Ganz Wein-Deutschland ist in Aufruhr. Wie jedes Jahr fand im Kurhaus in Wiesbaden, pünktlich kurz vor September die Vorpremiere der VDP Großen Gewächse statt. Ein Schaulaufen Deutschlands bester Weine.
Es sind immer besondere Tage, denn die GGs stellen nicht nur des jeweiligen Winzers beste Werke dar, sondern setzen die Messlatte, an welcher der deutsche Wein (zumindest im trockenen Bereich) u. a. im Ausland gemessen wird. Entsprechend groß ist immer das allgemeine Interesse sowie die Vorfreude bei den ausgewählten Kritikern, Journalisten, Händlern und Bloggern. In Zeiten von Blogs & Sozialen Medien dürfen sich auch die »Daheimgebliebenen« auf eine schnell übermittelte, erste Meinung freuen und können angeregt mitdiskutieren. Auch Heiner hat seine Eindrücke bereits zum Besten gegeben. Sie können sie hier finden.
Die Zeit wird es zeigen
Allerdings gilt es zu erwähnen, dass dies nur eine, doch recht frühe Momentaufnahme der Großen Gewächse ist, die meist in den kommenden Monaten und Jahren mit der entsprechenden Reife deutlich an Komplexität zulegen. Erst dann offenbaren sie oft ihre wirklichen Stärken und auch Schwächen. Viele Weine sind bei aktuellem Stand noch verschlossen, geben nicht viel von sich Preis, ja wirken fast »unfertig«. Das Potential hinten diesen Großen Gewächsen zu erkennen und richtig einzuschätzen ist die eigentliche Aufgabe des Verkosters und stellt seine ganze Kompetenz dar, die man nur durch unzähliges Verkosten und Gegenprobieren erlangen kann.
An diesen zweieinhalb Tagen (Den Sonntag kann man nicht als vollen Tag rechnen) stehen knapp 400 Weine zur Verkostung bereit. Dem einzelnen Gewächs kann so oft nicht die Aufmerksamkeit geschenkt werden, die es eigentlich verdient, es ist eine Momentaufnahme.
Auf der anderen Seite, produzieren Deutschlands Spitzen-Winzer wie Keller, Emrich-Schönleber, Wittmann oder Bürklin-Wolf eigentlich keine schlechten Weine, geschweige denn Großen Gewächse mehr. Diese »Blue-Chips« kann man nahezu blind kaufen. Das haben die Winzer über mehrere Jahre erfolgreich bewiesen. Dennoch würde ich den »Grand Crus« Deutschlands ihre Zeit zum entwickeln lassen und mich stattdessen zunächst im Basis-Bereich austoben, denn die Weine liefern in der Jugend schon großes Trinkvergnügen.
Nicht überall wurden 2015 exzellente Basis-Qualitäten erzeugt. Bei Schäfer-Fröhlich schon
Die Qualitäten im Basis-Bereich sind in 2015 durchaus unterschiedlich ausgefallen, wie immer ist der Winzer Qualitätsindikator vor dem Jahrgang. Aber 2015 bietet einige Highlights bereits in der Basis. Einer der meiner Meinung nach auch in diesem Segment absolut tollen und individuellen Stoff auf die Flasche gezogen hat, ist Tim Fröhlich vom Weingut Schäfer-Fröhlich aus Bockenau an der Nahe. Seit Jahren steht er mit seinen eigenwilligen, kompromisslosen Kreationen an der Spitze des Deutschen Weinbaus. Fröhlich war einer der ersten Winzer der seine Rieslinge, von der Basis bis hoch zu den Großen Gewächsen spontan, mit eigenen wilden Hefen vergoren hat. Dieses Verfahren erfordert penibelster Sauberkeit im Keller, bringt aber im Gegenzug ein deutliches Plus an Komplexität in die Weine.
Sein <link https: www.gute-weine.de produkt _self>Riesling trocken QbA 2015 ist der Einstieg in das Sortiment in Sachen Riesling.
Viel Wein für wenig Geld
In der Nase findet man ein schönes Sammelsurium an weißen & gelben Früchten wie Birne, Quitte, viel weißer Pfirsich und etwas Zitronenabrieb. Hinzu kommt nach einiger Zeit der Duft von einer frisch aufgeschnittenen Ananas. Der Wein wirkt sehr feingliedrig, die zunehmende Exotik keinesfalls aufgesetzt. Im Mund zeigen sich einige der für Tim Fröhlichs Gewächse typischen Attribute: Feinheit, Zug sowie eine tolle Säure. Letztere wird in diesem Fall sehr gut abgepuffert durch eine leichte Süße die dem ganzen Gebilde eine schöne cremige Abrundung verleiht. Das Finale fällt für einen Wein dieser Qualität ausgesprochen lang aus. Hier bekommt man wirklich viel für sein Geld.
Nächste Stufe
Wir gehen den nächsten Schritt nach oben in der Fröhlichschen Qualitätspyramide. Mit seinem Riesling »Schiefergestein«, ebenfalls aus 2015, befinden wir uns zwischen dem Basis-Riesling und dem Großem Gewächs.
Die Trauben für diesen Wein stammen aus Fröhlichs Paradelage »Felseneck« aus der er auch sein legendäres Großes Gewächs liest. Die jüngeren Trauben aber gehen in den »Schiefergestein«, der wie der Name schon prophezeit voll auf Mineralik getrimmt ist.
In der Nase zunächst dieser für die Spontangärung typische »Stinker«, der aber recht schnell verfliegt. Darunter findet sich nebst frisch aufgeschnittenem weißen Pfirsich, Zitrone, viel nassem Stein und einem Hauch von Sauerkraut, diese typische Schieferwürze. Für mich ein unheimlich eingehender Geruch der sich recht schnell verifizieren lässt.
Im Mund packt die Säure richtig zu. Beißend, vibrierend, Speichel ziehend. Zug ohne Ende, dabei aber nie überpowernd sondern fein tänzelnd. Kein Stoff für Warmduscher. Die Säure wird sich allerdings in den nächsten 1–2 Jahren besser integrieren was den Wein runder und ausgeglichener machen wird.
Tim Fröhlich beweist mit diesen beiden Weinen, dass es sich durchaus lohnt auch im Bereich unter den Großen Gewächsen seine Augen und Ohren offen zu halten. Zwei perfekte Beispiele um die Zeit des Wartens auf die Großen Gewächse zu überbrücken.