiel mir erst wirklich auf, als ich die Saiten der neuen Gitarre im Fachgeschäft das erste Mal anschlug. Für alle neugierigen Musiker unter Ihnen: Es handelt sich um eine Takamine. Ich war sogar so mutig in den eigenen vier Wänden noch einen direkten Vergleich zu unternehmen. Was war mit meiner alten Gitarre passiert? Bisher klang sie doch auch irgendwie nach Gitarre. Oder lag es doch nur daran, dass ich mich an den Zustand, der sich Gitarre schimpfte, gewöhnt hatte? Vermutlich. Wahrscheinlich. Sicher sogar.
Und mit dem ersten Auto verhält es sich häufig ähnlich. In meinem Fall war es ein gut 10 Jahre alter Fiat Punto, der mich von A nach B brachte – zumindest wenn die Benzinpumpe nicht zum wiederholten Male streikte. Verstehen Sie mich nicht falsch, gebraucht ist nicht gleich schlecht, aber neben der Romantik, dass es sich um mein allererstes eigenes Auto handelte, hatte der leicht verrostete Kleinwagen nicht viel zu bieten – das persönlich eingebaute Radio mit allem möglichen Schnickschnack war leider keinen Monat später weg. Und so war die erste Fahrt mit dem Firmenwagen meines damaligen Arbeitgebers eine wahre Offenbarung. So stieg ich also in eine Mercedes E-Klasse (T-Modell) anstatt in meinen Fiat Punto. Der Geruch war anders, die Geräusche waren anders – das Gefühl war ein ganz anderes. Und jeder, der einen solchen Quantensprung der motorisierten Fortbewegungsmittel einmal selbst mitgemacht hat, wird mir zustimmen, dass Auto und Auto nicht das Gleiche ist.
Auch Wein ist nicht gleich Wein. Aber nun brauchen Sie nicht gleich erschrecken. Es muss keine Martin D-45, kein Porsche Panamera und natürlich nicht gleich ein Premier Cru Classé aus dem Château Mouton Rothschild sein.
Die Zufallsbegegnung
Eine meiner ersten und gleichzeitig eine der witzigsten Begegnungen mit einem fantastischen Wein war bei meinem Kollegen und guten Freund Thiemo Kausch – und dem Zufall zu verdanken. Natürlich gibt es bei Thiemo immer guten Wein, aber ich war überrascht, dass der Schritt von einem sehr guten Alltagswein zu einem wirklich feinen Wein, der eher für besondere Abende gedacht ist, noch so groß ist. An einem lauen Sommerabend im Garten bot er mir ein Glas Wein an. Die Flasche war bereits geöffnet, als ihm sein »Fehler« auffiel. In seiner Hand war kein »normaler Riesling«, sondern ein Großes Gewächs – Erzeuger: von Winning. Da es nun eigentlich kein Zurück mehr gab, nahmen wir uns vor, den feinen Tropfen im Glas ganz besonders zu würdigen – und natürlich genießen. Und, lassen Sie es mich salopp formulieren: Was ’n feines Gesöff! Auch mir als Laie fiel direkt auf, dass entgegen jedem »Wein«, den ich je zuvor getrunken habe, die Aromen sich im meinem Mund ausbreiteten, verweilten und sich veränderten; und nicht innerhalb von drei Sekunden verflüchtigten, wie ich es vom Billig-Wein gewohnt war.
Aber warum schreibe ich das hier eigentlich alles? Keinesfalls soll dieser Text als Diffamierung oder Ähnliches verstanden werden. Wie bei so vielen Dingen im Leben kommt es auf die Absicht an – und natürlich auch ein bisschen auf den eigenen Geldbeutel. Möchte ich einfach Musik machen, reicht wahrscheinlich die Klampfe aus dem Supermarkt. Möchte ich von A nach B kommen, reicht eine alte, rostige Klapperkiste mit Motor und Reifen – unter Umständen vielleicht auch ein Fahrrad oder die eigenen Füße. Möchte ich betrunken werden, reicht der Wein für 1,79 Euro – der zum Schrecken eines jeden Franzosen dann vielleicht auch noch im Tetrapack abgefüllt ist. Aber warum gönnen wir uns nicht häufiger ein bisschen mehr. Ein bisschen mehr Freude. Ein bisschen mehr Genuss. Ein bisschen mehr Erlebnis – auch im Glas.
Um mehr Menschen für dieses tolle Getränk – das Getränk der Götter – zu begeistern, teile ich zukünftig in unserem Blog meine neuen Erfahrungen und meinen Lernfortschritt in Form einer kleinen aber feinen Weinschule. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit verschiedener Auflistungen oder Verfahren. Es soll ein übersichtlicher, leicht zu verstehender, genereller Einblick in das Thema Wein sein – für interessierte Einsteiger. Dabei nehme ich Sie mit auf eine Reise: Wir statten der Geschichte einen kurzen Besuch ab, wandern durch die Weinberge, schauen uns die Rebsorten an, bringen diese in den Weinkeller und werfen einen Blick auf die Produktion. Kurzum: Von der Geschichte, bis zur ersten richtigen, privaten Verkostung – ich lade Sie ein Wein zu erleben.