Von Elias Schlichting

Österreich Reise Teil 2

Das Burgenland und sein Blaufränkisch – der langsame Pfeil der Schönheit

Um es mit Nietzsche zu sagen: »Die edelste Art der Schönheit ist die, welche nicht auf einmal hinreißt …«. Doch überhaupt hinreißen, ob schnell oder langsam, lassen sich von der Schönheit des Blaufränkischen noch immer überraschend wenige – zumindest außerhalb einer Insiderblase. Das Wahnsinnspotenzial der roten Leitrebe des österreichischen Top-Weinbaus ist bei vielen Konsumenten noch immer nicht so ganz angekommen, wie es scheint.

Umathum

Ist der Blaufränkisch also dazu verdammt, ein Insider- und Liebhabergetränk zu sein? Darüber ist er mittlerweile hinausgewachsen – doch am Gipfel ist er deshalb noch lange nicht. Weder bei der Rotwein-Anbaufläche in seiner Heimat (hier dominiert noch immer der Zweigelt) noch beim internationalen Preisringen der Fine Wines. Geradezu lächerlich, dass Hannes Schusters Sankt Margareten, Wachter-Wieslers Reihburg oder Roland Velichs Lutzmannsburg kistenweise zu erwerben sind – zum Preis einer einzigen Flasche Grand Cru aus Vosne-Romanée. Sinn ergibt das nicht. Wenn ich so darüber sinniere – und dabei an die Kisten burgenländischer Crus denke, die sich in meinem Keller stapeln – muss ich dann doch leicht schmunzeln. Soll der blaufränkische Siegeszug ruhig weiter so gemächlich rollen. Ein egoistischer Wunsch – und, noch schlimmer, es würde seiner Güte einfach nicht gerecht.

Blaufränkisch kann Wärme gut ab, braucht sie sogar

Der Blaufränkisch – in Deutschland meist Lemberger genannt – ist alt und im deutschen Sprachraum endemisch. Lange wurde er fälschlicherweise für eine Spielart des französischen Gamays gehalten. Jüngere Untersuchungen legen nahe, dass er viel eher von einer der Ursorten des Weinbaus, dem Heunisch, abstammt. Das erklärt wohl auch die sehr vitale Säure und die distinktive Würze. Die ausgedehnte Vegetationsperiode der eher spät reifenden Sorte lässt sie das pannonische bis mediterrane Klima des Burgenlandes geradezu lieben.

Gespraech Heinrich
Elias im Gespräch mit Gernot Heinrich

Ich denke, wer einmal angefixt ist vom Terroirausdruck dieser grandiosen Rebe, dem muss das Burgenland erscheinen wie Barolistas das Piemont oder Pinot-Noir-Jüngern die Côte de Nuits: ein geheiligtes Land der unendlichen Vielfalt. Denn vom Neusiedler See bis an den Eisenberg findet die Rebsorte hier allerbeste Lagen, um vor allem eines nicht zu werden: eintönig. Von den sandig-lehmigeren Schichten am rechten Ufer des Neusiedler Sees über den Kalksteinfels des Leithagebirges bis hin zum Löss, Lehm und Schiefer des Südburgenlandes kann die Rebsorte völlig unterschiedliche Texturen, Aromen und Säurestrukturen erzielen. Blaufränkisch kann Wärme gut ab, braucht sie sogar, um nicht rustikal zu werden. Und das, obwohl die Besten aromatisch fast immer eher filigran und kühl wirken. Paradox! Im Hinblick auf den Klimawandel aber durchaus beruhigend.

Dem mediterran-heißen Jahr hätte ich diese Präzision und Frische gar nicht zugetraut.

Hedonistische 2018er und legendäre 2019er

Geradezu baff war ich etwa von der einheitlich großartigen Qualität der 2018er Blaufränkischen der Eisenberg DAC bei der großen Probe auf Schloss Grafenegg. Dem mediterran-heißen Jahr hätte ich diese Präzision und Frische gar nicht zugetraut. Das ist eben die große Qualität dieser Sorte. Ein warmes Frühjahr, gefolgt von einem historisch heißen Sommer hatte 2018 die bis dato früheste Ernte Österreichs eingeleitet – und doch schafft es ein alter Fuchs wie Moric-Mastermind- und Blaufränkisch-Flüsterer Roland Velich mit seinen alten Reben aus Lutzmannsburg einen 100-Punkter aus diesem Jahr zu keltern. Das ist eben die große Qualität dieses Winzers. Kein Wunder, dass ebenjener Wein von Moric mittlerweile auch den Blaufränkisch-Vorstoß auf dem Fine-Wine-Markt anführt, wie der Fine-Wine-Index LiveEx jüngst verkündete. Die Zeichen stehen – zumindest für einige Top-Blaufränkisch – nun also doch so langsam auf Sekundärmarktentwicklung. Jeden, der die Weine im Keller hat, wird das freuen – Genießer trinken aber ohnehin lieber selbst.

Umathum Flaschen

Die besten 2018er sind hedonistisch, cremig und höchst präsent, aromatisch gesellen sich vermehrt dunkelbeerige und schwarznussige Aromen in die vibrierende Rotfruchtigkeit des Blaufränkisch. Eigentlich – und man muss es ganz einfach so sagen – ist auch 2018 ein absolutes Traumjahr. Die Besten sind zum Reinspringen schön und »könnten« ziemlich lange halten, wenn man es denn schafft, die Finger von den eigenen Keller-Reserven zu lassen. Nur wenige Jahrgänge machen einem dies so schwer wie 2018.

Es ist ein berauschend kompletter Jahrgang.

Die 2019er sind wieder etwas anders geartet. Straffer, engmaschiger, für einen warmen Jahrgang etwas säuregeprägter als das Vorjahr. Dadurch wirken sie dynamischer und (für Freaks) oft noch beeindruckender. Eine Art 2017-Plus. Der Sommer 2019 hatte weniger extreme Hitzeperioden als 2017 und 2018, war aber auch extensiv heiß und trocken bis in den August hinein. Dann sorgten kühlere Nachttemperaturen und ein weiterhin trockener Herbst für eine annähernd perfekte Lese. Es ist eine leichtfüßig wirkende, beschwingte Kraft von hoher Konzentration aus niedrigeren Erträgen, die die strahlenden 2019er ausmacht. Eine Fusion von struktureller Power und tragender Frische. Der Jahrgang zeichnet sich ab, historisch groß, womöglich gar legendär zu werden. Dass er unter den Allerbesten seit dem Millennium ist, kann man 2019 – in Weiß wie Rot – jetzt schon attestieren. Es ist ein berauschend kompletter Jahrgang.

Naturwein-Weltklasse – ahoi am See!

Rund um den Neusiedler See von Gols bis Rust ist eine vibrierende Weinszene entstanden, die die Naturwein-Bewegung mit einigen Weltklasse-Beiträgen beseelt. Von Preisingers über Markus Altenburgers bis hin zu Michael Wenzels Kreationen findet man hier ganz außergewöhnlich gute Weine, die sich grob alle zu dieser nicht genau definierten Kategorie zählen lassen können. Biologische Bewirtschaftung, spontane Gärung, keine Schönung und minimalster Einsatz von Schwefel zeichnen diese Handschriften aus. Die Weine flippen hier etwas aus – zumindest verglichen mit dem »Mainstream« des Burgenlandes. Winzer wie Claus Preisinger oder Markus Altenburger erinnern optisch und der Attitüde nach ebenso sehr an Surfweltmeister wie an Landwirte. Was nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass diese Art, Wein zu machen, eine große Kunst ist. Und zwar eine, die nur wenige beherrschen, ohne dass die Weine zur Genuss-Opposition würden. Diesbezüglich ist das Burgenland absolute Champions League.

Claus Preisinger
Claus Preisinger

Einige meiner »Must-Trys« der letzten Reise in diese dynamische Region inkludieren Preisingers Puszta Libre, den man in seiner alpinen Leichtigkeit glatt für Poulsard aus dem Jura halten könnte, sowie Wenzels unfiltrierte Weine aus Furmint, dessen Statement »acidity is not a crime« hier Programm ist. Daneben die freigeistigen Weine der feurigen Vermählung von Spanien und Österreich im Hause Lichtenberger-Gonzalez. Alle so wunderbar markant! Altenburgers Interpretation der autochthonen Rebsorte Neuburger aus dem Beton-Ei ist nicht erst, seit Falstaff ihn einst zum besten Naturwein kürte, ein Star der Szene – und damit ja mittlerweile eigentlich schon fast ein Klassiker dieser Kategorie. Mich begeistert er immer wieder aufs Neue.

Hannes Schuster – der Julian Huber des Burgenlandes

Wer einmal bei Hannes Schuster in Sankt Margarethen kosten durfte und nicht auf seine Kosten kam, der kann Blaufränkisch kaum lieben. Hannes hat Chambolle-Musigny ins Burgenland verlegt.

Hannes Schuster
Hannes Schuster

Seine Ortsweine aus Müllendorf und Sankt Margarethen zählten 2017 nicht nur für Stephan Reinhardt zum Besten, was man aus dieser Rebsorte machen kann. Der Parker-Verkoster schwärmt: »Der 2017er Sankt Margarethen von Hannes Schuster ist höchstwahrscheinlich einer der besten Blaufränkisch-Weine, die ich in den letzten 20 Jahren verkostet habe.« Und er hat sicher einige verkostet. Nun kommen die 2018er auf den Markt und wir sind nach deren Probe mit vor Erstaunen offenem Mund aus dem kleinen Hinterhof in Sankt Margarethen getaumelt. Erneut Blaufränkisch nahe der Perfektion. Eine Ecke runder und anschmiegsamer als im Vorjahr, aber auch so frisch, präzise, lang, seidig und kühl, dass man am Etikett noch mal prüft, ob hier wirklich 2018 draufsteht.

Auf Einstiegslevel befindet sich hier nur der Preis

Schusters neuestes Projekt ist die Dorfkultur. Hannes Schuster: »In der Dorfkultur steckt die Ruhe und Erfahrung der Dörfer. Es sind lebenswerte Dörfer, geprägt von den Menschen und ihrer Kultur. Die war im Burgenland nie an politische Grenzen gebunden, sondern stets an eine bestimmte Haltung. Die Leidenschaft für diese Orte hält sie lebendig. Es sind die Dörfer, mit ihren außergewöhnlichen Lagen die uns begeistern. Viele Jahre haben wir nach ihnen gesucht und sie mit unserer Arbeit in Wert gesetzt. Weingärten mit bis zu 60 Jahre alten Reben, die für sich gesehen zu klein, und für ihre Eigentümer zu unwirtschaftlich erschienen sind um sie in aller Konsequenz zu bewirtschaften. Ihr Schicksal wäre endlich gewesen. Die Dorfkultur ist unser Beitrag, dieses Wissen und die damit verbundene Geschichte zu bewahren.« Wer erfahren möchte, was er von Hannes Schusters Crus aus den Gemeinden erwarten darf, kann sich aber auch schon vom Aus den Dörfern 2019 mehr als begeistern lassen. Auf »Einstiegslevel« befindet sich hier nur der Preis, der Genuss liegt einige Klassen höher. 

Neben einigen der besten Blaufränkisch kommen aus dieser Edelmanufaktur mit dem Zagersdorf ganz nebenbei auch noch einer der besten Sankt Laurent des Landes UND aufregende Weißweine. Hier ist gewaltig was los. Hannes Schuster zählt für mich aktuell zu den spannendsten Winzern Österreichs.  

Entlang der Route des Grands Crus

Ganz ähnlich den großen Weinorten des Burgunds reihen sich die großen Blaufränkisch-Gemeinden des Mittelburgenlandes von Nord nach Süd auf: Neckenmarkt, Horitschon, Deutschkreuz und Lutzmannsburg. Jede anders und auf ihre Weise groß. Und dann der Eisenberg im Süden! Der ist ja noch mal ganz was Eigenes.

Franz R. Weninger
Franz R. Weninger am Bodigraben

Einer der Pioniere des Blaufränkisch – obwohl ihn das älter erscheinen lässt, als er ist – ist Franz Weninger. Anders als Roland Velich von Moric, der wie Schuster eher auf Ortsweine setzt, gehört Weninger zu den Vorreitern des Einzellagen-Blaufränkisch nach burgundischem Vorbild. Sein Stil ist markant, drahtig und charaktervoll, dynamisch und rassig, von Frische geprägt und fern jeglicher Üppigkeit. Die Weine weisen eine schlichte Schönheit, Symmetrie und eigene Logik auf – wie Entwürfe von Le Corbusier. Sie mögen gleichwohl ähnlich polarisieren. Crowdpleaser gibt es woanders. Was es woanders allerdings nicht gibt, ist Einzellagen-Blaufränkisch – wie den grandiosen Hochäcker aus Horitschon – in einem derartigen Preis-Qualitäts-Verhältnis, dass man vom Glauben abfällt. Für mich einer der besten Weinwerte der Welt. Vom witzigen Grenzgänger-Rosé Rosa Petsovits über den ungarischen Weißburgunder Feherburgundi bis hin zum monumentalen Blaufränkisch Dürrau erzählen Weningers Weine nicht nur die Geschichte dieser eng mit Ungarn verwobenen Grenzregion, sondern auch von einer höchst intellektuellen Landwirtschaft im Einklang mit der Natur. Ein Ausnahmeweingut, das eigentlich einen noch viel größeren Kult verdienen würde. 

Traditionelle Methoden und volles Vertrauen

Eine grandiose Kulturgeschichte des Weinbaus

Neben Franz Weninger ist der beste Resonanzkörper für den Multikulti-Charakter dieser Region sicher Roland Velich von Moric. Denn Ungarn und Österreich sind hier dermaßen mosaikartig verschlungen, dass wir auf dem Weg gen burgenländischen Süden mehrmals versehentliche Grenzübertritte vollzogen haben. Neben seinen Weltklasse-Blaufränkisch aus dem Burgenland, hat er sich mit dem Hidden Treasure Projekt auch der vinophilen Aufarbeitung österreich-ungarischer Weinkultur und vergessener historisch großer Terroirs verschrieben. Roland Velich: »Was ich gefunden habe, ist eine grandiose Kulturgeschichte des Weinbaus. Uraltes Kulturland, das sich in den letzten hundert Jahren verloren hat. Weinschätze, die zu den wertvollsten und meist gesuchten der Welt zählten, heute verstaubt und überlagert, versunken.

Roland Velich
Roland Velich

Hidden Treasure ist die Weiterführung des Gedankens, der mich zur Entwicklung von Moric führte. Der Versuch eine Region zu fassen. Mit Mitteln zu fassen, die so pur und direkt sind wie möglich. Alte, traditionelle Methoden und volles Vertrauen auf die gegebene Substanz – eine uralte, über Jahrhunderte erfolgreiche und weltweit führende Weinkultur, die Böden und das Klima der pannonischen Ebene, eine Tiefebene, die sich von den letzten Hügeln der Ostalpen entlang des Karpatenbogens erstreckt, die Rebsorten, die sich über lange Zeiträume als geeignet und wertvoll gezeigt haben, und natürlich die Menschen, ein Mix aus Slawen, Deutschen und Ungarn, orthodox, katholisch, protestantisch, jüdisch und vermutlich noch einiges mehr.« Die Weine sind nicht nur kulturell aufgeladen ohne Ende, sondern teils auch atemberaubend gut – und zählen zu den spannendsten Gewächsen Europas.

Andersartig, hier und da auch mal etwas wilder im Stil

Ganz ähnlich wie Weninger und Velich – das heißt mit zurückhaltendem Holzeinsatz von größeren Fässern und Laissez-faire-Vinifikation – haben Christoph Wiesler und seine Schwester Julia den Traditionsfamilienbetrieb Wachter-Wiesler zu einem der dynamischsten des Burgenlandes fortentwickelt. Seit einigen Jahren nun biologisch-zertifiziert und generell an jeder Schraube kompromisslos, aber mit viel Fingerspitzengefühl, qualitätsgetrieben drehend. Andersartig, hier und da auch mal etwas wilder im Stil, gehören die Weine heute konstant zu den besten Österreichs. Ich liebe den hochfeinen Ried Ratschen vom Eisenberg genauso wie die saftig-verspielte Einstiegslinie »Handgemenge« in Weiß und Rot, die richtig viel Wein für rund 10 Euro ins Glas bringt.

Der geradeaus schießt wie ein salziger Pfeil...

Alle Jahre neu erfinden

Natürlich wächst im superkomplexen Burgenland nicht nur Weltklasse in Blaufränkisch. Der Kultbetrieb Heinrich ist das weingütlich beste Beispiel für gewachsene Vielfalt. Gernot und Heike Heinrich scheinen den Betrieb alle Jahre neu zu erfinden – und sich doch stets treu zu bleiben. Kein anderes Gut deckt die Bandbreite des Burgenlandes mit solcher Grandezza ab. Weiß und rot, vom Naturwein bis hin zum Einzellagen-Blaufränkisch gibt es hier alles vom Feinsten und dies mit ganz eigener Handschrift, die sich über viele Jahre des Spitzenweinbaus etabliert, aber eben nie festgefahren hat. Der Betrieb ist noch immer hoch dynamisch. Neben Barriques und Stückfässern finden sich heute auch unzählige Amphoren in Heinrichs mehrere Etagen in die Tiefe reichenden Kellern, deren stylisch ausgeleuchtete Rohbetonwände wirken wie die Edel-Tiefgarage der Hamburger Elbphilharmonie. 

Im Keller bei Heinrich
Im Keller bei Gernot Heinrich

Einer meiner Lieblingsweißweine aus dem Burgenland ist der im mittelgroßen Fass spontanvergorene Weißburgunder Salzberg, der geradeaus schießt wie ein salziger Pfeil. Die »Naturwein-Basis« wurde mit dem Naked Rosé 2020 um eine weitere Weinfarbe ergänzt. Mit diesem Saft im Glas fühlt man sich selbst in Oer-Erkenschwick in ein französisches Bistro am Atlantik versetzt. Hier zu berichten, dass der rote Salzberg ein riesengroßer Wein ist, bedeutete Eulen nach Athen zu tragen. Jeder, der ihn mal in perfekter Reife gekostet hat, wird sich mit dieser Fusion aus Burgenland und Pomerol dermaßen den Keller vollstopfen, dass die Nachkommen noch davon profitieren.

Das Z-Wort ist quasi tabu

Moment mal – im Burgenland wird aber doch auch ohne Ende Zweigelt angebaut?! Pssst, nicht so laut. Das Z-Wort ist in Kreisen der hippen Blaufränkster quasi tabu. Aber wenn einer das Recht hat, hier zu insistieren, dann ist es Joseph Umathum. 

Umathum Fässer
Fässer bei Umathum

Der mit vollem Herzblut der Nachhaltigkeit verschriebene Biodynamiker keltert mit dem Ried Hallebühl vielleicht sogar den allergrößten und vor allem konsistentesten Zweigelt überhaupt. Auch der 2017er ist für die Ewigkeit. Diese Ruhe, Erhabenheit, die Balance und reiche Frucht: Das passt alles wunderbar zusammen und ergibt einen sehr klassischen und doch ganz einzigartigen Umathum-Style. Ob man nun diesen Stil schätzt oder lieber Claus Preisingers alpin angehauchte Leichtweine mag, der Hallebühl ist indiskutabel ein zeitlos großer Wein.

Diese Bodenzusammensetzung ist nahezu einzigartig im Burgenland

Der Meister des vergessenen Berges

Ein bisschen kommt es mir vor wie »Indiana Jones auf der Suche nach dem weißen Opal« als wir auf diesem verträumten Hochpleateau im südlichen Hinterland des Burgenlandes ankommen. Bloß heißt der Indiana Jones hier Rainer Stubits – und auch die Suche nach dem Opal gestaltet sich als nicht besonders schwierig, denn er liegt zwischen den Reben wie Sand am Meer. Aber eben nur hier. Diese Bodenzusammensetzung ist nahezu einzigartig im Burgenland. Unsere Geländewagen-Tour am Csaterberg vom einen zum nächsten Weinberg wäre für jeden modernen SUV ein Lackmustest gewesen.

Kühle Hochlage Csaterberg
Unterwegs mit Stubits in der Hochlage Csaterberg

Die hiesigen Rieden liegen im Schatten des benachbarten, viel berühmteren Eisenberges, obschon sie teils zur gleichen DAC gehören. Was hier am Csaterberg wächst, kennen fast nur Insider und Einheimische. Von dichter Bewaldung eingerahmt steht auf hängigen Hochlagen etwas Blaufränkisch, aber vor allem Welschriesling in einer viel kühleren Umgebung. Der Meister des vergessenen Berges – Rainer Stubits – ist quasi ein Hidden Champion. Die Weine dieser einzigartigen opal-gespickten Rieden sind kristallin, definiert und vibrierend – und doch geschmeidiger als scharfgeschliffene deutsche Rheinrieslinge. Man mag kaum glauben, dass nur einen Steinwurf vom Eisenberg entfernt – in einem der wärmsten und kraftvollsten Blaufränkisch-Terroirs – ein solches Cool-Climate-Kleinod versteckt ist. Wenn man einem Welschriesling derartigen Zug und trocken-mineralischen Kick verleiht, ist das kein einfacher Terrassenwein mehr. Während die meisten Welschrieslinge schmecken wie ein seichter Almspaziergang, gleichen die Opal-Weine von Stubits eher der Eiger-Nordwand.

Ich kann jedem Hedonisten nur empfehlen, sich mit burgenländischen Crus von 2017 bis 2020 einzudecken. Eine historische Serie großartiger Jahrgänge – wer weiß, wann wir das nächste Mal in den Genuss einer solch legendären Abfolge kommen. Dieser vinophile Schmelztiegel aus Historie und Dynamik ist absolut faszinierend und »noch« relativ preiswert zu haben. Das Burgenland dreht heuer richtig auf.

Das Burgenland dreht heuer richtig auf.

Österreich Reise Teil 1

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Österreich

Österreich Reise Teil 1

Die Österreicher sind schon grundsätzlich ein kulinarisch verwöhntes Volk. Nicht minder vielschichtig und komplex ist die Weltklasse-Weinkultur. Österreich hat alles, was man als große Weinbaunation braucht – das meiste autochthon und alles vom Feinsten.

Elias Schlichting

Elias Schlichting

Elias liegt der Wein im Blut, schon sein Großvater besaß einen Weinberg in Heidelberg. Das er mal Weinwirtschaft studieren und dann bei Lobenbergs Wine Scout werden würde, konnte damals natürlich niemand ahnen. Elias liebt Weine aus dem Burgund, aber auch alle anderen guten Tropfen liegen ihm schwer am Herzen. An den Entdeckungen seiner Weinreisen lässt er uns alle teilhaben.

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