Das Judgement of Paris wurde vom britischen Weinhändler Steven Spurrier angezettelt und endete für ihn persönlich leider erst mal mit einer brutalen Bauchlandung. Der junge Spurrier träumte vom Leben in Frankreich, genauer gesagt in Paris. Da er schon immer ein begeisterter Weinliebhaber war, kam ihm die Idee, seinen Lebensunterhalt mit einem Weinladen zu verdienen. Bei einem Spaziergang entdeckte er in einer kleinen Seitenstraße den »Les Caves de la Madeleine«. Nur wenige Monate später war er stolzer Besitzer des kleinen Ladens ganz in der Nähe des Pariser Finanzdistrikts. Stevens britische Kunden, die dort arbeiteten, wollten aber nicht nur Wein kaufen, sondern zusätzlich darüber lernen. Der Brite gründete kurzum die »Académie du Vin«.
Stevens Plan war es nie, die Franzosen bloßzustellen – immerhin verkaufte er keinen kalifornischen Wein, sondern französischen!
Hin und wieder kamen Vertreter kalifornischer Weingüter vorbei, um ihre Weine vorzustellen. Obwohl diese im traditionellen Paris nur schwer verkäuflich gewesen wären, war Steven immer wieder von der Qualität beeindruckt. Die Idee, sozusagen als Marketingmaßnahme für seine Schule, eine Blindprobe zu organisieren, entstand. Dazu lud Steven elf französische Juroren ein, darunter waren berühmte Journalisten, Winzer und Sommeliers. Stevens Plan war es nie, die Franzosen bloßzustellen – immerhin verkaufte er keinen kalifornischen Wein, sondern französischen! Daher ließ er die besten Vertreter Frankreichs, unter anderem den Meursault Charmes von Roulot, Puligny-Montrachet 1er Cru les Pucelles von Leflaive, Château Mouton-Rothschild und Château Haut-Brion gegen kleinere, damals unbekannte kalifornische Weingüter antreten. Jeder der Juroren musste die Weine jeweils auf einer 20-Punkte- Skala bewerten. Zum großen Schock – sowohl der Juroren als auch Stevens – gewann sowohl ein weißer als auch ein roter Kalifornier!
Steven wurde zum Nationalheld Kaliforniens, und das Ansehen kalifornischer Weine in Europa änderte sich nachhaltig. Aus Underdogs wurden Gewinner, die vom Erfolg angestachelt wurden, noch größere Weine zu machen. Seit 1976 hat sich viel getan. Die Qualität verbesserte sich auf beiden Seiten des großen Teichs dramatisch. In Kalifornien wurden zudem neue »Cool Climate«–Regionen erschlossen. »Balance« ist das wichtigste Schlagwort und der Fokus der Region, die den Trend des enthusiastischen Holzeinsatzes und reifer, extrem körperreicher Weine längst hinter sich gelassen hat. Das Verdikt? Nicht ohne Grund werden heute in coolen Pariser Weinbars Kalifornier neben Franzosen ausgeschenkt. Ihre Entdeckung erstaunt und begeistert. Wer sich sonst auf Weine aus Bordeaux und Burgund konzentriert, dem empfehle ich unbedingt einen spannungsgeladenen Abstecher in die Weinwelt Kaliforniens.