Am Montag, den 12. Juli luden die Besitzer des Weinguts Hermannsberg, Jens und Jasper Reidel, und der Regisseur Karsten Peter, zu einer denkwürdigen und ambitionierten Weine-Vergleichsprobe. Nicht um ein Ranking, besser oder schlechter ging es dabei, eher um Gemeinsamkeiten. Gibt es sie und wenn, welche sind es? Was eint diese Weine?
Riesling versus Chardonnay
Die steil zum Fluss abfallende 6 Hektar Grand Cru Lage Hermannsberg in Niederhausen, nach der das ehemalig im preußischen Regierungsbesitz als Staats-Domaine befindliche Weingut benannt ist, und die zu den allerbesten Riesling-Lagen der Nahe und wohl auch Deutschlands gehört, stellte sich in neun Jahrgängen dem Burgunder Grand Cru Bâtard-Montrachet der Domaine Leflaive, zweifelsohne mit das Beste aus dem Burgund. Zwei verschiedene Rebsorten, Riesling versus Chardonnay, verschiedene Terroirs.
Illustre Runde
Als dritter, indirekter Einlader kam quasi als unverzichtbarer Sammler der Grand Crus der Domaine Leflaive der Schweizer Weinhändler Max Gerstl ins Spiel. Ohne ihn wäre die Serie von 2010 bis 2018 aus dem Bâtard der Domaine Leflaive nicht auffindbar gewesen. Und als fachkundiger Kommentator neben Karsten Peters und Max Gerstl konnte niemand geringeres als der aktuelle Sommelier-Weltmeister Marc Almert gewonnen werden. Die besten Weinverkoster, Weinautoren und Weinjournalisten Europas waren die weiteren Teilnehmer dieser illustren Runde.
Zwei Weine von gleicher Klasse
Was diese zwei großen Weine eint, soweit das vorweggenommene Fazit der Probe, ist die Klasse des Weinguts, die Klasse der unterschiedlichen Terroirs, die aromatische und mineralische Ausdrucksfähigkeit, die Langlebigkeit, die Säure und die grandiose Eleganz. Zwei Weine, die auch über die Jahrgänge hinweg immer und wiedererkennbar ihr spezifisches Terroir und den spezifischen Jahrgang abbilden. Zwei Weine, die zum Weltbesten aller Weißweine gehören. Zwei Weine von gleicher Klasse, es gibt kein besser und schlechter, jeder bildet in jedem Jahrgang in Perfektion seine Rebsorte und sein Terroir ab.
2010
1) 2010 Hermannsberg: Weißer Pfirsich, Renekloden, Kumquat, Sanddorn in der Nase. Im Mund dazu Grapefruit, viele Kräuter, Zitrone, Feuerstein, immense Länge, geniale Säure und Frische. Voll auf der Höhe, erst am Beginn der Jahrzehnte währenden Trinkreife. 97/100
2) 2010 Bâtard Leflaive: Biskuit, Karamell, Holz, dezente pinke Grapefruit. Grandiose Frische im Mund, explosive Grapefruit, satte Kreide, Feuerstein, extrem mineralisch, salzig, tolle Säure. Ein ewig haltbarer großer Wein. 98/100
2011
3) 2011 Hermannsberg: Biskuit, Reife, Aprikose, charmante, reife und aromatische Nase. Cremiger Mund, ausdrucksstark, aber auch etwas phenolisch und kantig. Jetzt auf seinem noch 15 Jahre währenden Höhepunkt. 94/100
4) 2011 Bâtard Leflaive: Reich, üppig und doch auch Zitrus-frisch. Cremiger, steiniger und mineralischer Mund. Am Anfang der Trinkreife, hat noch 20 Jahre vor sich. 95/100
2012
5) 2012 Hermannsberg: Weiße Blüten, Aprikose, Honig, Biskuit, große Frische in der Nase. Ein Chablis Grand Cru. Überragende Balance im Mund, viel Druck, grandiose Länge. Am Anfang der Trinkreife aber noch 20 bis 30 Jahre Luft. 97/100
6) 2012 Bienvenue Bâtard Montrachet Leflaive: Bâtard war nicht auffindbar. Immens phenolischer Bienvenue und gerbstoffreich in der Nase. Puristisch im Mund, immenser Druck, großer Wein für ein langes Leben. Großer Jahrgang. 98/100
2013
7) 2013 Hermannsberg: Extrem karge Nase, Säure ausstrahlend und irre Power. Salz, Druck, famose Länge im kantigen, fast brachialen Mund. Braucht noch ewig und mag dereinst im Charakter 2010 noch überflügeln. Jetzt ein No-Go aber grandioses Potenzial. 95-100/100
8) 2013 Bâtard Ramonet: Leflaive ist leider in diesem Jahr Ramonet geworden mangels Vorhandenseins von Leflaive. Breit, cremig, fetter Chardonnay, braucht Zeit und läuft nicht auf der Frische eines Leflaive, abwarten. 93-97/100
2014
9) 2014 Hermannsberg: Leider Kork, dahinter eine traumhafte, fruchtintensive Aromatik. Könnte ein toller Spaßmacher sein.
10) 2014 Chevalier Montrachet Leflaive: Bâtard fehlte. Rasse, Rasse, Rasse. Perfekt, komplex, riesig. Einer der besten Weißweine meines Lebens. 100+/100
2015
11) 2015 Hermannsberg: Das ist wie 2013 aber mit allem in heutiger Perfektion und doch ein Wein für Jahrzehnte. Toller Schmelz, Eleganz und zugleich Opulenz. Der Wein lebt von den riesigen Tag-Nachtunterschieden in der Temperatur der Erntezeit. Komplex, rassig, groß, kann Jahrzehnte weiterreifen. 99-100/100
12) 2015 Bâtard Leflaive: Neue Regisseure und Weinmacher auf Leflaive und dazu neue Fässer und mehr Holzeinsatz. Dadurch jetzt zu breit und uniform Der Wein braucht noch Jahrzehnte, um das zu verarbeiten. 94-97/100
2016
13) 2016 Hermannsberg: Extrem geradlinig, wahnsinnig komplex. Rassig, frisch und doch eleganter und balancierter als 2015. Irre jung, Braucht noch Jahrzehnte und doch ist er jetzt schon best ever. Toller, eleganter, grandioser Riesling, unanstrengend und mindblowing komplex. 100+/100
14) 2016 Bâtard Leflaive: Das zweite Jahr der neuen Winemaker und der immer noch zu neuen Fässer. Riesiges Potenzial aber jetzt langweilig uniform. 95-98/100
2017
15) 2017 Hermannsberg: Sehr sauber in allen Facetten, überaus stimmig, ziemlich perfekt und doch kein Riese, obwohl alles passt. 95/100
16) 2017 Bienvenue Bâtard Leflaive: Holz, breit wie 15 und 16 und doch endlich etwas erholt vom vielen Neuholz. Grandiose Frische, ziemlich perfekt, wir mal ein ganz großer Wein nach weiteren 10 Jahren, langlebig, komplex, aber jetzt noch Versteckspiel. 97-99/100
2018
17) 2018 Hermannsberg: Burgundisch in jeder Faser, unglaublich schick, sehr fein, sehr elegant, sehr hintersinnig komplex. Er mag vielleicht mal so groß werden wie 2016. Braucht noch lange, auch wenn er sich jetzt in einer süffigen Frühform zeigt. 96-99/100
18) 2018 Bâtard Leflaive: Sensationelle Frische, in der komplexen Mineralität und Eleganz eine Kathedrale von Wein! Immense Power im Mund, passende Phenolik, Steine, Salz, Säure. Ein Riese. 98-99/100