2023 ist im europäischen Weißwein für mich ein Jahr der aromatisch frischen Perfektion in Balance und Harmonie.
Alles, was ich bis zum 24. August 2024, dem Beginn der GG-Session in Wiesbaden, an deutschen Rieslingen des Jahrgangs 2023 probiert habe, war der Level unterhalb der absoluten Spitze der trockenen Weine, unterhalb der Großen Gewächse GG 2023. Denn diese werden der Öffentlichkeit traditionell erstmalig am letzten Wochenende des Augustes des Folgejahres vorgestellt.
Ich war durch viele Verkostungen der Einstiegs- und Mittelklasse aber schon extrem positiv vorgewarnt. Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich, Italien, Frankreich und Spanien besticht das warme, aber ausreichend mit Wasser versorgte Jahr 2023 mit hoher Aromatik, köstlich unagressiver Frische, und einer in der Form sehr selten erlebten Balance, Harmonie und elegant finessereichen Anmut.
Frische ist in schönster Form vorhanden, ohne jedoch in sehr hohe Zitruslastigkeit wie 2017 und 2021 abzudriften. Die 23er Weißweine Deutschlands zeigen Kraft, Fülle und Spannung, gleiten aber nicht in die Extreme wie 2010, 2013 und 2015 ab. Die Weine sind trinkig mild und saftig mit superbem Trinkfluss, aber bei weitem nicht so übermoderat wie 2018 und 2022. 2023 weiß erinnert in Deutschland und auch in Österreich, Italien, Frankreich und Spanien, sehr an die perfekte Balance und Harmonie von 2016, dazu die verzückende Aromatik und Spannung von 2019.
2023 ist im europäischen Weißwein für mich ein Jahr der aromatisch frischen Perfektion in Balance und Harmonie und komplexen Geschmacksreichtums. Kein Jahr der Extreme jedweder Art, sondern ein Jahr der perfekten, lecker hedonistischen Weißweine für Alle! Das gilt es jetzt bei der weltbesten Riesling-Veranstaltung zu verifizieren! Es gibt von der Organisation, dem Inhalt und der Machart keine auch nur ansatzweise so perfekte Probe wie diese GG-Vorstellung des VDP im Wiesbadener Kurhaus!
Das Vorprogramm
Was könnte es Besseres zur Einstimmung und zur Einordnung geben, als die am Vortag, Samstag, den 24.8.24, angesetzte Jubiläumsveranstaltung der 3 Freunde Wittmann, Christmann und Rebholz. Seit dem ersten GG-Jahrgang 1999 nun 25 Jahre vereint in Freundschaft mit 3 der allerbesten Großen Gewächse Deutschlands. Sie zeigen einem erlauchten, geladenen Kreis die letzten 10 Jahrgänge 2014 bis 2023. Jeweils je Winzer alle 10 Weine parallel. Wahrlich eine sagenhafte Probe, und mit dem besten Rheinhessen Grand Cru Morstein, und mit den Pfälzer GG Idig und Kastanienbusch, stehen 3 der allerbesten trockenen Rieslinge Deutschlands zum Vergleich an. Nach diesem freudigen Tag werde ich sicher endgültig wissen wo 2023 steht, wo es einzuordnen ist und mit was Vergleiche sinnvoll sind.
Dass bei dieser Probe die GG in der Jahrgangscharakteristik genau die zuvor genannten Schwerpunkte aufweisen, beweist Rebholz Kastanienbusch aufs Feinste! 2019, 2016 und 2023 weisen eine große Vergleichbarkeit auf. Sie sind für mich die drei besten Weine des Jahrzehnts, wobei 2015 als echter Knaller mit ganz anderer Charakteristik zumindest bei der Bewertung mit in diese erste Reihe gehört. vier Weltklasseweine, und ob 2019 vor 2019 und 2023 dauerhaft vorne bleibt, ist etwas unklar, denn 2023 hat den burgundischsten Charakter und die Reihenfolge dieser drei Weine mag in fünf Jahren auch andersrum ausfallen. Sehr aufregend spannende und frische Weine aus der Südpfalz.
Christmanns Idig aus der Mittelhardt ist wie eine andere Welt. Cremig, burgundisch, Kalkstein. Aber faszinierend ist, dass hier die gleichen Jahrgänge qualitativ dominieren. 2019 mit 100 Punkten klar noch vor 99 Punkte 2016 und 98 für 2023. Auch hier ist 2015 ein highlight Kracher mit hoher Fruchtintensität auf dem gleichen Level wie 2016 und 2023, und 2014 ist auch hier wieder eine große Köstlichkeit. 2017 und 2021 anstrengend, langlebig, extrem und hoch in der Zitrusfrische. Einkellern, Zeit geben! Auch bei Christmann gibt es vier Weine in Weltklasse, nur einfach burgundischer und cremiger und trinkiger vom Kalkboden.
Eine tolle Eröffnung der grandiosen Tage von Wiesbaden mit einem Jahrgang 2023 fast gleichauf mit 2016! Dazu ein Schuss aromatische Power aus 2019.
Wittmanns Morstein liegt nördlicher, Kalkmergel und Ton und purer Kalkstein. Der bei den anderen weit gereifte 2014er ist noch zu, hat Größe. 2015 drückt mich vor lauter Intensität aus dem Glas, brutal in Frucht und Power. Und 2015 ist mit 100 Punkten gleichauf mit 2019 und direkt vor 99 Punkten 2016. Fast gleichauf ist der sensationell aromatisch komplexe Balance-Wein 2023. Ein sensationeller Flight! 2021 ist auch hier für Menschen mit viel Zeit ein Sammlerjahr für Jahrzehnte.
Eine tolle Eröffnung der grandiosen Tage von Wiesbaden mit einem Jahrgang 2023 fast gleichauf mit 2016! Dazu ein Schuss aromatische Power aus 2019. Wer hätte das so gedacht? Phänomenal! 2019 ist final für mich heute »Best ever Germany«. Endgegner, rien ne va plus! Wohl dem Burgunderliebhaber, der saftig cremigen GG-Rieslinge mit charmant komplexem Trinkfluss der Jahre 2015, 2016, 2019, und bald 2023 im Keller hat, meine persönlich vier besten Riesling-Jahre Deutschlands aller Zeiten. DIE besten Rieslinge der Klimaveränderung, DIE Annäherung ans Burgund und unanstrengenden Hedonismus. 2010, 2013, 2017 und 2021 kommen für Puristen und Säurefreaks mit viel Wartezeit natürlich dazu. Klassische Rieslinge der Oberklasse historischer Riesling-Ausprägung.
Sonntag 25.8.: »Anything but Riesling«
Der Sonntag ist »ABR – anything but Riesling« – mal sehen ob Silvaner auch so brilliert wie gestern die Rieslinge von Wittmann und Christmann. Sollte er, denn Silvaner ist Deutschlands eleganteste autochthone Weißweinrebe. Und das ist dann auch wirklich so im Glas und doch auch verblüffend. Fein und mega elegant, ABER soooo lecker. Rudolf May hat sogar vor Luckert und Sauer mit den 2023er Himmelspfad und Rothlauf zwei GG der hedonistischen Extraklasse am Start, noch nie so berauschend schön probiert. Hurra! Rudolf Mays Muss-Kauf Himmelspfad, Deutschlands Antwort auf die besten Chenin Blanc der Loire und auf die Godellos Galiziens. Weltklasse!
Dann die erste Burgundersorte. Weißburgunder. Mehr in Deutschland und Norditalien zu Hause als in Frankreich. Und weil wir gerade jetzt im August auf unseren Jahres-Betriebsausflug nach Sachsen fuhren, mal gucken, was die östlichen Anbaugebiete da so im Glas haben. GG WB aus Saale-Unstrut, das sollte 2023 was sein. Oder?
Vielleicht ist sogar Rebholz 2023er Sonnenschein wieder mal der Riese und vielleicht knapp vor 2022 Kuhn und Heger der Beste in dem Reigen. Für meinen Keller ein Kauf, Rebholz sogar ein Muss!
Pawis 2023 konnte durchaus sehr überzeugen, auch wenn im gleichen Flight die Pfälzer 2023 Knipser und 2022er Kuhn mit seinem überragenden Kirschgarten selbst diesen allerbesten aus Saale-Unstrut ziemlich blass aussehen ließen. Aber 2022 Kuhn, 2023 Rebholz und 2022 Heger sind auch in dramatisch schönen und aromatisch köstlichen Jahrgängen die weltweite Benchmark für diese Rebsorte. Knapp dahinter verbleibt Jülg. Vielleicht ist sogar Rebholz 2023er Sonnenschein wieder mal der Riese und vielleicht knapp vor 2022 Kuhn und Heger der Beste in dem Reigen. Für meinen Keller ein Kauf, Rebholz sogar ein Muss! Ich liebe diese überragende Kombination aus Sahne, Schmelz, Körper und intensiver weißer Kernobst–Aromatik. Es gibt wie bei Silvaner nicht beliebig viel Weltklasse im Weißburgunder, aber wenn es dann so weit ist, MUSS das Wenige in den Keller. Eine echte unikathafte Horizonterweiterung!
Grauburgunder GG danach. Harter Tobak. Keller und Heger sind schon recht beachtlich, aber wer den weltbesten Grauburgunder Ziereisens, den Jaspis Würmlin kennt, der kann das mit dieser VDP GG Sorte letztlich nicht einholen. Grauburgunder der Weltklasse aus Deutschland heißt Ziereisen. Punkt. Ausrufezeichen.
Chardonnay 2022 GG. Die eleganteste Burgundersorte. Seit vielen Jahren zum Glück auch in Deutschland zugelassen. Und inzwischen klar an der Spitze aller weißen Nicht-Rieslinge stehend. Huber ist mit Schlossberg (Meursault-Stil) und Bienenberg (Puligny-Stil) Burgunder Grand Cru Niveau (wenn man sie denn kriegt), aber auch Kellers Kirchberg und Hegers Winklerberg Gras im Ofen (beide Chassagne-Stil) schaffen mit ihren GG noch sehr gehobenes 1er Cru Niveau. Hier bei den allerbesten deutschen Chardonnays geht es nicht um den zweifelsfreien Muss-Kauf, sondern um die Kunst der Beschaffung. 😂 Den Ausweg im Chardonnay außerhalb des VDP gibts aber mit Rebholz, Molitor, Ziereisen und Becker auf Top-Niveau.
Dann »Risiko-Flight« Lemberger (= Blaufränkisch!?) Kann irgendwas inzwischen mit den besten österreichischen Burgenländern mithalten? Erstmals JA JA JA ! Aldingers 22er Lämmler ist Weltklasse! Muss-Kauf. Wer hätte das gedacht? Bravo Jungs! Bravo Hans-Jörg und Mathias. Final nun die Krönung: Pinot Noir 2022. Angeblich das bisher beste Jahr der Geschichte! Erstmalig Deutschland als wahrer und wohl bester Widersacher des Burgunds. Stimmt das?
Ahr 2022
Was für eine tolle Frische, da wird das oft dominante Holz der Ahr komplett gefressen. Stodden macht einen best-ever Herrenberg. Aber die beiden Meyer-Näkel Mädels sind nur grandios. Pfarrwingert, Rosenthal, Sonnenberg. 98,97,96 Punkte. So gut war die Ahr für mich noch nie! Schiefer? Ja geht doch! Superb und zusammen mit Molitor DIE Weltklasse im Pinot Noir vom dunklen Schiefer. Sehr eindrucksvoll!
Franken 2022
Fürst. Ganztraube. Brutal puristisch. So wie der Biodynamiker Arlaud aus Morey Saint Denis. Schräg. Schön. Genial. Niieee als deutscher Wein zu vermuten, sondern oberste Grand Cru Liga Cotes de Nuits. Das wir sowas tolles im Programm haben?!!! Schlossberg 100 Punkte superb lecker dazu, Hundsrück auch glatt 100 und Centgrafenberg 98 ein einziges spannungsgeladenes Drama! Luckerts Maustal muss da arg um Anschluss kämpfen, ist viel deutscher, aber auch ein kleiner Extremist. Franken hats drauf. Da vergisst man die zuvor probierte Ahr, Mosel und Rheingau leider etwas, hier in Franken ist vorne!
Knipser 2020 ist echt lecker. Philipp Kuhns 2022er drücken den Trinker einfach aus dem Glas. Ganztraube dabei. Kirschgarten mit 99 ist noch knapp vor 98 Steinbuckel ein echtes Pfund.
Pfalz 2022
Hier sollte es auch hoch hergehen? Knipser 2020 ist echt lecker. Philipp Kuhns 2022er drücken den Trinker einfach aus dem Glas. Ganztraube dabei. Kirschgarten mit 99 ist noch knapp vor 98 Steinbuckel ein echtes Pfund. Puristisch und dazu Grand Cru Power aus Gevrey Chambertin. Philipp, so gut warst du noch nie zuvor! Da müssen selbst die Brüder Rings mit dem 22er Felsenberg 99 Punkte und 100 Punkte Saumagen das Letzte geben. Schaffen sie aber! Gleiche Grand Cru Liga wie Kuhn. Minimal drüber vielleicht? Was für ein geniales Jahr 2022! Der Idig 2022 von Sophie Christmann ist großartig, aber etwas feiner und braver. Das Terroir ist anders und Sophie ist lieber, sie will uns nicht so in die Fresse hauen. Passt schon, toll mit 98 Punkten! Und Fritz Becker? 2021 mit satter Säure könnte für den Holzmeister passen. Erstmal Jülg 2022. Die Pinots sind elegant, von beinahe jahrgangsuntypischer, erstaunlicher Frische und Präzision gezeichnet. Mit ihrer beeindruckenden Säure- und Tanninstruktur, brauchen sie sicher noch einige Zeit um ihre perfekte Balance zu erreichen, zeigen aber bereits jetzt Potenzial und Größe. Und Becker 2021? Die Weine brauchen ewig! Säure und Tannin bis zum Abwinken. Holz von Säure und Tannin weggefressen, das passt. Aber genießbar mit Freude sicher nicht vor Ende des Jahrzehnts. Heydenreich ist ein Riese. Aber wohl denen, die ein Kind in 2021 bekommen haben, zum 18ten Geburtstag passt der dann!
Baden
Die Pinot Noir Freaks Huber und Keller. Dazu Altmeister Heger. Jetzt gehts ins Finale! Julian Hubers Schlossberg ist feinstes Chambolle Musigny Amoureuses! Glatt 100! Der Bienenberg mit 98 und mehr Säure zieht einem die Augen zu Schlitzen. Dazu dann Musigny Grand Cru im 100 Punkte Wildenstein. Huber ist lieber geworden, nicht mehr so reduktiv und wohl 2022 entrappt mit weniger Neuholz. Das ist jetzt trinkiger 1er und Grand Cru aus Chambolle Musigny. Julian, das war die Reifeprüfung vom jungen Wilden zum großen Winzer. Nur die Sommerhalde und alte Burg hat nichts in den Grand Cru verloren.
Sein bester Freund Friedrich Keller aus Oberbergen ist gleich mit erwachsen geworden. Sprechen die sich ab? Immer schwarzfruchtiger vom Terroir, mehr Morey Saint Denis als Chambolle. Vulkanböden eben. Steinriese und Schlossberg sind voller Power und Anmut zugleich. Nicht ganz bei Huber von Kalkböden aber verdammt gut mit 99 und 98 Punkten. Großes Kino!
Bei Altmeister Heger ist inzwischen Tochter Rebecca in Verantwortung. Weniger Holz, mehr Frische, feinere Tannine. Da hat eine »Huberisierung« stattgefunden! Fein, fein, fein, tolle Weine vom Kaiserstuhl und Deutschlands heißester Lage Winklerberg! Bravo Rebecca!
Württemberg
Last not least Württemberg mit Superstar Gebrüder Aldinger. Schon ihr Blaufränkisch Lämmler war grandios. Nun die ganz große Schule mit den 2022er Pinot Noirs Lämmler und Gips. Die Weine sind dramatisch unterschiedlich. Lämmler warmes Pommard 1er Cru aus der Cote de Beaune. Lecker mit erotischen Rundungen. 95 Punkte. Hedonismus pur. Aber Gips Marienglas? Volnay Taillepieds von Angerville. Grandios, unendlich feine, aber präsente Tannine, superbe Frische, Salz, tänzelnd geschliffen. 1er Cru der allerbesten Art. 98 Punkte mindestens. Wie unendlich zart und schön!
Zweiter Tag – Die großen Rieslinge 2023
Start wie immer an der Mosel
Die weltweit beste Süßwein-Region hatte es bei trockenen GG immer am schwersten. Die für Süßweine so geniale Säure steht trocken dem gewünschten, ja sogar notwendigen Schmelz und Körper entgegen. Immer nur Zitrusfrische und schneidende Säure ist anstrengend. Für die trockene Mosel ist der Klimawandel somit ein Segen. Zwar haben es die körperreicheren, fülligeren Rieslinge aus der Nahe, Rheinhessen und der Pfalz viel leichter international mit dem Burgund und der Loire zu konkurrieren, aber an der Mosel gibt es seit den Zehnerjahren mehr und mehr unanstrengend leckere trockene hedonistische Rieslinge. Und die feingliedrigere Aromatik und Finesse hat zu Recht auch Liebhaber. Und mit der Terrassenmosel von Busch bis Löwenstein gibts selbst an der Mosel dichtere Powerweine.
Nun arbeite ich mich durch 60 Moselaner GG und in diesem Verlauf wird die Beibehaltung der filigranen Finesse und Zartheit an der Mosel wieder mehr als deutlich. Unendlich verspielte Aromatik an Saar und Mosel mit einem satten Plus an Trinkigkeit und saftigem Fluss. Der so perfekte Witterungsverlauf des Jahrgangs 2023 hat sämtliche Aggressivität und Anstrengung und Säuredominanz weggefegt, ohne die Anmut und hohe zarte Aromatik zu unterdrücken. Unglaublich einnehmend hedonistische Weine in Zartheit und verspielt intensiver Aromatik. Wer das Chambolle-hafte der Mosel liebt, wer spielerische Zartheit und Leichtfüßigkeit den intensiv körperreicheren Weinen der anderen Regionen vorzieht, der ist mit diesem unanstrengend hedonistischen Jahrgang an der Mosel perfekt bedient. So schön war die Mosel noch nie! Trocken UND süß, wie die gestrige Abendprobe der Versteigerungsweine bewies. Von JJ Prüm bis Egon Müller und Zilliken und Lauer reichte der Beweis des für mich zusammen mit 2019 besten trockenen und Süßweinjahrgangs der Geschichte an der Mosel.
Herausragend trocken war die ganze Serie von Ernie Loosen, leichtfüßig, verzaubernd und hochgradig aromatisch mit sagenhaft unanstrengendem Trinkfluss! Bravo, bravo, bravo! Genauso großartig, aber auf der aromatischen Powerseite, war Clemens Busch. Volxem, Fritz Haag, Grünhaus, Löwenstein und Zilliken hatten jeweils 98-100 mit ihrem Top-Wein, aber als Gesamterscheinung sind Loosen und Busch jeweils ein Gesamtkunstwerk, die zwei leuchtenden Sterne am Firmament, ganz sicher »best ever!« Was für ein toller Mosel-Jahrgang!
Rheingau
Stilwechsel. Ab Rheingau, und natürlich südlich davon, wird es erwachsen. Trockene Rieslinge mit hoher Aromatik aber ab hier eben auch Körper, Kraft, Fülle und burgundischem Schmelz. Vom filigranen und zarten Finesse-Stern der Mosel runter auf die Erde. Weils GG Gräfenberg mag dabei sogar einer der Superstars des Jahrgangs werden. Immenser Druck und Kraft und doch sooo aromatisch! 99–100, die Auskoppelung Monte Vacano braucht ja noch etwas Luft.
Künstler stellt eine fast sensationelle 2022er Serie an, Marcobrunn, Kirchenstück, Hölle und Rottland liegen alle über 95 Punkte aufwärts, auch Peter Jacob Kühns 2022er brillieren, aber der Weil‘sche Gräfenberg bleibt der alleinige 2023er Star des Rheingaus.
Franken 2023
Fürst Centgrafenberg probiere ich mal eben parallel zu Weils GG, oft sind sie in einer Liga. 2023 aber hat – trotz der Schönheit und Anmut des 96 Punkte Centgrafenbergs – der Gräfenberg mit seiner dramatischen Intensität sicher 3 Punkte Vorsprung. Sauers Lumpen hat auch mit 95 Punkten klar das Nachsehen. Luckerts Maustal ist auf dem Level von Fürst. Ein harmonisch hedonistisches Jahr 2023 in Franken, aber nicht der Druck und Komplexität des Rheingaus.
Pure Perfektion bei Cornelius und Helmuth Dönnhoff. Bessere GG gibt es in Deutschland nicht, aber oft fehlt dem einen oder anderen Freak ob dieser Perfektion ein wenig Dreck und unperfekte Aufregung.
Nahe
Seit Jahren der »Primus inter pares« der trockenen Rieslinge Deutschlands, weil nur hier die burgundische Schmelzigkeit der Pfalz (was man durchaus an Nr.1 sehen kann) mit der Kraft Rheinhessens und des Rheingaus kombiniert wird. Zusammen mit einem Anflug der filigranen Aromatik der Mosel: »All in« an der Nahe!
Da das Weingut Diel in Rümmelsheim an der unteren Nahe eine etwas andere Ausrichtung pflegt (Top-Sekte und Burgundersorten), und auch die wahnsinnig kraftvollen GG teilweise zeitversetzt herauskommen, gibt es für mich, neben diesem hervorragenden Weingut von Caroline Diel (das 2023er Pittermännchen ist aber der Hammer in Komplexität und »best ever«), an der mittleren und oberen Nahe nun seit fast 10 Jahren ein vierblättriges Kleeblatt gleichwertiger Winzer.
Pure Perfektion bei Cornelius und Helmuth Dönnhoff. Bessere GG gibt es in Deutschland nicht, aber oft fehlt dem einen oder anderen Freak ob dieser Perfektion ein wenig Dreck und unperfekte Aufregung. Das gibts etwas mehr beim direkten Nachbarn Hermannsberg, denn der Winzer Karsten Peter operiert neben der zweifelsfreien Perfektion auch aus dem Bauch. Die zwei Topweine kommen inzwischen erst 4 Jahre später auf den Markt, besser gehts kaum.
Puristische Terroirausprägung schafft Frank Schönleber noch mehr als zuvor sein Vater. Totale steinige Mineralik, echt der Hammer. Aufregend und spannend wirds bei Tim Fröhlich von Schäfer Fröhlich. Immer spontan vergoren, Bio, Reduktion, Speck. Alles unverwechselbare Unikate, ganz großes Kino. Schäfer Fröhlich von der Nahe und Winning aus der Pfalz erkennt man immer. Alle 4 hier genannten Nahewinzer haben zu Recht ihre Liebhaber. Sicher ist, dass all ihre GG IMMER zur allerersten Reihe deutscher trockener Rieslinge gehören.
Puristische Terroirausprägung schafft Frank Schönleber noch mehr als zuvor sein Vater. Totale steinige Mineralik, echt der Hammer.
Und mit 2023, dem mit 2016 und 2019 besten Jahrgang aller Zeiten, muss man die 100 Punkte nirgendwo so oft ziehen wie an der Nahe. Eine Punkte Inflation wie 2019 und 2016! Das geht auch nicht anders, denn unter 93 Punkten landet selbst in schwierigen Jahren keiner dieser »Big Five« mit keinem GG. So ist das eben logischerweise an der Weltspitze. Und keiner dieser großen Fünf von der Nahe hat in diesem Wahnsinns-Tasting auch nur einen Wein unter 95 Punkten. Bei den Topweinen 2023 liegt nur die Kunst der Beschaffung bei uns und beim Konsumenten!
Hervorheben möchte ich – neben der 100er Flut bei Dönnhoff (Hermannshöhle Dellchen Mühlenberg Felsenberg) und Schäfer Fröhlich (Felseneck Stromberg Halenberg Kupfergrube) – noch die zwei echt sagenhaft guten »Late Release« 2019er Hermannsberg und Kupfergrube des Weinguts Hermannsberg. Beide 100 und ein Muss-Kauf, besser gehts kaum. Hermannsberg mit Pfälzer Cremigkeit und königlicher Erhabenheit, Kupfergrube mit wahnsinnig mineralisch-fruchtiger Intensität. Puh, hier sieht man wie die 2023er 100 Punkte Weine mit Glück werden können. Beide gehören zu den ganz großen trockenen Rieslingen des Landes! Haben wollen!
Rheinhessen
Früher von den Rheingauern als Kartoffelacker verspottet, dann mit dem Aufkommen von Keller und Wittmann zwischenzeitlich zur Nummer 1 Region Deutschlands erklärt, und jetzt gut eingeordnet als Quelle für tolle Burgunder nebst Sauvignon Blanc und Silvaner und GG-Rieslinge auf einem Level mit Rheingau, Nahe und Pfalz. Die beiden Superstars sind noch die Gleichen. Keller mit einer gewinnmaximierend schlauen Vertriebsstruktur einer Mailingliste nur an Endkunden, der Biodynamiker Wittmann auf gleicher Qualitätsstufe im klassischen Handelsvertrieb mit großer Distributionskontrolle. Oliver Battenfeld Spanier und seine Frau Caroline Kühling Gillot sind inzwischen qualitativ nah herangerückt, in Wartestellung mit etwas Abstand dahinter befindet sich der immer besser werdende Gunderloch. Bischel und Anthony sind knapp hinter Wagner Stempel die Führer der zweiten Reihe.
Bei der Verkostung der 30 angestellten GG passiert dann etwas Merkwürdiges. Direkt davor war die Nahe dran, und jetzt wird Rheinhessen als Region unerwartet viel zarter und feingliedriger. Power satt zwar an der Rheinfront, Kühling-Gillot zeigt sich sensationell mit 2x nahezu der Höchstnote (Hipping und Pettenthal beide 97-100), aber weniger tanninreicher Fruchtdruck als die Nahe. Dazu komplexe Aromatik. Ein überaus schickes Riesling-Jahr in Rheinhessen, schick und erhaben, sehr hedonistisch mit Frische und doch milder Säure. Sehr an 2016 erinnernd, einfach nur toll und unaggressiv saftig fließend. Das ist einfach nur eine große Freude.
Ein überaus schickes Riesling-Jahr in Rheinhessen, schick und erhaben, sehr hedonistisch mit Frische und doch milder Säure.
Battenfeld hat mit seinen drei Großen Gewächsen an der Grenze zur Pfalz das Beste seines bisherigen Winzerlebens auf die Flasche gebracht hat, muss einfach mal betont werden. Frauenberg und Schwarzer Herrgott glatt 100, Kirchenstück 98-100. Was für eine Serie! Den Vogel schießt wieder Philipp Wittmann ab, das Finesse-Wunder Brunnenhäuschen 100 und der Powerwein 100+ Morstein sind grandios, auch Kirchspiel überzeugt mit 97 sehr und selbst die 95 Punkte Aulerde ist beeindruckend. Die vier Topwinzer Rheinhessens sind ohne jeden Zweifel Bestandteil der ersten Reihe der allerbesten Winzer Deutschlands.
Pfalz. Der König des Rieslings?
Bei dieser überragenden Nahe eher nicht? Die besten sind sicher ganz vorne mit der Nahe und Rheinhessen. Schon die Rieslinge der Pfalz haben eine Affinität zum Burgund. Daneben ist die Pfalz auch ein Eldorado für Pinot Noir und Chardonnay und Weißburgunder. Ob der burgundischen Ader und ob Vielfalt ist die Pfalz oft meine persönliche Nummer 1 Region. Schauen wir mal, ob die Pfalz auch im genialen Jahr 2023 die spezielle Rieslingnase vorne hat. Da mag es bei der genialen Nahe doch viel schwer werden.
So nun los: Philipp Kuhns drei GG der Nordpfalz sind fast genial. Kirschgarten und Steinbuckel sind auf gleichem 97-99 Punkte Level wie Battenfeld Spaniers Kreuzberg, der Kuhn schwarze Herrgott und der Saumagen 1 Punkt darüber mit 98-100. Irre! Auch Rings Saumagen ist sagenhaft, wie Kuhn bei 98-100. Das fängt ja gut an hier in der Nordpfalz!
Nun gehts runter in die Mittelhaardt. Direkt in Zentrum des Sturms. Deutschlands teuerste Lagen in Forst. Pechstein zuerst. Bürklin Wolf ist vom anderen Stern. Nicola Libelli was tust du da? 100+ und einfach abgehoben! Der mit feinstem, neuem Holz unterlegte von Winning Pechstein schafft auch 98-100 und sogar Bassermann mit 97 einen Punkt hinter 99 von Buhl. Was für eine Lage und dazu ein offensichtlich geniales Pfalz Jahr!
Fazit: Tolle Pfalz, aber die Nahe ist in Summe 2023 unschlagbar! Bürklin ist der alleinige Superstar der Pfalz vor Winning, Kuhn, Buhl und Rings.
Jesuitengarten von Buhl etwas dahinter mit 97, Bassermann mit 95. Forster Ungeheuer ist der nächste Kracher. Besser als Jesuitengarten aber klar hinter Pechstein. Für Bürklin dennoch großartige 99-100, Winning und Buhl mit 97 vor Bassermann 96. Jetzt Superstar Kirchenstück. Von Winning mit 98-100 wie auch Buhl. Winning zeigt auch einen genialen Kalkofen aus Deidesheim. 97–100.
Hohenmorgen, Langenmorgen, Gaisböhl. Alle Bürklins über 97-98 Punkte, das Grenzgeniale Monopol sogar glatt 100 Punkte. Erstmalig für mich. Wow. Bürklin ist die gleiche Liga in Punkten wie Dönnhoff und Fröhlich und noch klar vor Winning und noch weiter vor Buhl. Fazit: Tolle Pfalz, aber die Nahe ist in Summe 2023 unschlagbar! Bürklin ist der alleinige Superstar der Pfalz vor Winning, Kuhn, Buhl und Rings. Christmanns Idig und Rebholz Kastanienbusch sind mit 98 und 99 Punkten knapp dahinter. Ein großes Jahr der Pfalz in der Qualitätshistorie von 2019 und 2016.
Last. Least? Württemberg!
Riesling? Muss ich probieren, Aldinger ist seit Jahren auf allen Feldern so stark geworden, das sollte doch auch hier was werden? Lämmler macht echt Druck, aber bei 95-96 ist positiv bewertet die Obergrenze. Dennoch als Württemberger eigentlich ein Muss-Kauf! Gips Marienglas ist feiner, fehlt etwas Druck, mit 94 1 Punkt dahinter. Beachtlich aber nicht in der ersten Reihe Deutschlands.