Von Heiner Lobenberg

Ikonen der Pfalz – Die burgundische Revolution

Comtes Lafon aus Meursault und Domaine Leflaive aus Puligny-Montrachet: Zwei Weißwein-Legenden des Burgunds, die so in ihrem Stil und Klasse nahezu unerreicht sind, sich aber deutlich voneinander unterscheiden. In Deutschland besitzen wir auch solche Ikonen, die aber noch lange nicht in derartigen preislichen Sphären schweben. Und doch bringen sie ein  ähnliches Qualitätsniveau in die Flasche. Die zwei Pfälzer Erneuerer und aktuellen Superstars der Szene: von Winning und Reichsrat von Buhl. Sie besitzen für mich Referenzcharakter, sie sind ein stilistisches Vorbild für burgundische Rieslinge und bereichern unser Land und die weltweite Außenwirkung der deutschen Rieslinge. Ich sehe hier, am Beispiel des GG vom Pechstein, zweimal Weltklasse einer Lage unterschiedlich interpretiert. Und Sie? Diskutieren Sie mit, ich bin neugierig auf Ihre Einschätzung!

Der Vergleich der beiden Weißweinkoryphäen Burgunds mit den Platzhirschen der Pfalz, von Winning und von Buhl, liegt daher gar nicht so fern: Die Mittelhaardt ist eben so gesegnet, denn sie profitiert von leichten Böden. Stephan Attmann und Mathieu Kauffmann sind beide begnadete Winzer, die ihr ganz eigenes Profil suchen. Von Winning, bekannt für den Ausbau im Holz, sehe ich bei Comtes Lafon, wo der Wein ebenfalls über langen Hefekontakt, der Kraft eines Meursaults und dem perfekten Spiel mit dem Holz, über die Struktur und Komplexität aufgebaut wird.

Von Buhl steht dem gegenüber als Vertreter Leflaives. Kellermeister Mathieu Kauffmann setzt hier auf Hefekontakt, großes Holz und anschließender Lagerung im Stahltank, wo die Weine ihre Harmonie finden und ungemein klar und puristisch werden. Sie strahlen jene Zartheit aus, wie man sie bei den feinen Chardonnays aus Puligny-Montrachet findet. Mit der VDP Großen Lage Forster Pechstein haben wir ein Terroir vorliegen, wie es träumerischer nicht sein kann. Geringe Hangneigung nach Südosten, ein genau abgegrenzter Bereich von 15 Hektar und besonders hoher Basalt-Anteil im Boden, der von Buntsandsteinverwitterungen und etwas Lehm geprägt ist. Die Lage an sich zählt zu den ganz großen in Deutschland und wird von den beiden Winzern bewirtschaftet. Da liegt das Duell nahe: Pechstein vs. Pechstein. Ich sehe hier zweimal Exzellenz unterschiedlich interpretiert? Oder was meinen Sie? Diskutieren Sie mit, ich bin neugierig auf Ihre Einschätzung!

Von Winning, Pechstein Großes Gewächs 2014

Lobenberg: Von Winnings Riesling Pechstein Großes Gewächs 2014 ist aus absolut gesundem Lesegut gewonnen. Organic im Weinberg bei von Winning. Spontan vergorener Wein. Ein halber Tag Maischestandzeit. Abgepresst aus der ganzen Traube. Vergoren im kleineren Holzfass. Verbleib auf der Vollhefe. Gut 30 Jahre alte Reben auf reinem Basalt machen den Riesling Pechstein Großes Gewächs 2014 aus. Immer der maskulinste Wein des Hauses von Winning mit totalem Geradeauslauf. Der Wein ist immer der Liebling Stephan Attmanns. So auch 2014. Zitronengras, Zitrusfrüchte, etwas weißer Pfirsich. Auch gelbe Früchte. Ein Hauch Exotik, aber mit noch mehr Struktur. Der Wein zieht sich gradlinig durch und endet furios mineralisch mit fantastischer Säure und viel Power. Dennoch ist er nicht so laut wie 2013. Nicht der Überkracher, dafür ist er im Grunde zu lieb. Ein ganz großer Wein allemal, die Harmonie im Pechstein 2014 ist extrem ausgeprägt. Ein betörender und erhabener Wein. In seiner Schärfe, Konsequenz und in seinem immensen Geradeauslauf eine Hommage an die Winzerpersönlichkeit Stephan Attmann. 98–100/100

Von Buhl, Pechstein Großes Gewächs 2014

Lobenberg: Pechstein liegt im Ort Forst. Der Riesling Pechstein Großes Gewächs 2014 ist das mineralischste Große Gewächs vom Weingut Reichsrat von Buhl, ganz auf Basalt gewachsen, also Vulkangestein. Ganztraubenpressung, völlig ohne Maischestandzeit. Eine Nacht abgesetzt. Vergoren zu ein Drittel im großen gebrauchten Holz, zwei Drittel in Stahl. Spontanvergärung. Biodynamischer Weinbau auf dem Weingut Reichsrat von Buhl. Auf der Vollhefe belassen bis zum Sommer des Folgejahres. Das dritte Große Gewächs mit dieser phänomenalen Holzcharakteristik, die in Wirklichkeit keine ist. Ungeheuer tiefer Ausdruck der Lage, des Basalts. Orangenschale neben pinker Grapefruit und Litschi, heller Pfirsich. Sehr viel Stein. Säure von über neun Gramm, keinerlei Restzucker, 13 Prozent Alkohol. Der Wein ist extrem fein und zart. Im Mund der maskulinste Wein. Die Säure kommt hier stärker durch als bei allen anderen Großen Gewächsen. Viel Power, viel Kraft, unterstützt von Feuerstein und scheinbar Holz. Wieder diese pinke Grapefruit, Zitronengras, Assam-Tee. Wenn der Jesuitengarten schon so sexy ist, dann ist das hier beim Pechstein weniger weibliche Verführungskraft, sondern der drahtig schön gebaute Athlet. Ein solcher Kracher im Mund und dabei so sexy charmant. Mit ungeheurer Länge und ungeheurem Zug. Dieser 2014er Pechstein ist einer der ganz großen Weine des Jahrgangs. 98–100/100

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