Auf meiner einwöchigen Reise durchs Burgund bin ich auf den Spuren des Jahrgangs 2016. Heute nähere ich mich der goldenen Küste, der Côte d’Or, Zentrum und Angelpunkt Burgunds für die feinsten Pinots und Chardonnays. Zuvor verbrachte ich Tage im Chablis und an der Côte de Nuits. Meine Eindrücke hierzu gibt es in den ersten Teilen des Reiseberichts Episode 1: Chablis und Episode 2: Côte de Nuits.
Wie schmeckt 2016 an der Côte de Beaune?
Es ist die ganz große Überraschung, dass in 2016 sowohl Pinot Noir als auch Chardonnay auf einem Niveau sind. Das ist nicht oft der Fall. Denn wo der Pinot glänzt, fehlt es dem Chardonnay manchmal an Frische; wenn Chardonnay ideal gelesen wurde, können die Pinots manchmal zu grün sein. 2016 gab es einfach die perfekte Balance. Stilistisch ist 2016 beim Chardonnay zwischen 2014 und vielleicht auch 2010 einzuordnen aber mit einem Ticken 2015. Man hat das feine Gerüst und die tolle Säure aus 2010, die Delikatesse der 2014er und trotzdem eine gute Reife wie 2015. Im Vergleich zum 2015 hat man aber weniger gelbe Noten. Wem also 2015 zu reif und kräftig ist, der wird 2016 lieben. Wer 2013 zu puristisch findet, hat im 2016er eine Kategorie mehr Charme. Leider wurden auch die Weißweinappellationen und die Côte de Beaune allgemein nicht verschont von den Spätfrösten. Diese kennzeichnen den Jahrgang so markant, wie man es selten vorfindet. Und das keineswegs qualitativ. Denn Reben, die vom Spätfrost getroffen wurden, erbrachten einfach keine Trauben. Dadurch definierten sie die finale Kollektion und Menge. Es gibt daher 2016 wenig Menge und viele Ausfälle. Nicht jeder Wein wurde erzeugt. Wer also Favoriten hat, sollte sie sehr schnell reservieren, denn es wird weltweit nur wenig Menge geben. Unterm Strich ist 2016 sicher einer der ganz großen Jahrgänge an der Côte d’Or, der auch sehr viel Lagerpotenzial aufweist aber gerade bei den Chardonnays dank der feinen und reifen Säure schon sehr viel Delikatesse in der Jugend mitbringt.
Beaune – Domaine de Bellene
In Beaune führt es mich spät abends zur Domaine de Bellene. Das ist der neue Betrieb von Nicolas Potel. Hier wird mir schnell klar, warum Nicolas einen derartig großen Namen im Burgund besitzt. Ein echter Workaholic. Ich erreiche Ihn relativ spät gegen 18 Uhr, dann wenn die meisten anderen Erzeuger niemanden mehr empfangen. Nicolas ist in vollem Gange, mehrere Importeure waren heute anwesend. Dabei können sie nur probieren, was eben erzeugt wurde. Und das ist sehr wenig. Genau deshalb hat sich Potel in diesem Jahrgang etwas besonderes einfallen lassen. Die Domaine fungiert auch als Négociant, kauft also Ware zu, die dann unter anderem Label vermarktet werden. Weil Nicolas sonst quasi keinen Wein gehabt hätte, hat er sich in 2016 zum einmaligen Schritt entschieden und Traubenmaterial dazugekauft. Nur so können einige Weine gerettet werden.
Konkret bedeutet dies, dass Nicolas 6 Weine mit Trauben aus Lagen, die ihm nicht direkt gehören, ergänzt hat. Diese werden nur im Frost-Jahrgang 2016 einmalig nicht als Domaine Bellene, sondern lediglich als Bellene bezeichnet. Mit der Domaine de Bellene erbte Nicolas ab 2005 bis 2016 Stück für Stück ein altes Weingut seiner Mutter, dessen Tradition bis zurück ins 16. Jahrhundert reicht. Die Domaine wuchs um einige spektakuläre Lagen der Côte des Nuits. Die Vinifikation ist gewohnt minimalistisch. Lese von Hand in kleinen Körben von zehn Kilogramm. Entrappt wird nur in leichteren Jahrgängen. In 2016 stecken die Rappen drin! Potels Stil ist sehr trinkig und charmant. Die Weine bereiten abseits vom stets zu lagernden Beaune-Grèves direkt nach der Füllung viel Freude. Sie haben nicht das ganz große Potenzial wie zum Beispiel ein Les Suchots von Grivot oder ein Beaune der Domaine Tollot-Beaut, aber es sind im Herzen ehrlich erzeugte, sehr feine Burgunder. Durch alle Weine ziehen sich dieses Jahr sehr duftig-würzige Noten. Ich hatte in quasi jedem Wein immer etwas Zwetschgen und Nelke, manchmal auch Zimt im Glas. Das sind richtig feine, so trinkanimierende Burgunder.
Auch bin ich überrascht, wie Nicolas das Niveau bei den zugekauften Weine halten konnte. Sie schließen an die Domaine-Ware an und das ist schon eine Besonderheit. Wie erwähnt ist Potel extrem zufrieden mit 2016, was die Qualität angeht. Er zieht den Vergleich mit 1991. Sein Bourgogne Rouge Maison Dieu ist sehr offen. Am Gaumen super weich und ausgewogen. Man hat viel Pampelmuse, auch etwas Zitrusschale. Alles ist sehr floral und offen, viele zerquetschte Früchte. Feine Säure, die alles weitertransportiert, bis zum delikaten Ausklang. Auch hier wieder Rappeneinsatz, der wunderbar die Säure trägt und Struktur reinbringt. Sein Côte de Nuits-Villages ist der einzige Wein, der nicht von Frost betroffen wurde (die Lagen liegen etwas außerhalb und höher). Ich möchte klar hervorheben, dass dies in der Kollektion der brillanteste Wein ist, ein echt gnadenlos guter Pinot für kleines Geld. Nicolas trauert ein wenig nach, weil er zu Recht anmerkt, dass der Jahrgang eben das Niveau zum perfekten Jahrgang hat, aber eben die Menge einfach nicht vorhanden war. Er hätte gerne mehr aus 2016 erzeugt.
Der Beaune-Grèves ist immer etwas abweisender. Dieses Jahr wurde er nicht erzeugt, nur eine kleine Probemenge im Weingut. Dafür gibt es den aus dem Zukauf. Beide sind sehr gut aber das ist klar der kantigste und lagerbedürftigste Wein der Domaine. Nur für Kenner des Terroirs! Feiner ist das der Volnay Les Poisots, der in diesem Jahr durch Zukauf erweitert wurde. Nicht so typisch und karg wie ein d’Angerville Volnay, dafür charmanter in der Jugend. Im 1er Cru Vosne-Romanée Les Suchots gibt es nur 1/3 der normalen Menge. Diese wurde durch Zukauf ergänzt. Nicolas Les Suchots hat nicht die Finesse jener Cuvées aus dem Hause Grivot. Er ist klassischer und erdiger. Auch eine Stilfrage. Aber auch eine des Geldes. Er kostet nur einen Bruchteil! Für Nicolas geht es an diesem Abend um rund 20 Uhr tatsächlich noch weiter. Er hat im Keller zu tun und noch einen langen Abend vor sich. Die Anstrengung steht ihm ins Gesicht geschrieben aber nur physisch. Denn selten habe ich einen Winzer mehr für den Jahrgang brennen sehen als hier. Nicolas probiert jeden Wein mit und entflammt dann wieder. So sieht wohl pures Winzerglück aus!
Chorey-les-Beaune – Tollot Beaut
Am dritten Tag verschlägt es mich nach Chorey-les-Beaune. Ich besuche Nathalie Tollot, eine echte Herzensdame und wahnsinnig sympathische Winzerin. Nathalie ist so ehrlich und bodenständig wie ihre Weine. Sie vinifiziert in Chorey-les-Beaune und Aloxe-Corton wahnsinnig zugängliche und charmante Burgunder. Dabei liegt der Fokus immer auf eine präzise Frucht und Klarheit. Tollot-Beaut ist ein echter Preis-Leistungs-Knaller und daher so etwas wie der ideale Einstieg ins Burgund. Man bekommt authentische und von der Herkunft geprägte Weine zu sehr fairen Preisen, ohne Schnörkel. Einfach guter Pinot! Auch Tollot-Beaut ist vom Spätfrost leider nicht verschont geblieben. Am 28. April kamen die Spätfröste, die große Teile in diversen Lagen zerstörten und für Ausfälle sorgten. Da war Umdenken angesagt. Aber auf sehr kluge Weise hat man hier ein gutes Portfolio zusammengestellt und das Beste aus den Lagenverlusten gemacht. In Beaune gibt es dieses Jahr keinen 1er Cru Grèves und keinen Clos du Roi. Beide gehen in eine Cuvée ein, die als Beaune 1er Cru bezeichnet wird. In Chorey-les-Beaune gibt es keinen Laviers und keinen Wein aus der Monopollage Chapitre. Diese kleinen Mengen gehen in den Chorey-les-Beaune als Villagequalität ein. Burgunderkenner werden jetzt bereits schnell geschaltet haben. Das bedeutet für uns Weintrinker also extrem hohe Qualitäten in den abgestuften Weinen und dies bei fairer Kalkulation. Nur bei den Grand Crus Corton und Corton Bressandes gab es nur wenig Verluste.
Den Einstieg macht der Bourgogne Rouge 2016. Das ist ein authentischer Pinot mit fruchtigem Bouquet, kühler Aromatik und delikater Frucht. Leicht und finessig. Ein wunderbarer Einstiegswein. Immer eine sichere Bank bei Tollot-Beaut. Der Chorey-les-Beaune Villages 2016 ist die Zusammenführung des Monopols Chapitre. Somit hat dieser Village eine enorme Komplexität und Finesse. Saure Kirschen, Griottes wie man in Frankreich sagt. Dann Minze. Alles sehr direkt und fruchtig und klar. Am Gaumen hat man zunächst Kirschkerne, etwas Wärme, aber dann kommt die feine Säure hindurch, die diesen Wein so animierend gestaltet. Da ist alles am richtigen Platz. Ein echt schöner Wein voller Klarheit und Präzision. Beaune 1er Cru folgt nun. Es gibt nur 10 Fässer. Hier sind die Crus Clos du Roi und Beaune-Gèves eingangen. Das ist ein etwas dunklerer Pinot als die Savignys, typisch Beaune. Mehr Tannin, eine harte Struktur. Beaune braucht Zeit. Die Tannine sind sehr fein und zum Beispiel deutlich charmanter als bei Nicolas Potels sehr, sehr klassischem 2016er Grèves. Das macht Freude aber verliert nicht das Terroir. Traditionalisten trinken hier Domaine de Bellene und Liebhaber früher Finesse Tollot-Beaut.
Für den Aloxe-Corton Villages 2016 gab es zum Glück fast normale Mengen und kaum Beeinflussung von den Spätfrösten. Eine äußerst delikate Nase mit viel ätherischeren Noten, Kirsche in purer Form und kandiert. Dann Zitrus, auch Johannisbeere, etwas Blaubeere. Am Gaumen ist das ein ganz fruchtgeprägter, weicher, ja charmanter Pinot Noir. Die Betonung liegt auch dem Trinkfluss. Charmant, nicht tief aber völlig entspannt und fein. Die Säure ist wunderbar integriert, die Frucht auf der roten Seite. Fein! Aloxe-Corton Les Fourniers 2016 bliebt dank Südexposition ebenfalls vor Spätfrösten verschont. Das ist ein sehr erdiger, ja würziger Pinot Noir mit dunklen Früchten. Am Gaumen geht es dann sehr weich zu mit fast cremigem Einschlag. Viel Brombeere und sehr weiche Tannine. Die Säure zieht sich wunderbar durch den Wein, erfrischt den Gaumen. Wunderbar. Dann kommen die Grand Crus. Corton 2016 hat 50 % neues Holz und ein super duftiges Bouquet. Sehr ausgewogen und offen. Viel Herzkirsche und Lavendel sowie Cassis. Am Gaumen saftig, richtig ausladend ohne zu viel Muskeln. Nathalies Weine sind immer etwas präziser und weicher im Tannin. Die Frucht ist wunderbar herausgearbeitet. Und dann kommt neben diesem Stil die Seriosität eines Grand Crus ans Tageslicht. Extrem gut! Corton Bressandes 2016 macht den Abschluss dieser genialen Kollektion. Hier hat man eine kühlere Ausrichtung. Am Anfang dominiert die feine Säure, dann kommt das Tannin dazu, federt quasi ab und im Ausklang bleibt nichts als delikate Kirschfrucht. Wunderbar, wie sich der Wein am Gaumen entwickelt und am Ende harmonisch ausklingt.
Meursault – Pierre Morey
Heute ist Frauentag angesagt! Ich besuche Nathalie Tollot, Anne Morey, Sabine Morey und am Ende des Tages Agnes Paquet. Pure Frauenpower und interessanterweise sehr chardonnaylastig. Den Start machte Anne Morey in Meursault. Für mich persönlich wieder eine absolute Lieblingsadresse. Es geht auch darum, welche Weine ich mir gerne für den eigenen Keller kaufen möchte. Denn sie verkörpern für mich alles, was einen guten Meursault ausmacht. Die Domaine Pierre Morey ist verbunden mit Morey-Blanc. Das ist historisch gewachsen. Nicht alle Weine sind Domaine, der 1er Cru Charmes und ein Teil des Bâtard-Montrachets werden als Morey-Blanc vermarktet.
Die Domaine arbeitet biodynamisch und das, weil Großmeister Pierre Morey einst für die Domaine Leflaive arbeitete, bevor er sich aufs eigene Weingut konzentrierte. Diese Tiefe und Finesse schmeckt man auch noch heute in den Weinen. Hier ist der Holzeinsatz sehr, sehr zart. Die Weine schmecken nicht wie jene von Roulot oder Coche-Dury, die mit etwas mehr Reduktion und präsenterem – ja sehr gutem – Holzeinsatz arbeiten. Hier steht noch mehr die Rebsorte im Vordergrund. Das ist eben Anne Moreys Stil. Und man merkt auch, dass Anne ein Weißweinerzeuger ist, denn selbst die Pinots schmecken hier etwas femininer und zarter, so als würden sie eben von einem Weißweinerzeuger vinifiziert. Meursault ist regelmäßig extrem vom Frost getroffen und es gab auch Probleme mit Mehltau. Anne hat quasi fast nie etwas im Keller. Man kann nichtmal alle Weine verkosten; jede Flasche für Einkäufer oder Journalisten würde eine weniger für die Allokation bedeuten. Also arbeitet sie mit Halbflaschen und setzt den Coravin ein, um wenigstens etwas zeigen zu können.
Es gibt dieses Jahr keinen Monthelie 1er Cru und nur ein Fass Meursault Terres Blanches. Um es klar zu verdeutlichen: Die Rotweine liegen im Ertrage zwischen 8 bis 20 Hektoliter pro Hektar! Die Erträge gesamt zwischen 5 bis 23 Hektoliter pro Hektar! Der Bourgogne rouge ist wunderbar. Kirschig, minzig, geschmeidig. Fast schon Village-Tiefe und Komplexität. Kühl im Stil und leicht pfeffrig wie ein Blaufränkisch aus dem Burgenland. Sehr gut, großes Niveau für einen Bourgogne rouge! Monthelie 2016 gibt es nur als Villages. Auch das ist ein tiefer und reiner Pinot, der zart und subtil daherkommt. Die Energie nimmt er aus den Trauben heraus. Sehr, sehr edel. Volnay-Santenots ist ebenso fein und ätherisch aber für mich nicht ganz so typisch Volnay, fast schon zu zart. Ein sehr schöner Wein, aber ich suche ein etwas anderes Terroir im Volnay.
Gnadenlos gut ist der Bourgogne blanc 2016. Rauchig, Quitte, Apfel. Sehr mild und luftig. Der Aligoté ist dieses Jahr komplett im gebrauchten Holz ausgebaut, kein Stahltank. Einfach weil die Menge so klein war, es ging nicht anders. Der Les Tessons ist ein ultra genialer Meursault-lieu-dit. Zart, duftig, feminin. Man muss verstehen, dass Anne Moreys Weine keine Wuchtbrummen sind. Alles ist subtil, etwas im Hintergrund. Zum Abschluss gibt es ein echtes Geschenk, den Grand Cru Bâtard-Montrachet. Hier gehen Trauben aus der Nachbarparzelle der Domaine ein, die Clos Poirier heißt. Man muss wissen, dass diese quasi direkt oberhalb liegt, nicht unterhalb. Unterhalb des Bâtards hat man bereits Villages-Qualität, oberhalb grenzt der Grand Cru Montrachet an. Eine wirklich eindrucksvolle Exposition und feine Parzelle, die ich später vor Ort betrachte. Der Grand Cru ist sehr erdig. Kreide, Feuersteinnoten, auch feine grüne Noten in der Nase. Weiße Blüten, etwas Melone, das wars. Am Gaumen perfekt und auf Potenzial gebaut, sooo gut!
Beaune – David Moret
Zürück in Beaune besuche ich David Moret. Am Eingang stehen palettenweise Flaschen gestapelt. Es geht zu wie im Krieg und man kann kaum bis zur Tür vordringen. In zwei Tagen füllt David seine 2016er Kollektion und alle Flaschen stehen bereits im Hof. David kommt gerade aus Paris und als ich durch die Tür trete und mich sein Vater begrüßt, eilt er just noch mit dem Koffer in der Hand in den Keller.
Das ist ein idealer Zeitpunkt zum Verkosten, denn die Weine präsentieren sich nun in absoluter Perfektion. Quasi ideale Bedingungen. Es gibt zwei neue Weine ab 2016. Einen Auxey-Duresses blanc und den 1er Cru Abbaye de Morgeot aus Chassagne-Montrachet. Den Start macht aber der Aligoté Grand A 2016. Sehr rauchig und zart, man hat weiße Blüten, grüne Äpfel. Sehr gut, so delikat. Man hat viel Mandarine, saftige Frucht und auch eine feine Säure. Schön ist auch der Saint-Romain aber die Stärke liegt mehr auf Meursault und die beiden Chassagnes, wie ich finde. Der neue Auxey-Duresses schlägt dann aber ein. David hat den Weinberg zehn Jahre bewirtschaftet und nun selbst für seine Domaine übernommen. Sehr zart und seidig, weniger Holzeinfluss, sehr klar und geradlinig mit Kiwi, Melone, grüner Birne und etwas Zitrusschale. Das macht viel Freude, ist direkt trinkbar und leichtfüßig. Ein schöner Sparings-Partner zum Rully. Chardonnay für kleines Geld.
Der Chassagne-Montrachet 1er Crue L’Abbaye de Morgeot ist eher eine Rarität. Es gibt nur 3 Fässer. 30 % neues Holz. Alles sehr duftig und klar. Weiße Blüten, Birne, Pampelmuse und grüne Mandarine. Am Gaumen kommt dann das Potenzial der Lage zur Geltung, man hat richtig viel Druck am Gaumen. Ein feines Gerüst aus Kalkigkeit, integriertem Holz und salzigen Noten. Meursault-Charmes 2016: Das ist eine Spur intensiver als Pierre Moreys Charmes, dafür nicht so filigran. Es ist eine Stilfrage. Wer mehr Druck am Gaumen haben will, greift zu diesem Wein, wer etwas mehr Leichtigkeit wünscht, kauft Anne Moreys Charmes.
Es folgt Meursault-Genevrières. 2016 gab es nur drei Fässchen vom 1er Cru. Der Wein hat von allen die apfeligsten Noten, aber auch Apfelblüten. Sehr verspielt und lebendig. Marzipan und grüne Früchte sind hier präsent, auch Pfirsich und grüne Kiwi. Delikat und erfrischend. Fein so. Aus der wohl berühmtesten Nicht-Premier-Cru Lage in Meursault stammt der Narvaux. Das ist nicht ganz der Dampfhammer und spannungsgeladene Wein, sondern mehr in die Breite gehend und ganz fein aufgedröselt. Feiner Einsatz der Fässer. Seguin-Moreau und Damy verwendet David. Es folgen Puligny-Montrachet Villages und 1er Cru Folatières. Der Village ist sehr delikat und präsent. Der 1er Cru ist im Bouquet der verschlossenste Wein der Kollektion 2016; aber das auch, weil dieser Wein so viel Potenzial hat. Am Gaumen hat man eine feine Mischung aus Nussigkeit und weißer Frucht. Alles bleibt floral. Im Nachhall kommen dann etwas geröstete Mandelblättchen hinzu aber nur zart. Hallt immens nach, kehrt immer wieder zurück und bleibt sehr erfrischend. Ein ganz toller Folatières. Zum Abschluss gibt es Corton-Charlemagne. Dieser zählt 2016 zu den filigransten, die ich probiert habe. Es ist der zarteste, den ich dieses Jahr im Glas hatte.
Chassagne-Montrachet – Marc Morey
Weiter geht es nach Chassagne-Montrachet zur Domaine Marc Morey. Sabine empfängt uns hier wie immer sehr herzlich. Sie ist extrem zufrieden mit ihren 2016ern, bis auf die Menge natürlich. Außerdem fasst sie es gut zusammen: 2015 bei den Chardonnays ist wie 2013 und 2014 in Verbindung mit 2015, dem die Frucht abpoliert wurde. Wem 2013 zu karg war und 2015 zu gelbfruchtig, wird in 2016 genau die richtige Balance finden. Sabine merkt an, dass 2016 wirklich genau der Stil ist, den sie gerne erzeugen würde. Wir haben also hier ihr Idealbild ihrer Weine im Glas. Die Weine sind sehr klar und subtil, da hier immer maximal 25 % an neuen Fässern in die Weine eingeht.
Den Start macht der feine Bourgogne blanc 2016. Ein feines Bouquet, etwas Bratapfel, dann weiße Blüten und Granny Smith und auch ein Hauch Marzipan. Am Gaumen weich und generös. Der Wein geht auch in die Breite. Man schmeckt frischen und klaren Apfelsaft, dann etwas Zitrone. Hallt delikat frisch aus und kommt raffiniert daher. Ein schöner, zugänglicher Bourgogne blanc, der auch schon etwas Dunkles und dadurch Raffiniertes hat. Es gab 2016 keine einzige Flasche Vergers und keinen Chenevottes. Im Prinzip waren alle nördlichen Lagen von Saint Aubin aus bis über die ganzen Grand Crus in den Montrachets von Spätfrösten betroffen. So zog sich der Frost nördlich. Weiter südlich gegen Santenay sah es zunehmend besser aus. Der Saint Aubin Charmois 2016 folgt Saint-Aubin, ist eine Satelliten-Appellation und grenzt an Chassagne-Montrachet an. Immer mehr Winzer versuchen hier Lagen zu ergattern, da das Terroir viel Potenzial hat und die Klassiker Puligny und Chassagne für Familienbetriebe unbezahlbar werden. Und genau deshalb ist das ein Preis-Leistungs-Knaller. Man hat fast die Finesse von Chassagne aber einen kleineren Preis. 1er-Cru-Niveau ohne Zweifel. Trotzdem bekomme ich nur wenige Flaschen. Auch hier war man 2016 vom Frost betroffen, also die Spätfröste Ende April. Daher gibt es noch weniger Menge als normalerweise schon. Ein feiner Chardonnay zu fairem Preis, der 2016 einen richtig guten Säurekick hat.
Es folgt der Chassagne-Montrachet Villages 2016. 2015 hatte man mehr Apfel und Ananas, auch Passionsfrucht, 2016 ist es wieder mehr Birne, Salzzitrone und Kiwi. Dieser Wein geht nicht in die Breite, sondern knallt präzise bis zum Ausklang durch. Noch ein halbes Pluspünktchen gegenüber 2015 für die Seidigkeit und zärtlich frische Frucht! Nun folgen die 1er Crus dieser Ortschaft. Das sind Caillerets, Morgeot und Virondot. Caillerets ist so fein und wieder luftig, vom Holz geküsst, ohne dass Lippenstift übergeblieben ist. Dann kommt Morgeot 2016. Im 1er Cru Morgeot gibt es Pinot Noir und Chardonnay. Ein relativ großer 1er Cru. Marc Morey hat in der Parzelle Ez Crottes die Chardonnay-Trauben. Das ist zart rauchig und sehr delikat von Anbeginn. Reife Birne unterlegt von zarter Rauchigkeit. Dann kommen etwas Senf und weiße Blüten, sowie gelbe Kiwi. Am Gaumen hat der Morgeot richtig Kraft. Das aber alles ohne Holz, denn die Weine haben maximal 25 % Neuholzanteil. Charmant und trotzdem präzise. Morgeot ist sozusagen der Meursault-Charmes in Chassagne-Montrachet. Zum Abschluss En Virondot 2016. Die höchste Lage in Chassagne, kühl und schlank, dennoch reif durch Südexposition, reiner Kalkstein, pure Mineralik. Das ist eine Spur feiner und zarter als der 1er Cru Morgeot, der mehr Power und Intensität hat. Am Gaumen gleitet der Wein dahin, schwebt quasi über der Zunge. Das ist so weich und elegant und weißfruchtig. Exzellent. Für Puristen. Für Sabine Morey ist das immer die Lage, welche am stärksten die Typizität Chassagne-Montrachets im Glas wiedergibt.
Meloisey – Agnès Paquet
Meinen letzten Aufenthalt im Burgund habe ich bei der sympathischen Agnès Paquet in Meloisey. Das ist etwas außerhalb, wenn man Pommard verlässt. Keine 10 Minuten entfernt. Agnès hat diesmal sehr wenig zu präsentieren. Wie überall, ist auch ihre Kollektion von den Spätfrösten gekennzeichnet. Es gibt keinen Chassagne-Montrachet Villages, keinen Saint-Aubin 1er Cru und auch keine Weine aus Pommard. Selbst beim Bourgogne rouge hat sie 50 % weniger einfahren können. Qualitativ sehr triste Aussichten. Agnès vinifiziert sehr interessante Weine. Denn hier wird alles spontan vergoren. Sie praktiziert keine Remontage, keine Pigeage, was man kurzum als Erhaltung der Eleganz zusammenfassen könnte. Zudem werden die Weine nicht filtriert und sehen kaum neues Holz. In der Regel circa 15 % Neuholzanteil. Man kann also durchaus sagen, dass man es hier mit einem leichten Stil zu tun hat.
Wir fangen an mit dem Bourgogne blanc 2016. Dieser stammt aus zwei Weinlagen. Einer liegt in Volnay, der andere bringt Trauben von 40–45 jährigen Reben der Haute-Côte-de-Beaune. 15 % Neuholzanteil, der Rest im Stahltank ausgebaut. Das ist ganz zart, viel weiße Blüten, etwas Pfirsich und Zitrone. Am Gaumen ist das richtig saftig und kraftvoll aber natürlich ohne Holzeinfluss. Viel Pampelmuse, eine feine Säure. Wunderbarer Chardonnay. Fein so! Es folgt der Auxey-Duresses 2016 blanc. Purer Kalkstein. Auxey-Duresses ist eine geniale Appellation für Rot- und Weißweine. Man hat hier immer viel Frische im Glas bei beiden Rebsorten. In Verbindung mit 2016 ist das dann ein kristallklarer Chardonnay. Kein Holzeinfluss, nur weiße Blüten, Zitrusfrucht und Golden Delicious. Am Gaumen geht das dann eben so zart und klar weiter. Das ist ein sehr floraler Typ Chardonnay, der wirklich viel Zartheit und Feinheit in sich trägt. Fast keine Fruchteinflüsse und trotzdem ist das kein spröder, minimalistischer Wein. Sehr belebend, ja erfrischend. Für Rieslingliebhaber und als wunderbarer Aperitif ideal! Der Bourgogne Pinot Noir stammt aus einem 40 jährigen Weinberg in Meloisey, wo auch Agnès Paquets Domaine ihren Sitz hat. Das Bouquet ist sehr beerig. Viel Erdbeere, viel Johannisbeere, auch Himbeere. Am Gaumen hat man etwas Minze, dann wieder Johannisbeere und viel Erdbeere. Das Tannin ist ganz fein, fast im Hintergrund. Mit der Zeit kommt dann die Säure hervor, die dem ganzen Pinot seine Frische verleiht. Das ist animierend, leichtfüßig, aber nicht simpel.
Mit dem Auxey-Duresses rouge 2016 habe ich einen richtig ernsthaften Wein im Glas. Er stammt aus demselben Weinberg, aus dem auch der weiße Auxey-Duresses vinifiziert wurde. Es gibt junge und alte Reben, die separat ausgebaut werden und dann am Ende in diese eine Cuvée eingehen. 25 % Rappenvergärung, das Bouquet lässt es auch schon andeuten. Viel Herzkirsche aber dann dunkle Noten. Es liegt etwas unter der Frucht, was enorme Tiefe und Würzigkeit gibt. Kräftiger Körper, sehr saftige Frucht und tolle Tiefe. Das ist ein richtiger Knallerwein. Ein echt seriöserer Pinot Noir mit Struktur, toller Säure, Tiefe und dunklen Noten. Auch etwas Muskatnuss und Nelke. Schwarzfruchtig und frisch. Grandios. Das ist ein gnadenlos guter Wein für kleines Geld. Die Lagen hier wurden glücklicherweise vom Frost verschont, da Auxey-Duresses ein kühleres Terroir ist und die Knospen stark genug waren. Welch ein Glück. Unterm Strich also eine Handvoll Weine, aber eine um so stärkere Kollektion. Agnès’ Weine sind durch die Bank zugänglich, leicht und keineswegs vom Holz markiert. Das sind feine Burgunder, die immer präsent sind aber niemals eindimensional erscheinen. Eine feines Weingut, deren Weine von Novizen und Liebhabern gleichermaßen geschätzt werden!