Von Ilka Lindemann

Markus Molitor:
Star ohne Allüren

Weintraumen am Stock
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Der Artikel »Star ohne Allüren« ist in der Ausgabe 04/2017 von Meiningers Weinwelt erschienen.

Autorin: Ilka Lindemann

Zu Meiningers Weinwelt

Markus Molitor

»Kein Anbaugebiet bietet das, was die Mosel bietet«, davon ist Markus Molitor überzeugt. Er liebt es, draußen im Weinberg zu sein, liebt die Schönheit der Landschaft und genießt jede Sekunde, die er in einer seiner Steillagen verbringt. Er ist Moselaner durch und durch. Als wir zum Fotoshooting einige Zeit mit ihm in der Steillage Ürziger Würzgarten verbringen, läuft er zielsicher im Slalom um die einzelnen Weinstöcke den Hang hinunter, während wir respektvoll wie angewurzelt in der Steillage verharren, um nicht abzurutschen. Er ist es gewohnt, in den Hängen mit bis zu 80 Prozent Neigung zu arbeiten und lacht sich kaputt über so manchen Erntehelfer, der im Herbst mit »Schläppchen« an den Füßen zur Arbeit erscheint.

Markus Molitor Portrait

Als Markus Molitor in den Achtziger Jahren mit dem Weinmachen begann, steckte der Weinbau gerade in einer Krise. Vor allem an der Mosel lagen viele Steillagen brach, weil zu dieser Zeit keiner mehr die Strapazen, im Steilhang zu arbeiten, auf sich nehmen wollte. Das war sein großes Glück, denn so hatte er die Möglichkeit, gezielt in den besten Lagen entlang der Mittelmosel nach und nach die Filetstückchen zu erwerben. Mit gerade einmal 19 Jahren startete er mit zwei Hektar Rebfläche, mit jungen 20 Jahren kaufte er das alte Gutshaus im Klosterberg – mit der Vision, mit seinen Weinen an die einst goldenen Zeiten des Moselrieslings anzuknüpfen.

Heute besitzt er überall Land, seine Weinberge sind auf mehr als 170 Parzellen aufgesplittet. 70 Hektar Rebfläche verteilt auf die großen Mosel-Lagen wie Wehlener Sonnenuhr, Zeltinger Sonnenuhr, Ürziger Würzgarten, Bernkasteler Badetube oder Graacher Himmelreich, um nur einige zu nennen.

Keiner hat mehr Steillagen rekultiviert als ich.

– Markus Molitor

Fast ausschließlich Steillagen gehören zu seinem Lagen-Portfolio, was ein akribisches Arbeiten voraussetzt und einen hohen logistischen Aufwand bedeutet. »Vor der Flurbereinigung in 2012 hatte ich allein in der Wehleier Sonnenuhr 63 einzelne Parzellen«, berichtet Markus Molitor während der Weinbergstour. »Heute sind es nur noch drei«, ist er froh. Markus Molitor scheut die Arbeit indes nicht; mit Akribie, Enthusiasmus und Kompromisslosigkeit geht er alles an, was gerade ansteht. Er schwört auf naturnahen Anbau, geringe Erträge und späte Lese. »Die ganz entscheidenden Faktoren meiner Arbeit sind handwerklicher Weinbau, 100 Prozent Handlese und die großen Weine werden auf der Korbpresse gepresst, wie vor 100 Jahren«, gewährt Markus Molitor Einblicke in seine Philosophie. »Außerdem entscheidend ist 100 Prozent Spontanvergärung«, berichtet der Spitzenwinzer, der keine Zusätze von Reinzuchthefe duldet, ebenso wenig wie stabilisierende Maßnahmen.
Was er macht, macht er richtig. Und so ist jeder einzelne seiner Weine individuell und von außergewöhnlicher Klasse. Vor allem seine Rieslinge sind teils grazil, elegant und verspielt und immer so raffiniert und finessenreich, dass sie ihre Lagen und den Jahrgang auf höchstem Niveau widerspiegeln. Egal, in welcher Qualitätsstufe: Seine Weine sind originell, individuell und außergewöhnlich. Sieben Spätburgunder, drei Weißburgunder und um die 40 Rieslinge produziert Markus Molitor pro Jahr und da er in seinen trockenen Weinen keine Botrytis duldet, wird bei ihm nicht Traube für Traube, sondern Beere für Beere geerntet. Die erste Selektion findet im Weinberg statt, die zweite Selektion dann im Weingut.

Die Leute, die zu mir kommen, sollen sich ganz auf die Weine konzentrieren und nicht von irgendeinem Firlefanz abgelenkt werden.

– Markus Molitor

»Ich bin der Erste, der kommt und der Letzte, der geht«, berichtet der Ausnahmewinzer über seine Arbeitseinstellung. Bei Markus Molitor wird alles für die Qualität gegeben. Und der Einsatz wird anerkannt und belohnt. 2013 erhielt Markus Molitor zum ersten Mal 100 Parker-Punkte des Wine Advocate für seine 2011er Riesling Auslese von der Wehleier Sonnenuhr. Und zwei Jahre später folgte dann der Paukenschlag – gleich drei seiner Weine wurden mit 100 Parker-Punkten ausgezeichnet: Die Riesling Auslesen des Jahrgangs 2013 aus den Top-Lagen Wehleier Sonnenuhr, Zeltinger Sonnenuhr und aus dem Ürziger Würzgarten. Für ihn bedeutet das nicht nur internationale Anerkennung, sondern gleichermaßen eine Aufwertung für das gesamte Anbaugebiet.

Weine von der Mosel sind heute wieder en vogue. Das war nicht immer so. Als Markus Molitor mit dem Weinmachen begann, fühlte er sich oft als Alleinkämpfer, doch das hat sich inzwischen verändert: »Es rücken wieder junge engagierte Winzer nach, das finde ich klasse«, freut er sich. Was Markus Molitor anpackt, macht er perfekt, das gilt auch abseits des Weins. So wurde sein malerisches altes Gutshaus, das er im Jahr 1984 in eher desolatem Zustand kaufte, zwischen 2009 und 2012 aufwendig restauriert. Der Lohn dafür: In 2013 wurde ihm der Architekturpreis Wein verliehen. Die Vinothek wird von einer langen Tafel mit exakt ausgerichteten Stuhlreihen beherrscht, einzige Deko sind prachtvolle Kerzenleuchter auf dem Tisch. »Die Leute, die zu mir kommen, sollen sich ganz auf die Weine konzentrieren und nicht von irgendeinem Firlefanz abgelenkt werden«, so der Hausherr, der absichtlich auf Bilder an den Wänden oder Blumen auf den Tischen verzichtet. Einzige Ablenkung vom Wesentlichen taucht gelegentlich durch seinen Hund auf, der immer mal wieder vorbei schnuppert.

Stillstand ist ein Fremdwort für Markus Molitor. Und als hätte er an der Mosel mit seinen knapp 70 Hektar Rebfläche noch nicht genug zu tun, hat er schon vor einigen Jahren in die Lagen Ockfener Bockstein und Saarburger Rausch investiert. Die Weine von der Saar faszinieren ihn schon lange, nicht nur, weil die Saar wegen des Klimas oft als »kühlere Schwester« der Mosel bezeichnet wird. Sondern, weil auch die Weine von der Saar einst zu den erlesensten Weinen auf den Weinkarten der Welt zählten.

Kein Wunder also, dass Markus Molitor sich auch hier für den Erhalt von einst berühmten Lagen einsetzt. Gemeinsam mit Roman Niewodniczanski vom Weingut Van Vollem rekultiviert er die frühere Top-Lage Ockfener Geisberg. Eine Lage, die früher Weingeschichte geschrieben hat und noch bis vor 90 Jahren zu den Toplagen des Anbaugebiets zählte. Und die sicher bald wieder Weingeschichte schreiben wird. Auslöser dafür war eine Flasche 1964er Geisberger, die die beiden Herzblutwinzer gemeinsam probierten. Es folgte der Beschluss, in diese Lage zu investieren und sie kauften die Parzellen von insgesamt 50 Eigentümern. In ein paar Jahren können wir mit dem ersten Wein von hier rechnen.

Alte Weinkarten belegen, dass Gewächse von der Mosel und der Saar teurer als alle großen französischen Burgunder oder Bordeaux waren. »Unsere Rieslinge waren die Könige auf den Karten«, so Markus Molitor, der eine alte Weinkarte aus dem Berliner Adlon zeigt. »Wenn Sie die alten Weinkarten von Anfang 1900 ansehen, sehen Sie, dass unsere Rieslinge 8, 12, 15 und 20 Goldmark gekostet haben. Genau daneben stehen Weine von den Chateaux Margaux, Lafite, Latour und die haben 4 bis 5 Goldmark gekostet … Da fragt man sich, was wurde da falsch gemacht.«

Die Geschichte des deutschen Weins interessiert ihn sehr und so schlug er im vergangenen Jahr zu, als Eric Le Moguen die Domäne Serrig (die ehemalige Staatliche Weinbaudomäne Serrig) verkaufen wollte. Die Erfolgsgeschichte des Markus Molitor geht also weiter und nun bewirtschaftet er zwei renommierte Weingüter. Seine Rebfläche ist damit auf stattliche 100 Hektar angewachsen, und an der Saar besitzt er nun auch endlich einen zusammenhängenden Riesling-Weinberg von 23 Hektar, die er als »Geschenk des Himmels« betrachtet. Sein Plan ist, beide Weingüter getrennt voneinander zu bewirtschaften und die Domäne Serrig auch weiterhin unter ihrem Namen zu führen. Ausgebaut werden aber alle Weine im Weingut Klosterberg, damit Molitor alle seine Schätze zu Hause hat. Die ersten Baumaßnahmen haben schon begonnen. »Wir bauen zunächst einmal Wohnungen für die Mitarbeiter in der Domäne, damit sie nicht die einstündige Fahrt zwischen den Weingütern auf sich nehmen müssen«, berichtet der Unermüdliche und geht damit auch sein neustes Projekt gezielt und mit großem Tatendrang an. Langweilig wird es ihm auf jeden Fall mit Sicherheit nicht.

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