Unterwegs im Jura und in Pouilly-Fuissé
An meinem letzten Reisetag fahre ich noch weiter in den Süden. Es geht nun in den ganz südlichen Teil des Burgunds, nach Pouilly-Fuissé. Das liegt noch im Burgund, jedoch nicht mehr an der Côte d’Or, sondern im Mâconnais. Wir haben hier ein ganz anderes Terroir als im Herzen des Burgunds. Zwar wächst hier auch überwiegend Chardonnay, doch sind die Böden anders. Im Zentrum hat man überwiegend Kalk und etwas Lehm. Hier stehen die meisten Reben auf Schiefer und Mergel und einige auf Kalk. Ich besuche die Domaine Robert Dénogent, bevor es dann für den Rest des Tages ins Jura geht.
Fuissé – Robert Dénogent
Die Domaine Robert Dénogent liegt mitten im Örtchen Fuissé. Hier werden einige der besten und reifungsfähigsten Weißweine des südlichen Burgunds erzeugt. Jean-Jacques Robert brachte die Domaine zum großen Erfolg. Er zieht sich mehr und mehr zurück. Im Prinzip hat sein Sohn Nicolas den Betrieb in festen Händen, der bereits seit 2007 im elterlichen Betrieb tätig ist. Nicolas ist ein echt ambitionierter Kerl. Wenn er von seinen Erlebnissen erzählt, merkt man schnell, dass er nicht nur die feinsten Winzer Frankreichs persönlich kennt, sondern auch deren Weine regelmäßig und mit größtem Interesse trinkt. Er weiß, was es braucht, um erstklassigen Wein zu erzeugen. Und das ist zunächst mal auch eine solide Basis an Weinkenntnis, um seinen eigenen Stil zu finden. Und den hat die Domaine definitiv. Die Weine sind hier anders als an der Côte d’Or. Etwas gelbfruchtiger, cremiger und kräftiger. Das liegt auch daran, dass man in manchen Weinen nicht nur Kalk und Lehm hat, sondern teilweise auch Schiefer. Es sind trinkige Weine, deren Süffigkeit in der Jugend darüber hinwegtäuscht, wie gut diese Weine auch reifen können. Es gibt heute überwiegend 2015, denn der Ausbau von mindestens 18 Monaten auf der Feinhefe ist hier Standard. Die genaue Anzahl wird bei den Spitzenweinen immer auf dem Rücketikett angegeben.
2015 war hier ein wärmeres Jahr, viel Sonne, wenig Regen. Die Weine sind dadurch richtig kraftvoll, aber haben eine sehr gute Säure. Alle Weine sind gleich vinifiziert. Man fügt keinen Schwefel hinzu, nur bei der Sous-Tirage. Filtriert wird nur leicht, auf Schönung wird verzichtet. Der Pouilly-Fuissé Les Reisses 2016 entspringt Kalksteinböden und ist ein fein duftiger, sehr zarter Wein. Die 2015er Version ist sehr rauchig und duftig, hat eine in sich gekehrte Frucht. Etwas Mirabelle, aber keine reifen, dann zart Birne und Lindenblüten. Am Gaumen geradlinig im Antrunk, dann breitet sich der Wein aus und gewinnt zum Ausklang wieder an Präzision. Sehr kräftig, aber nicht so schiebend. Der Wein gleitet über den Gaumen. Erdig mit etwas Mais und viel gelber Melone. Alles ist fest und tiefgründig zugleich. Sehr gut. Macon-Villages Les Sardines 2015 ist die Einstiegsqualität des Hauses. Das waren früher Zukauftrauben, aber ab 2018 wird das Domaine sein. Sehr floral, der zugänglichste Wein. Wir werden ihn wohl aufnehmen, sobald er aus den eigenen Trauben vinifiziert wird. Les Carrons 2015 sind uralte Reben, über 90 Jahre, reiner Kalkstein. Natürlich wie alle Weine bio, Spontanvergärung, Ganztraubenpresse, Barrique ohne Batonnage. Die Nase erinnert in der erhabenen und puristisch feinen Art an einen großen Chablis. Tolle Struktur, immer geradeaus. Feinste Orangenblüten, Feuerstein, Lakritz, weißer Pfirsich und weiße Johannisbeere, auch helle Williamsbirne. Grandioser Gaumen, Minze und Grapefruit, Orangenzesten, grandioser Nachhall mit feinem Salz, die chablishafte Erhabenheit trägt für Minuten. Großer Wein.
2015 ist der letzte Jahrgang für eine Weile, denn die Domaine hat die alten Reben rausreißen müssen, um mittels Selection massale nachzupflanzen. Es gab schlichtweg keinen Ertrag mehr. Es wird also einige Jahre brauchen, bis dieser Wein wieder angeboten wird, da junge Reben in den Anfangsjahren keinen echten Ertrag bringen. Zum Glück können wir eine gute Menge sichern! Neu bei uns ist der Pouillly-Fuissés La Croix 2015. Hier haben wir Schiefer! Das Bouquet ist sehr subtil. Man hat weiße Blüten, etwas Schieferwürze und das wars schon. Sehr elegant und schüchtern. Am Gaumen ist das puristisch und frischfruchtig. Sehr lang und ausgeglichen. Fein, animierend. Immer helle Früchte. Das ist etwas ganz anderes als an der Côte d’Or, weil man eben Schiefer und etwas Mergel hat. Richtig gut ist auch der Pouilly-Fuissé Clos Reyssié 2015. Im Prinzip hat man hier die gleiche Exposition und gleiches Terroir wie bei Les Reisses. Etwas Zimt, Apfel und Calvados. Zart weiße Blüten im Hintergrund. Am Gaumen ist das sehr cremig und ausladend. Der Wein kugelt im Mund herum mit reifer Aprikose, etwas Golden Delicious und Salzzitrone. Hallt lange nach und ist fast erdig in seiner dichten und kompakten Art. Braucht Zeit und ist etwas kräftiger als der Reisses. Das wird richtig gut altern. Pouilly-Fuissé Les Cras VV 2015 zeigt duftigen, weißen Pfirsich mit Orangenblüte und rosa Grapefruit. Feines Salz und Kalksteinaromatik. Im Mund in seiner ausgeprägten Mineralik fast Schärfe zeigend, dazu extrem präsente, aber ob des hohen Extraktes sehr saftige Säure, fast ein Rieslingtouch. Grandiose Harmonie und komplexe Verspieltheit zeigend, der Wein hallt unendlich nach in seiner feinen Mineralik, man trinkt noch nach zwei Minuten und badet in diesem raffiniert eleganten Wohlgefühl.
An meinen beiden letzten Tagen geht es auf einen Abstecher vom Burgund ins Jura. Das Jura ist ein ganz spezielles Anbaugebiet. Es liegt zwischen dem Burgund und der Schweiz und ist nur rund 1.800 Hektar umfassend. Und doch hat es eine ultra traditionelle und eigenartige Weingeschichte. Es ist zudem das Land des berühmten Comtés. Wenn man Arbois verlässt, sieht man zahlreiche Wiesen mit Kühen für die berühmte Hartkäseproduktion. Auch Comté ist eine AOC, also geschützte Herkunft und es gibt immer wieder Streit zwischen Käsereien und Winzern, denn für viele Winzer zählen einige Wiesen zu potentiellen interessanten Weinbergen. Vor rund 10 Jahren war das hier eher ein Anbaugebiet für Kenner und Liebhaber, mittlerweile schaut die ganze Welt mit großem Interesse darauf. Auch der Naturweintrend und viele Weinbars haben dazu beigetragen. Und wie viel Potenzial in der Region steckt, beweist zuletzt auch das Interesse von Winzern aus dem Burgund hier Weinbau zu betreiben. Es gibt im Jura fünf geschützte Appellationen: Arbois, Côtes du Jura, und dort die beiden AOC-Villages Château Chalon und l’Etoile. Es gibt fünf Rebsorten Savagnin, Chardonnay, Poulsard, Pinot und Trousseau. In Pupillin nennt man Poulsard oft Ploussard. Das Jura ist voller eigenartiger Spezialitäten. Hier gibt es den berühmten Vin Jaune, der über viele Jahre auf der Hefeflorschicht reift und einen ungemein speziellen Geschmack entwickelt, Vin de Paillé, ein süßer Strohwein, den Crémant du Jura und Macvin. Letzterer ist ein Likörwein aus Traubenmost und Marc. Das Hauptkriterium, in die man die Weine hier aufteilen kann, ist die Ouillage. Ouillé bezeichnet einen Wein, der aufgefüllt wurde im Fass, also den verdunsteten Teil wieder ersetzt bekam und non-ouillé eben den Verzicht, der dann einen oxidativ ausgebauten Wein ergibt.
Arbois – Domaine du Pelican
Auf meiner ersten Station treffe ich auf ein aus dem Burgund altbekanntes Gesicht. Die Domaine du Pelican ist sicherlich aktuell eine der interessantesten Domainen im Jura. Das ist ein neuer Betrieb, der erst im sechsten Jahrgang steht. Aber das Potenzial verspricht bereits viel. Hier wird wohl zukünftig legendärer Wein entstehen. Das liegt sowohl an den Lagen, als auch den federführenden Personen dieser Domaine. Das ist das neue Projekt von Guillaume d’Angerville. Der in Volnay ansässige Domaine Marquis d’Angerville ist die klare Nummer eins der Appellation und für ihre am Haus anliegende Monopollage Clos des Ducs bekannt. Guillaume d’Angerville trank einen extrem guten Chardonnay aus dem Jura und hierdurch soll sein Interesse am Anbaugebiet entflammt sein. Er kaufte relativ rasch legendäre Lagen hinzu. So stammen große Teile der Rebanlagen von der Kultdomaine Jacques Puffeney, die leider aufgegeben wurde. Man muss wissen, dass im Jura traditionell oxidativ ausgebaut wird. Der bekannteste Wein ist der Vin Jaune, der viele Jahre mit der Hefeflorschicht reift und hierdurch geprägt wird. Weil man aber bereits erst in den Anfängen steckt, gibt es noch keinen Vin Jaune. Alle Weine sind reduktiv ausgebaut, was man hier »ouillé« nennt. Das bezeichnet den Vorgang des Nachfüllens der Fässer beim Verdunsten der Flüssigkeit. Kellermeister ist niemand geringeres als Francois Duvivier der auch die Vinifikation in Volany übernimmt. Er pendelt aktuell stets zwischem dem Jura und Burgund und das seit dem Jahrgang 2012!
Als ich ankomme, bin ich ein wenig überrascht. Die Domaine ist aktuell quasi nicht mehr als eine kleine Scheune. Weinbau auf ein Minimum reduziert. Dort stehen ein paar Tanks und Fässer, einige Arbeitsgeräte und das wars. Alles ist noch sehr improvisiert, bis auf die Weine! Den Beginn macht die Cuvée aus den drei typischen roten Rebsorten Juras. 2016 sind das 60 % Pinot Noir, 35 % Trousseau und 5 % Poulsard. Das ist feinfruchtig, erdbeerig, auch dezent kräutrig. Am Gaumen hat man Kirschkerne und eine leicht animalische Note. Super weiches Tannin, sehr saftig und lang. Der Wein ist super zugänglich und fruchtig, aber hat eben auch Tiefe. Danach folgt Poulsard 2016. Sehr helle Farbe, durchsichtiges Ziegelrot. Das riecht nach Erdbeersaft, ist richtig duftig. Am Gaumen hat man eine feine Säure, quasi kein Tannin, alles ist geradlinig, richtig trinkig, man schluckt fast automatisch vor dem Verkosten. Extrem frisch und knackig!
Ein »joli jus«, wie der Franzose sagen würde. Sehr seriös aber verschlossen ist dann der Chardonnay 2016. Nur 5 % neues Holz, 350-Liter-Fässer, etwas Stahltank. Das hier ist wie alle Weine aktuell bei der Domaine du Pelican reduktiv ausgebaut. Keine Oxidation wie traditionell im Jura oft anzutreffen. Das riecht duftig und nach Honigmelonenschale, etwas Golden Delicious, aber eher frisch, nicht angeschnitten. Am Gaumen hat man eine ganz zarte Tanninstruktur, die dahingleitet. Fein integrierte Säure, so animierend und frisch. In sich ruhend. Wunderbarer Wein, man hat auch etwas Ananas. Savagnin 2016 sieht kein neues Holz, nur große Fässer. Das ist ganz fein im Bouquet. Man hat quasi nur weiße Blüten und eine leichte Salzigkeit. Sehr verschlossen und zart. Am Gaumen spricht einen zunächst die Salzigkeit an. Das ist frisch, richtig ausgewogen. Kein Holzeinfluss, keine Oxidation, nur Salz und weiße Früchte. Duftet anstatt auszuhallen. Richtig gut. Wohin das geht, zeigt dann eine Flasche Savagnin 2013. Rauchig, duftig, etwas gelbe Pflaume keine Mirabelle, sehr offen. Am Gaumen geht es nun richtig los mit leicht hefigen Noten, aber viel Frische. Hallt lange nach. Grandios! Ab dieser Flaschenreife macht es richtig Spaß, der Savagnin entfaltet sich.
Mein nächster Halt ist direkt in Arbois. Ich treffe auf unseren langjährig geführten Winzer Benoit Mulin. Er fing als Négociant an und hat sowohl die Domaine Benoit Mulin in seinen Händen, als auch den Cave de La Reinne Jeanne, Juras ältester Weinkeller. Die Trauben bezieht Benoit Mulin von ca. 25 verschiedenen, kleinsten Bio-Winzern aus dem Jura. Er ist ein echter Biofanatiker. Mindestens bio lautet seine Devise, lieber biodynamisch erzeugte Weine. Seine rechte Hand und die Zukunft ist aber Jerôme Arnoux. Der 38-jährige Franzose ist ein echter Winzer, dem die Arbeit im Blut steckt. Er war bis 2012 in der ursprünglichen Domaine tätig, die heute als Domaine du Pelican fungiert. Außerdem arbeitete er bei Stéphane Tissot, einem der besten Bio-Winzer Juras.
Mein nächster Halt ist direkt in Arbois. Ich treffe auf unseren langjährig geführten Winzer Benoit Mulin. Er fing als Négociant an und hat sowohl die Domaine Benoit Mulin in seinen Händen, als auch den Cave de La Reinne Jeanne, Juras ältester Weinkeller. Die Trauben bezieht Benoit Mulin von ca. 25 verschiedenen, kleinsten Bio-Winzern aus dem Jura. Er ist ein echter Biofanatiker. Mindestens bio lautet seine Devise, lieber biodynamisch erzeugte Weine. Seine rechte Hand und die Zukunft ist aber Jerôme Arnoux. Der 38-jährige Franzose ist ein echter Winzer, dem die Arbeit im Blut steckt. Er war bis 2012 in der ursprünglichen Domaine tätig, die heute als Domaine du Pelican fungiert. Außerdem arbeitete er bei Stéphane Tissot, einem der besten Bio-Winzer Juras.
Ich besuche die beiden heute, weil es ein neues, sehr erfolgsversprechendes Projekt gibt, die Domaine Clos des Grives. Das ist Juras ältestes Bio-Weingut. Seit 1968, also bald 50 Jahren haben die Weinberge nie auch nur einen Hauch Chemie gesehen! Benoit Mulin hat das Weingut aufgekauft und möchte hier seinen zukünftigen Topbetrieb aufbauen. Ein Bio-Weingut, was in den nächsten 2 bis 3 Jahren sogar biodynamisch bewirtschaftet werden soll. Die Rebflächen liegen genau an der Domaine an. Es sind nur 4,5 Hektar. Es gibt hier Chardonnay (2,5 Hektar), Savagnin (1 Hektar), Pinot Noir (0,4 Hektar), Trousseau (0,3 Hektar) und etwas Poulsard (0,3 Hektar). Der erste Jahrgang wird 2017 und dann bio-zertifiziert sein. Die Domaine ist mitten im Jura gelegen, nahe der bekannten Appellationen Château Chalon und l’Étoile. Weinberge mit Süd-Süd-Ost-Exposition. Überwiegend Kalklagen, etwas mehr Mergel beim Savagnin. Jerôme Arnoux kümmert sich hier vollständig um Weinberge und die Vinifikation. Aktuell kann ich nur die Grundweine probieren, die teilweise noch in der Gärung stecken. Es wird frühestens ab dem Frühjahr erste Weine geben. Dann wird es einen Chardonnay, einen Savagnin und eine Cuvée aus den drei Rebsorten geben. Das ist hoch erfolgversprechend und wir bleiben natürlich direkt dran!
Nach Besichtigung im Cave de la Reine Jeanne gibt es altbewährte Klassiker des Hauses. Der Côtes du Jura Chardonnay 2015 lag 12 Monate im Barrique, mit Ouillage und Bâtonnage und sah keine 5 % Neuholz. Man riecht Mandelblättchen, alles ist super fein und zart, fast wie ein guter Meursault. Am Gaumen lang und ausgeglichen, richtig straff. Das könnte auch Bourgogne Blanc sein! Was für eine Mineralität! Schön ist auch der Vin Jaune aus 2009. Nussig, hefig, Oliven, Salzlake und etwas Mandeln im Ausklang. Ein Wein, der im Prinzip noch blutjung ist aber mit seiner oxidativ-nussigen Art ideal zum Comté passt. Es folgen noch einige neue Weine des Hauses, die nun unter dem Label Domaine Jerôme Arnoux fungieren. Denn Benoit Mulin sieht in seiner rechten Hand die Zukunft und so wird es wohl bald einen Wechsel geben, der wie perfekt vorbereitet erscheint. Es gibt Arbois Chantemerle 2015. Das ist ein lieu-dit Chardonnay. Sehr floral, weiße Blüten. Am Gaumen weißfruchtig, mit kräftiger Säure. Sehr lang. Leichte Senfnoten. Ein knackiger Chardonnay mit mineralischem Einschlag. Der Arbois Autrement (Savagnin Ouillé) 2016 hat eine florale Nase, dann auch Pfirsich. Am Gaumen sehr viel grüne Bohnen, dann auch wieder eine feine, leichte Schärfe, etwas mineralisch. Knackig und straff. Spritzig, fast schon rieslingartig. Es folgen noch die beiden knackig-frischfruchtigen Rotweine Arbois Subtil 2015 aus Poulsard und der Arbois Révélation (Pinot Noir) 2015 mit typischer Pinotnase, etwas Erdbeere, zart Herzkirsche. Ein wunderbarer Pinot, mit Jura-Einschlag. Mir scheint, als müsse man sich um die Zukunft hier keine Sorgen machen und ich bin gespannt, erste Ergebnisse der neuen Top-Bio-Domaine zu sehen.
Arlay – Château d’Arlay
Bevor es dann zum Flieger nach Lyon geht, gibt es noch einen letzten Abstecher. Es folgt das Château d’Arlay. Eine potentiell neue Domaine für uns und auch zur Allgemeinbildung und Auffrischung. Das Château d’Arlay ist ein rund 20 Hektar großer Betrieb mit dem Großteil alter Reben aus 1953 und 1974 und einem alten Fasskeller aus dem 17. Jahrhundert. Es ist ein Betrieb mit großer historischer Geschichte. Das Château wurde den Besitzern mehrmals enteignet, aber in der Geschichte immer wieder zurückgegeben. Jetziger Besitzer ist der Schlossherr Count Alain de Laguiche. Die Weine reifen hier alle extrem lange auf der Feinhefe und sind dadurch geprägt. Man hat immer den Jahrgang auf der Flasche und dann am Flaschenhals noch die Information, wann der Wein aus dem Holzfass oder Stahltank auf die Flasche gebracht wurde. Das sind allesamt Weine, die viel Luft benötigen und in ihrer Aromatik enorm Freude bereiten. Es gibt oxidative Weine und reduktive, aber für mich steckt die Stärke des Betriebs in den Klassikern.
Zunächst gibt es den Corail 2010. Ein Blend aus Pinot Noir, Trousseau, Poulsard, Chardonnay und Savagnin. 2015 gefüllt. Ja, das sind Rot- und Weißwein in einer Cuvée! Ein wunderbarer Wein, der zu fast allen Speisen geht. Ziegelrote Farbe. Duftet nach Sauerkirschen, sehr ätherisch, auch etwas Eingelegtes. Etwas Gewürzbrot, dann auch blumig und duftig. Am Gaumen ist das ein sehr zarter Wein, mit cremigen Noten und guter Säure. Man hat viel rote Früchte, viel Himbeere und Schlehe, aber quasi kein Tannin. Das ist mittelkräftig und animierend und sehr ungewöhnlich. Geht in die Richtung eines leichten Beaujolais, obwohl man viel vom Pinot Noir herausschmeckt. Die Réserve ist ein Blend aus Pinot, Torusseau und Poulsard, aus 3 verschiedenen Jahrgängen. 2007, 2011 und 2004! Ein echter Bistro-Wein, der direkt reinknallt. Viel eingelegte Frucht, fast cabernetartige Nase ohne Schwere. Johannisbeere, etwas Paprika. Am Gaumen hat man einen wirklich saftigen, trinkigen Rotwein ohne kräftige Tannine. Etwas dunkle, säuerliche Frucht. Das Tannin packt erst im Ausklang zu. Sehr interessant und völlig ungewohnt, vielleicht einen Tick zu rustikal.
Mehr Potenzial hat der 2008er Pinot Noir. Etwas Butterkekse, Herzkirsche, Pfeffer. Subtil und fein, noch etwas verschlossen. Am Gaumen straff, Herzkirsche, keine Sauerkirsche. Sehr rotfruchtig. Dann fein säuerlich. Das ist animierend, aber wirkt schon etwas reifer und wärmer, selbst für den Jahrgang. Dichtes, engmaschiges Tannin. Etwas Pommards vs. Gevrey-Chambertin, aber mit der typischen Juranote. Der Chardonnay 2015 wurde im Inox auf der Hefe ausgebaut, 2017 gefüllt. Man will hier puren, mineralischen Chardonnay ohne Holzeinfluss. Super floral und feminin. Sehr schön, aber das gibt es im Prinzip auch in anderen Weinbaugebieten. Und der Wein steht im Schatten des grandiosen Blanc Tradition 2006! Chardonnay, Savagnin, 2010 gefüllt. Man will hier den Savagnineinfluss nicht so ausgeprägt haben. Also eine ungewöhnliche Mischung, bei der der Chardonnay mehr durchkommt. Es riecht alles nach Hefe, Salzlake, etwas grüne Oliven und Mandeln. Am Gaumen frisch und geradlinig, etwas kräftiger. Ein zupackender Wein mit oxidativem, leicht champignonartigem Einfluss, der aber von der Flaschenreife und Hefe herrührt, denn dieser Wein ist ouillé, also wiederaufgefüllte Fässer. Rattenscharf!
Vin Jaune gibt es hier im Betrieb reichlich. Ich verkoste einige Jahrgänge parallel. 2007 hat Salzlake, Hefe, Mandeln, Walnüsse, etwas reife Birne. Am Gaumen ist das alles noch sehr frisch, fast fruchtig mit der typischen Hefefloraromatik. Sehr salzig, viel Mandeln. Das hallt lange nach, ist animierend. Ein feines und balanciertes Baby! Der Vin Jaune 2010 zeigt nur Salzmandeln und Walnüsse. Am Gaumen frisch und fruchtig. Noch total subtil, viel zu jung. 1998 zeigt dann wohin die Reise geht. Ein typischer Vin Jaune, salzlakig, grüne Mandeln, Pflaume, viel Zwiebeln. Am Gaumen richtig geschmeidig und intensiv. Man hat ganz viel Hefe, Zwiebelsaft und Fleischbrühe, aber auch viel Frische. 2005 wird danach gereicht, denn er ist so anders. Kräftig gelbgoldene Farbe. Hellduftiges Bouquet, gelbpflaumig. Hat fast etwas Süßliches an sich. Sehr interessant. Passt wohl zu Foie Gras mit Backpflaume und Zitrusfrucht. Meine aktuellen Favoriten sind hier 2000, 2004 und 2008! Dann folgen Vin de Paille 2013. 100kg Trauben werden benötigt, um 12 Liter Wein zu machen. Eine chartreuseartige Nase, perfekt zum Aprikosentörtchen, Datteln, Pflaumen, Zimt und Backpflaume. Großartig, feine Säure, süßlich und tief mit vielen Kräutern. Das ist grandios, ich muss das schlucken. Es folgt Vin de Paille 2000 der so nicht genannt werden darf, da er in der Jugend als untypisch eingestuft wurde. Aber man kann sich ja täuschen. Mit diesem Elixir aus Pflaume, Feigen, etwas Chartreuse und reifer Ananas im Nachhall trete ich meine Abreise an.