Selbstreflexion. Diesen Post hätte ich mir vor 5 oder 6 Jahren selbst nicht zugetraut. Doch nun stehe ich hier (sinnbildlich) und empfehle der Welt da draußen einen Rotwein aus dem Bordeaux. Einen welcher keine 13 € kostet und mich ziemlich geflasht hat. »Endlich« mag der ein oder andere sagen, ist der Medenbach im Bordeaux angekommen. Es war zumindest kein steiniger Weg. Erst hat mich die Frucht der Neuen Welt in seinen Bann gezogen, dann das vielseitige Italien mit seinen schier unendlichen, autochthonen Rebsorten. Und nun bin ich im Mutterland des Qualitätsweinbaus angekommen. Im größten zusammenhängenden Weinbaugebiet der Welt: dem Bordeaux. Und hier ist »mein« Wein daraus.
2012 Château Trocard Monrepos / Bordeaux Supérieur
Der Stammsitz der Familie Trocard befindet sich in der Appellation Puisseguin-Saint-Émilion. Man kennt und schätzt sie für ihre schicken Vorzeige-Weingüter Clos de la Vieille Eglise in Pomerol und Clos Dubreuil in Saint-Émilion. Und da im Bordeaux die Appellation faktisch über allem steht, hat man mit Pomerol und Saint-Émilion zwei richtig große Eisen im Feuer. Doch Anfang der 1980er Jahre stießen sie direkt vor ihrer Haustür in Puisseguin-Saint-Émilion, einem der 5 Satelliten Appellationen des Saint-Émilion, auf ein ganz besonderes Fleckchen Erde.
»Boden und Traube über Status und Appellation«
Man nennt es wohl Eingebung, warum die Familie Trocard auf »nur« 5 Hektar exponiertem Süd/Südwest-Hang 1982 diesen Weinberg anlegte. Der Boden war perfekt. Auf einer Lehmigen Auflage mit darunter liegenden schroffen Kalkstein wurde aufwendig in Dichtbepflanzung kleinbeerige Merlot-Klone verpflanzt. Mit der Entscheidung nahmen sie auch in Kauf, dass später auf dem Etikett nur »Bordeaux Superieur« stehen durfte. Denn in diesem Teil des Bordelais ist mit 100 % Merlot aus einer Einzellage nur diese eine »niedere« Klassifizierung drin. Somit galt: Boden und Traube steht über Status und Appellation.
»Sauft«
Das Ergebnis ist für mich auch Spiegelbild des eher moderat gefeierten, klassischen Jahrgangs 2012. Der 2012 Château Trocard Monrepos ist ein ehrlicher und bodenständiger Bordeaux. Für mich ein Aushängeschild einer kaum zu greifenden Region. Hier geht Feinheit über Extrakt und Trinkigkeit über Lagerambitionen. Ein Wein zum Aufmachen, Trinken und Begreifen. Keine Parker-Attitüden stören hier den Trinkfluss. Hier wird dem Merlot auf dem richtigen Boden die Entfaltungsmöglichkeit für feinen und gleichzeitig authentischen Wein gegeben und kein Frucht- und Extrakt-Monster erschaffen. Und das alles zu einem mehr als fairen Preis. Aromatisch sind wir hier bei einem kühlen und mediterranen Duft nach schwarzen Oliven, Schwarzkirsche, etwas Brombeere, ganz feine Holzwürze und etwas getrocknete Kräuter der Provence. Duftig erfrischend, nie erschlagend oder fett. Merlot ohne Marmelade.
Im Mund gibt es feines Tannin, eine tolle Frische um einen fruchtigen Kern. Die Aromen aus der Nase wiederholen sich. Doch warum genau dieser wird sich der ein oder andere fragen? Für mich ist er der richtige von vielen. Hier werden keinen Punkte-Orgien hinterher gejagt, sondern nach Herkunft und Authentizität gesucht. Ein Bordeaux für Bordeaux-Trinker, die es satt haben in Jahrgangs-Tabellen und Punkte-Querschnitten der dressierten Wahrheit hinterherzulaufen. Ein Trink-Bordeaux und keiner zum Wiederverkaufen. Eher zum »immer wieder kaufen« …
Deswegen von mir auch jetzt hier keine Punkte. Die Beschreibung sollte doch wohl ausreichen.